Erzähler par excellence
06.12.2010, 18:10 Uhr
Der 1952 in Bernhardsthal/Österreich geborene und in Siebenbürgen und dem Banat aufgewachsenen Kirchenmusiker bewies in der Lesung eigner „Parabelgeschichten“ einmal mehr, dass er vielseitig begabt ist. Drei seiner für Kinder und Erwachsene geeignete Geschichten hatte er passend zur Veranstaltung ausgesucht.
Die Lesung hätte allerdings etwas mehr Zuhörer verdient, zumal sich die wenigen Besucher in der großen Kirche verloren. Dies war umso bedauerlicher, weil sich Gagesch als ein Geschichtenerzähler „par excellence“ erwies. Mit großer Dynamik, Gestenreichtum und einer geradezu perfekten Prononciertheit, bei der ihm sein leicht gefärbter Akzent entgegenkam, fesselte er seine Zuhörer.
Schäfchen zählt die Sterne
In seinen Parabelgeschichten, wie er sie selbst nennt, ist die Rede von der Kirchenmaus Nelly, die so arm dran ist, wie man es dieser besonderen Spezies immer nachsagt, und die, als man ihr per Falle den Garaus machen will, schon an der Liebe Gottes zu allen Lebewesen zu zweifeln beginnt. Als dann durch einen kleinen unbeabsichtigten Stups mit der Fußspitze die Messnerin die Falle zuschnappen lässt, und Nelly ungefährdet an den darin enthaltenen Speck kommen kann, erlebt sie das Wunder der Heiligen Nacht auf ihr Weise.
Fesselnd auch die Parabel von Locki, dem kleinen Lämmchen, das sich an einem Dornbusch verletzt hatte und wegen des brennenden Schmerzes nicht einschlafen konnte. Weil seine Mutter ihm erzählt hatte, dass die Menschen in einer solchen Situation die Schäfchen zählen, wollte sie lieber die Sterne zählen. Und dann tauchte am Nachthimmel dieser helle Stern auf, dem sie schließlich folgen wollten. Und ausgerechnet vom Esel erfuhren sie dann die Botschaft von der Heiligen Nacht.
Gerade im Advent macht der Autor in unaufdringlicher Weise klar, worauf es in dieser Zeit ankommt. Gagesch versucht zumindest nicht plump vordergründig seine Botschaft, die ihm persönlich sehr am Herzen zu liegen scheint, zu vermitteln. Auch in seinen Erläuterungen zu seinen vielen Geschichten, die er in mehr als 16 Büchern zusammengefasst hat, will er Werte weitergeben, wirbt für mehr Verständnis untereinander und besonders für Außenseiter der Gesellschaft, denen er in seinen ganz unterschiedlichen Geschichten auch immer wieder Raum gibt.
Bei der Entstehung des Buches „Der kleine König Salibu“, das er ebenfalls in seiner Lesung auszugsweise vorstellt, wirkten auch Kinder mit. Die Illustrationen dazu entstanden in Kindergärten und Grundschulen. Hier lässt er die Kinder auch erzählen und schöpft dabei aus der großen Fülle von authentischem Material. Für diejenigen, die gekommen waren, war es ein unterhaltsamer Nachmittag, der zu Denkanstößen genügend Anlass gab.
Die Bücher von Erich Georg Gagesch sind über den Kalliope Verlag, Danziger Straße 14 in 78224 Singen, Telefon (07731) 21516 zu beziehen.