Forchheim: Spezialisten für Spezialverpackungen
26.2.2019, 18:00 Uhr"Wir schneiden und fräsen alles, außer Wurst", sagt Klaus Hermann und legt an einer Schneidemaschine, groß wie ein Garagentor, einen Pappkarton zum Falten zurecht. Vorher wurde die Konstruktion des Kartons über CAD in einen Rechner eingelesen, der alles millimetergenau auf den Karton überträgt. Doch davon später mehr.
Seit dem Jahr 2017 ist die Firma Gero, die Hermann zusammen mit Teilhaber Klaus Bärthlein führt, im Forchheimer Süden ansässig. Seit dem Jahr 2000 gibt es die Firma, vormals in Leutenbach ansässig. Der Geschäftszweig, der sich mit elektronischen Bauteilen konzentrierte, wurde 2015 eingestellt, das Verpackungsgeschäft seit 2006 durch Klaus Hermann aufgebaut.
In den Räumen eines ehemaligen Fitness-Studios in der Dieselstraße, ist auf rund 800 Quadratmetern Platz für die Produktion mit rund zehn Angestellten, die Lage im Forchheimer Süden mit nächster Nähe zur Autobahn ideal. "Unser Kundenkreis sitzt zu 70 Prozent in der Metropolregion, 90 Prozent im Süden der Republik", erzählt Bärthlein, "wenige" Kunden habe man im Ausland.
Der Jahresumsatz liegt im oberen sechsstelligen Bereich. Seit dem Umzug von Leutenbach in den Forchheimer Süden "haben wir mehr Präsenz", so Bärthlein. In Zahlen ausgedrückt heißt das: "Die Besucher haben sich vervierfacht." Dass Gero seine Niederlassung in Thüringen Ende 2017 aufgegeben hat und sich nun ganz auf den Standort Forchheim konzentriert, freut auch Wirtschaftsförderer Viktor Naumann: "Wir wollen agile Unternehmen. Das sind Menschen, die Arbeitsplätze schaffen, hier findet Wertschöpfung statt."
Welchen enormen Stellenwert beim Verkauf die richtige Verpackung haben kann, das sieht der Kunde bereits im "Showroom" der Verpackungsfirma. Hier werden die PR Boxen präsentiert, mit denen etwa Kosmetika neu beworben wird oder auch Schreibwaren.
Wie blank poliert steht etwa ein schwarzer Karton eines namhaften Kosmetikriesen da, macht man den Karton langsam auf, funkeln im Inneren kleine Minilämpchen, die noch kleinere Nagellackfläschchen in sämtlichen Trendfarben des Frühjahrs zum Strahlen bringen. "Meine Frau war begeistert, als ich ihr erstmals den Karton präsentiert habe", sagt Hermann nicht ohne Stolz. Denn nicht nur die Präsentationsbox, auch die technische Ausführung ist made in Forchheim.
Denn die Verpackung ist quasi die Visitenkarte der Marke. Je mehr das Produkt bei den Kunden ankommen soll, desto mehr sollte den Kunden oder die Kundin auch die Verpackung ansprechen. Kurzum: Je eleganter die Schachtel, desto eleganter der Inhalt.
Doch wer sind nun die Kunden und die Karton-Empfänger? Darüber hüllen sich Bärthlein und auch Hermann in vielsagendes Schweigen und verraten doch soviel: "Alle VIPs dieser Welt, Sportler-Größen aus den Bereichen Fußball, Tennis und Golf, Schauspieler." Oder genauer gesagt: Bekommt Promi X ein Paar neue Markenschuhe eines namhaften Sportartikelherstellers geschenkt, dann erhält er die natürlich nicht im Pappkarton: Dann werden die Schuhe in ein extra angefertigtes Holzkistchen gepackt, liegen im Inneren auf Kunstrasen und dazu leuchten auch noch die LED-Lämpchen, alles made in Forchheim. Auftraggeber sind neben Sportartikelherstellern auch Elektronikkonzerne und Stiftehersteller oder auch bekannte Kosmetikfirmen.
"Wir verpacken die Marke und nicht das Produkt", sagt Hermann. Als nächstes soll eine passende Verpackung für eine neue Wimperntusche kreiert werden. In der Marketingsprache von Hermann klingt das so: "Das soll einen Wow-Effect beim Öffnen der Packung beim Kunden generieren." Einen Magnetverschluss soll die Packung bekommen und vielleicht einen indirekt beleuchteten Spiegel, so genau steht das noch nicht fest.
Einen im wahrsten Wortsinne großen Auftrag und auch großen Auftritt hatte die Forchheimer Firma vor ein paar Jahren beim Autosalon in Genf: Als dort der neue Mini-Cooper präsentiert wurde, rollte der Wagen in einer riesigen "Geschenkpackung" in einer Größe von 3,6 mal 2,2 Meter auf die Bühne — der Autokarton wurde von Gero entworfen und geliefert.
Als Materialien kommen bei Gero Wellpappe, Echtholz, Wabenplatten, aber auch Acryl oder diverse Kunststoffschäume zum Einsatz. "Wir suchen für jedes Produkt die bestmögliche Verpackung", sagt Hermann. In einem riesigen Basis-Schaum-Lager türmen sich die Schäume und Acryl-Platten. "Durch unsere Rohware können wir schnell reagieren", sagt Bärthlein. In zehn Wochen werden rund 45 Kubikmeter Schaum verbraucht, das entspricht etwa einer halben Lkw-Ladung.
Wie behauptet man sich an einem Standort wie Forchheim, wo zwei Verpackungsriesen wie Wellpappe und Schumacher-Kartonax den Markt dominieren? "Flexibel zu reagieren ist eine unserer Stärken", sagt Hermann, "wir können gewünschte Verpackungen in ein bis zwei Tagen machen, das schaffen andere nicht".
Will heißen: Dadurch, dass man nur zehn Angestellte hat, und auch keinen riesigen Maschinenpark, der sich erst bei einer hohen Auflage amortisiert, kann man schnell und flexibel reagieren. Konkurrenz sehe man in Schumacher und auch in Wellpappe nicht: "Wir arbeiten zusammen.". Produziert werde ab einem Stück, sagt Hermann, und erinnert an den Autokarton für den Mini in Genf.
Sogenannte Schutzverpackungen sind das zweite Standbein von Gero. Medizinische Geräte, wo allein schon die Messköpfe einen Wert von rund 120 000 Euro pro Stück haben, werden mit Gero-Material sicher für den weltweiten Versand verpackt. Weil diese medizinischen Geräte hochempfindlich sind, gibt es auch hohe Schutzanforderungen, erklärt Bärthlein. In Forchheim entstehen deswegen speziell dämpfende Einlagen, die einen sicheren Versand garantieren.
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