Hermann Ulm bringt Kunreuth ins Zweifeln
28.02.2014, 08:00 UhrDie Aussage mag überraschen, aber sie drängt sich auf: Hermann Ulms Kandidatur als Landrat führt in seiner Heimatgemeinde zu schwersten Spaltungen: „Ich weiß nicht, was ich machen soll“, klagt Monika Drinndörfer, die seit 26 Jahren den zentralen Laden betreibt.
Sie ist nicht die einzige Kunreutherin, die am 16. März ratlos in der Wahlkabine sitzen wird. Eine Kundin Drinndörfers bestätigt, wie ungern sie Hermann Ulms Kandidatur für das Amt des Landrates sieht. Wird sie also den anderen Kandidaten wählen, damit der Hermann im Ort bleibt?
„Das sieht ja keiner, was ich dann ankreuze“, lacht sie und drückt sich damit elegant um die Beantwortung der indiskreten Frage herum. Aber mal im Ernst: Lässt sich das Modell Kunreuth so einfach auf einen ganzen Landkreis übertragen? Der Kandidat Ulm sagt: „Ich denke schon.“ Ihm schwebt ein „Mosaik verschiedener Einrichtungen“ vor, vom „schönen Ortsbild“ über „die Versorgungsmöglichkeiten, welche die Leute brauchen“ bis hin zur „wunderschönen Landschaft“, die zu erhalten vor allem wichtig sei.
Ein Mosaik also: Ein Ganzes, das, aus vielen kleinen Teilen zusammengesetzt, eine harmonische Einheit bildet. „Wir brauchen Politiker“, sagt Monika Drinndörfer, „die nicht nur große Reden halten, sondern auch das tun, was sie sagen“. Dies sei beim Hermann der Fall. Ihm sei die „intakte Infrastruktur, die wir hier noch haben“, mit zu verdanken. Der Bürgermeister hilft dann auch schon mal mit, einen Konkurrenzbetrieb auf der grünen Wiese fernzuhalten.
Und was hat das mit dem Amt des Landrats zu tun? Auf dem Weg durchs Dorf erklärt der Lehrer und Geograph Hermann Ulm seine Philosophie: „Es geht darum, die Grundeinrichtungen zu fördern, welche die Menschen brauchen.“ Breitbandversorgung zum Beispiel. Hier sei, wie bisher schon, die Wirtschaftsförderung im Landratsamt gefordert.
Aber diese Abteilung will Hermann Ulm als Landrat weiter aufbohren: „Ich stelle mir vor, dass hier alle Informationen der Gemeinden über frei werdende Stellen für Arztpraxen, über frei werdende Läden und andere Einrichtungen zusammenlaufen, ehe sich die Lücke auftut.“ Dann könnten bereits Interessenten gesucht und gefunden werden, bevor ein Leerstand eintritt: „Das ist für mich Wirtschaftsförderung in der Fläche.“
Auf der Höhe oberhalb Kunreuths angekommen, bei herrlicher Februarsonne und mit Blick auf den Ortsteil Regensberg, spricht der Bürgermeister über das Pfund Landschaft, mit dem die Fränkische Schweiz wuchern kann und muss: „Der Schwerpunkt des Fremdenverkehrs liegt auf dem Wandertourismus.“ Um die Landschaft zu erhalten, sei er auch als Bürgermeister „vorsichtig mit neuen Baugebieten“. Gerade erst weist die Gemeinde am östlichen Ortsrand in der Wirtsleite zehn Baurechte neu aus: „Das fällt aber nicht groß auf.“
Im Tourismus-Geschäft, das in der Gemeinde Kunreuth eher ein Nischendasein führt, sieht Ulm Potenziale für Wellness- und Familien-Hotels, außerdem für „mehr E-Bike-Angebote“.
Kunreuth ist die Welt des Hermann Ulm und seiner vierköpfigen Familie (abgesehen von ihr lebt eine ganze Reihe Verwandter am Ort). Seine verbindliche Art, sein freundliches Auftreten und die ungefragten Rückmeldungen der Menschen auf der Straße („Nur Positives!“) beeindrucken den Besucher. Natürlich: Hier hat Ulm ein Heimspiel.
Wie sieht es aus, wenn Widerstände auftauchen, wenn Widerspruch artikuliert wird? Dies muss vorläufig offen bleiben. Doch Ulm sagt: „Man diskutiert die Themen halt aus und dann wird abgestimmt.“ Oder man versucht schon im Vorfeld die Interessen auszutarieren und lässt erst dann abstimmen. Das ist der harmonische Weg des Bürgermeisters Ulm.
Hermann Ulm ist der Kandidat der CSU, ohne bisher deren Mitglied zu sein. Gerade die CSU ist aber eine sehr machtbewusste Partei, die selten den Weg des Kompromisses geht, wenn sie allein bestimmen kann. Hätte Hermann Ulm auch „Ja“ gesagt zur Landrats-Kandidatur, wenn er vom Freien Wähler Reinhardt Glauber gefragt worden wäre?
Ulm zögert nur kurz: „Ich hätte eigentlich schon gedacht, dass wir das zusammen machen könnten.“ Gemeint ist: die CSU im Verein mit den Freien Wählern. Dass es anders kam, ist Ulm nicht anzulasten. So wird er jetzt von der CSU vereinnahmt: „Einer von uns, einer für uns.“ Wird er tatsächlich zum Landrat gewählt, will er auch in die Partei eintreten: „Das ist für mich selbstverständlich.“ Wird er nicht ins Spitzenamt gehievt, sitzt Ulm dennoch im Kreistag. Denn er kandidiert zugleich auf dem ersten Listenplatz der CSU.
Wie aber wäre das für ihn, wenn er sein großes Ziel verfehlt und nicht Landrat wird? Da grinst Ulm sein typisches Ulm-Grinsen. Es lässt ihn ein wenig wie einen Knuddelbären aussehen, den man am liebsten in den Arm nehmen und drücken würde. Die Antwort auf die altbekannte Frage fällt ihm nicht schwer: „Dann bleibe ich halt Bürgermeister.“
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