Steinbruch Gräfenberg
In Kunreuth wackelt das Sofa, wenn die Steinbruch-Lkw aus Gräfenberg vorbeifahren
11.7.2021, 11:29 UhrDicht an der Staatsstraße in Kunreuth wohnt Horst Franke. „Wenn die Lastwagen fahren, scheppern die Scheiben und das Sofa wackelt. Das geht wie Wellen durchs Haus“, sagt er im Gespräch mit den NN. Bereits mit dem Ausbau der ICE-Strecke gab es zusätzliche Belastungen durch den Schwerlastverkehr. Das war zeitweise. Mit der Auffüllung des Steinbruchs Bärnreuther-Deuerlein fürchten die Kunreuther jetzt eine Dauerbelastung, wovon auch in der Petition der Interessensgruppe Steinbruch (IGS) die Rede ist.
„150.000 Tonnen pro Jahr. Nicht alle Lastwagen werden vollbeladen fahren. Da sind viele Touren extra“, fürchtet nicht nur Franke. Auch Heinz Hofmann hat die Auswirkungen durch die Lkw vor allem in einem Jahr Homeoffice so richtig miterlebt: „Man spürt jeden Lastwagen, der durch die Rillen fährt“, sagt Hofmann. In zwanzig Minuten fahren gut zehn Lastwagen durch den Ort, was natürlich weiter zunehme, wenn der Steinbruch verfüllt werde.
Auch die Straßen leiden
Von den Abgasen und der Gebäudeerschütterung zu Spitzenzeiten abgesehen, leiden auch die Straßen. Der Zustand der Staatsstraße zeige das deutlich: „Die Schäden sind schon über zehn Jahre alt. Wenn sie bereinigt werden, dann nur bruchstückhaft“, sagt Hofmann. Ein Bruch in der Fahrbahn sei gut zehn Zentimeter tief und wurde bislang nicht behoben. Sowohl Franke als auch Hofmann haben Gebäudeschäden vorzuweisen. Franke kontaktierte sogar das Straßenbauamt, weshalb 40-Tonner hier zugelassen würden.
„Dass Lkw fahren müssen, verstehe ich. Doch dann muss eine Lösung gefunden werden“, meint Franke. Dem stimmt nicht nur Hofmann zu. Einfach anständig fahren zu können, wäre der Wunsch. „Die Wellen müssten regelmäßig ausgebessert werden, damit die Erschütterungen weniger werden“, fordert Franke. Auch Bürgermeister Ernst Strian fürchtet, dass die Straße nicht saniert wird, solange das Thema Steinbruch nicht abgeschlossen ist.
Wer zahlt die Zeche?
Zudem: „Ein Bruchteil des Landkreises muss die Zeche zahlen, damit andere glücklich sind“, sagt Heinz Hofmann und meint damit die Firma Bärnreuther-Deuerlein in Gräfenberg mit Hauptsitz in der Oberpfalz. Selbst wenn der Bauschutt unter Kontrolle sei, bleibe der Schwerlastverkehr. Bürgermeister Strian hat sich die Zeit genommen und sich selbst für eine Verkehrszählung an den Straßenrand gesetzt. Er kommt zum selben Ergebnis wie Horst Franke, der sich ein Messgerät gekauft hat, um die Dezibel zu messen.
„Die Ämter ermitteln immer nur einen Durchschnitt“, sagt Franke. Doch was nutze die relativ moderate Durchschnittszahl, wenn es die täglichen Spitzen mit 90 Dezibel gebe? Und was nutze eine Durchschnittszahl an Fahrzeugen am Tag, wenn man zwischen zehn und zwölf Uhr nicht mehr über die Straße könne, fügt Strian an.
Frage der Lebensqualität
„Die Anwohner waren früher da und haben dasselbe Recht wie andere, die in neuen Baugebieten leben und nichts von dem Lärm, den Abgasen und den Erschütterungen mitbekommen", findet Franke. Es sei auch ein Thema für die Zukunft: Die Bürgermeister in den Kommunen hätten den Auftrag, wenig Bauland zu verschwenden, sondern den Ortskern zu beleben. Aber „wer zieht freiwillig in ein Haus ohne Garten an der Straße, wo nicht einmal Kinder spielen können“, fragt Franke. Es sei die Lebensqualität, die den Bürgern an der Straße des Schwerlastverkehrs genommen werde.
Das geht anderen Gemeinden ähnlich. „Wir sind grundsätzlich immer in Sorge vor mehr Verkehr. Gerade an der B2 wäre es ein Problem für die Anwohner, wenn der Schwerlastverkehr zunehmen würde“, betont Igensdorfs Bürgermeister Edmund Ulm (CSU) mit Blick auf das allgemeine Problem des Straßenverkehrs, nicht explizit auf den Steinbruch gemünzt. Über die Auswirkungen der Steinbruchauffüllung könne noch nicht viel gesagt werden: „Bisher geht es um die Höherwertung der Verfüllkategorie“, sagt Ulm.
Nachbarn nicht gefragt
Zwar sei angedacht, mit einem gefüllten Lkw mit Auffüllmaterial in den Steinbruch zurückzufahren. Aber: „Ob das logistisch immer zu bewerkstelligen ist?“, fragt Ulm und spricht damit die Befürchtung der Kunreuther aus. Ernst Strian wundert sich zudem, dass jeder Solarpark oder jedes Baugebiet der Nachbargemeinde auf den Sitzungstisch der Nachbarkommunen komme, um Stellung zu nehmen. Bei der Aufwertung der Verfüllkategorie hingegen musste die Nachbargemeinde keine Stellungnahme abgeben.
„Wir sind betroffen, aber nicht beteiligt“, meint Strian. Das sieht das Landratsamt anders: „Das Vorhaben wurde öffentlich bekannt gemacht. Auch Nachbargemeinden durften Stellungnahmen abgeben“, sagt Holger Strehl, Pressesprecher am Landratsamt Forchheim. Von keiner Gemeinde ging eine Stellungnahme ein. Außer aus Gräfenberg.
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