Islamunterricht in Forchheim: Aus einem Versuch wird der Standard
12.3.2021, 07:04 UhrDamit steht muslimischen Kindern und Jugendlichen, die keinen christlichen Religionsunterricht besuchen wollen, eine Alternative zum Fach Ethik zur Verfügung. Die Integrationsbeauftragte des Bayerischen Landtags, Gudrun Brendel-Fischer, sieht in dem neuen Wahlpflichtfach laut einer entsprechenden Mitteilung einen wichtigen Faktor für eine gelingende Integration und ein "bedeutendes Signal an unsere muslimische Bevölkerung".
Auch Nabil Raki, der an der Martinschule, an der AST-Schule, an der Ritter-von-Traitteur-Schule und an der Annaschule in Forchheim tätig ist, zeigt sich von der Nachricht aus München mit Freude erfüllt: "Es ist sehr wichtig, dass es einen Islamunterricht an bayerischen Schulen gibt." Dieser entfalte eine integrative Wirkung und "unterstützt die Schüler dabei, ihren Platz in einer weltanschaulich vielfältigen Welt zu finden." Ein wesentlicher Bestandteil seines Unterrichts bestehe darin, so Raki weiter, Vorurteile zwischen den Religionen abzubauen und Menschen anderen Glaubens mit Respekt zu behandeln.
Aus diesem Grund besucht er mit seinen Schülern regelmäßig christliche Kirchen, jüdische Synagogen und muslimische Moscheen, um den Vergleich und den Austausch zwischen den Religionen zu fördern. Außerdem ist der Unterricht ein Feld für philosophische Fragen, wie Raki erklärt: "Meine Schüler fragen sich zum Beispiel, warum sie Gott nicht sehen können." Solche Fragen könnten die Kinder und Jugendlichen zu Hause oft nicht stellen, im Islamunterricht sei Raum dafür. Auch auf der individuellen Suche der jungen Menschen nach Gott könne der Unterricht eine Begleitung sein.
Konzentriert an vier Schulen
Cordula Haderlein, die das Forchheimer Schulamt leitet, freut sich ebenfalls über die Entscheidung der Regierung. So könne dem Islamunterricht, für den man im Landkreis Forchheim seit 2012 immer nur auf befristete Verträge mit Lehrkräften zurückgreifen musste, eine dauerhafte Perspektive gegeben werden. Ab dem kommenden Schuljahr, das im September 2021 beginnt, könne man die Verträge wohl entfristen, so Haderlein.
Das Angebot konzentriere sich auf vier Schulen in Forchheim, weil es in den kleineren Landgemeinden – wenn überhaupt – nur einzelne Kinder muslimischen Glaubens gebe. Dort sei nur ein Angebot für Ethik sinnvoll möglich. In Forchheim dagegen könnten, gegebenenfalls unterstützt durch jahrgangsübergreifende Zusammenlegung der Schüler für den Islamunterricht, die nötigen Klassenstärken erreicht werden.
Der Lehrplan für das neue Fach wird – genau wie bei allen anderen Schulfächern in Bayern – vom Kultusministerium vorgegeben. Die Integrationsbeauftragte Brendel-Fischer (siehe auch Interview links) erklärt, dass der bisherige Modellversuch "Islamischer Unterricht" Ansehen und hohe gesamtgesellschaftliche Akzeptanz genieße. Die Schule sei einer der wichtigsten Orte, wo Integration gelebt werde und kultureller Austausch ungezwungen stattfinde: "Deshalb freue ich mich, dass Schulen künftig die Möglichkeit erhalten, den ,Islamischen Unterricht‘ als Wahlpflichtfach einzurichten."
Wissenschaftlicher Beirat
Das Fach sei ein staatliches Angebot, das in deutscher Sprache Wissen über die islamische Religion sowie eine grundlegende Werte-Orientierung im Geiste des Grundgesetzes und der Bayerischen Verfassung vermitteln soll. Bei der weiteren Ausgestaltung und Entwicklung des Lehrplans mit seinen islamkundlichen Inhalten setzt Brendel-Fischer auf den wissenschaftlichen Beirat des Departments Islamisch-Religiöse Studien an der Friedrich-Alexander- Universität Erlangen-Nürnberg.