Kathi-Bräu: Altes Mofa der Wirtin wieder flott
6.8.2014, 11:00 UhrAugenzeugen berichteten: Wenn die Kathi mit ihrem ungewöhnlichen Rad von Heckenhof nach Aufseß zum Einkaufen fuhr und spielende Kinder auf der Straße erblickte, benutzte sie ihre Ballon-Hupe und rief: „Bä hü, bä hü – Kinderle, geht auf Seite, die Kathi kommt!“ Jahrzehntelang fristete das flotte Rad seine Zeit auf dem Dachboden der „Kathi-Bräu“, deren Wirtin die Zweirad-Pionierin war, und wird erst jetzt nach der Renovierung durch Franz Hartmann aus Wüstenstein beim neuen Besitzer Josef Schmitt einen Ehrenplatz erhalten, denn die Kathi ist am 10. Oktober 1993 gestorben.
Wirtin Kathi Meyer war schon immer fortschrittlich, befasste sich mit Neuheiten – sie war begeisterter Motorrad-Fan. Nachdem sie die Gesellenprüfung für das Brauerhandwerk bestanden hat, erwarb sie ihr erstes und auch einziges Rad.
Damit fuhr sie zum Einkaufen nach Aufseß und zurück nach Heckenhof. Um den Heckenhofer Berg nicht hoch laufen zu müssen, kaufte sie das Fahrrad mit Motor. Auf dem Gepäckträger war ein Einzylinder-ILO-Motor montiert – eine eher seltene Konstruktion von August Stukenbrok, der zwischen 1888 und 1932 unter dem Namen „Deutschland-Fahrrad“ einen lebhaften Versandhandel betrieb.
Vom Dachboden geholt
Jahrzehnte lang schlummerte das Fahrzeug also auf dem Dachboden des Gasthauses der „Kathi-Bräu“, bis Josef Schmitt dem Drängen von Franz Hartmann nachgab, und die inzwischen stark mitgenommene Maschine vom Dachboden holte. Der begeisterte Zweirad-Monteur Hartmann aus Wüstenstein war es auch, der die Maschine in über 270 Einzelteile zerlegte und wieder in einen guten Zustand brachte. „Nicht restauriert, sondern patiniert“ hat er in ein paar Monaten das Fahrrad – dafür brauchte er zirka 45 Stunden.
Schon seit den 70er Jahren sind Heckenhof und Kathi-Bräu weit über die fränkische Grenzen hinaus als Biker-Treffpunkt bekannt und beliebt. Josef Schmitt, der seit vielen Jahrzehnten dieses Bier braut, erinnert sich: „Die Kathi hatte halt ein Herz für die Motorradfahrer, daher war sie in der Fränkischen sehr beliebt. Sie hat sich mit ihnen unterhalten, das gefiel den Bikern und hat sich herumgesprochen.“
Franz Hartmann, ehemaliger Hercules-Versuchsmechaniker, verbrachte zuletzt viel mehr Zeit in seiner Werkstatt: Nach rund 45 Stunden hatte er das Rad fertig gestellt. Ihn freut es vor allem, dass dieses Fahrzeug nicht endgültig auf dem Dachboden vor sich hin rostet, sondern nahezu komplett im Original erhalten werden konnte.
Das Fahrrad mit seinem Hilfsmotor, einem „JLO F 60“ – vom Typ: F-60 H – hat eine Leistung von zirka eindreiviertel PS mit 60 Kubikmeter Hubraum Volumen. Mit Zubehör wiegt es etwa 13 Kilogramm. Der Brennstoffverbrauch liegt bei gut 1,8 Liter auf 100 Kilometern, die Lichtleistung beträgt siebeneinhalb Watt. Der Motor treibt das Hinterrad des Damenfahrrades an. Seine Bedienung erfolgt durch den Kupplungs- und den Gashebel, welche am Lenker angebracht sind. Hinten ist der Auspuffkrümmer mit Rohr angebracht.
Drei Liter Treibstoff können in den Brennstofftank gefüllt werden. Das Rad war mit Filter, Absperrventil und Leitung mit Streben und Motorhalter und Kettenrad mit Kette, Kettenspannschraube und Schutzblech ausgestattet. Scheinwerfer und Schlusslicht gab es gegen Aufpreis.
Bei der Anlieferung des Fahrzeuges in Heckenhof staunten viele Liebhaber nicht schlecht. Josef Schmitt, der Eigentümer des mototrisierten und erneuerten Rades versicherte nun bei der Vorstellung im Ort, dass das Fahrrad einen Ehrenplatz erhalten wird.
Und Franz Hartmann erklärte noch aus fachmännischer Sicht: Alle Schrauben seien nicht eingerostet gewesen und ließen sich nach der Reinigung problemlos verwenden. Der hintere Reifen war zwar kaputt, er hatte aber einen Ersatz dafür – wie auch für das Glas des Scheinwerfers.
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