Lächeln, zwinkern, Bier verkaufen
1.9.2020, 10:00 UhrEs ist Sonntagnachmittag kurz nach vier Uhr. Normalerweise hat "der Neder" um diese Uhrzeit gar nicht offen. Für die Nederbierpatscher macht der Erhard am Ausschank eine Ausnahme.
Szenen drehen
Denn Marco Bauer, wie immer im grauen Brauerkittel, und sein Sidekick Klaus Fietzeck wollen einige Szenen drehen. Es ist ihr erstes Musikvideo, nachdem sie mit skurrilen Filmchen ihre Fans in Verzückung versetzt haben. Diesmal nicht mehr nur vor dem Neder, sondern drinnen an heiliger Stätte.
Mit dabei das Objekt der Begierde: Die viel besungene Brauerei-Fachverkäuferin Astrid Neder-Haub. Regieanweisung an sie: Anlächeln, zuzwinkern und den Kasten Bier über die Theke schieben. Sie ist in ihrem Element. Später wird sie dafür von Marco Bauer zum Tanz entführt. Die Menge johlt.
Die Musik dazu kommt freilich vom Band. Darum kümmert sich Bernd Uttenreuther, der das Faschings-Duo als Präsident der Närrischen Siedler Lichteneiche bestens kennt. Trotzdem sucht Klaus Fietzeck, die selbsternannte "Goldene Stimme von Forchheim", hektisch nach seinem Mikrofon. Auf den Bildern soll es später schließlich "echt" aussehen.
Song im Wohnzimmer
Aufgenommen hat er den Song um ein Gratis-Seidla von seiner Brauerei-Fachverkäuferin im Wohnzimmer Peter Lassners in Forchheim. Wer genau hinhört, erkennt den Fastnacht-Schlager von der Fleischerei-Fachverkäuferin, mit dem der Comedian Michl Müller vor zehn Jahren in Veitshöchheim Triumphe gefeiert hat. Nur dass es damals um eine Scheibe Gelbwurst ging. Vielleicht ist es die Erinnerung daran, vielleicht aber auch das Freibier, das beim Jamily-Musiker Peter Lassner saitenweise die Finger lockert.
Daneben nutzt René Kraus jede Gelegenheit, um mit seiner leuchtenden Ukulele als "Der Ente" die Statisten in Bewegung zu bringen. Da werden sogar einige Stammgäste, die bis dahin ganz ins Schafkopfen oder Ketterauchen vertieft sind, regelrecht hellhörig.
Derweil haben Adam Kudlek und Armin Mundt alle Hände voll zu tun. Die Kameraleute sind die Augen der späteren Zuschauer. Sie bahnen sich ihre Wege zwischen den Tischen, versuchen all die Geschehnisse einzufangen, die später das ganz gewisse Etwas ausmachen. Wie Stadtrat Markus Schmidt in Ekstase gerät; wie Leo Hühnlein als Pferd verkleidet durch den Raum trabt; wie Klaus Fietzeck zwischen den Laugenbrezen auf den Tischen tanzt.
Nicht zu vergessen Rainer Kalb, der als früherer Braumeister des Hauses Krug für Krug nach dem Rechten sieht, oder Christian Lutz, der sich in ein schweißtreibendes Eisbären-Kostüm zwängt. Während der eine leidet, freut sich der andere: Klaus Fietzeck hat mit Carina Mamat und Tanja Kraus gleich zwei ehemalige Bierköniginnen im Arm. Es wird einer der seltenen Momente des späten Nachmittags ohne ein Seidla in Händen sein.
Dazwischen gibt es immer wieder Pausen, in denen die Perücken nachjustiert und die Kehlen rundbefeuchtet werden. Es braucht gefühlte zwanzig Durchgänge, bis das Material ausreicht, damit Adam Kudlek daraus in den nächsten Tagen einen Zwei-Minuten-Clip zusammenschneiden kann. Doch darauf achtet zu diesem Zeitpunkt längst keiner mehr. Die legendäre Neder-Stimmung hat nicht nur die Instrumente ergriffen. Auch die Gäste, die dem Aufruf in den Sozialen Medien gefolgt sind. Darunter Karate-Europameisterin Silvia Schnabel, Druckerei-Besitzer Frank Streit, Radio Bamberg-Moderator Christopher Fleith oder Junge Bürger-Stadtrat Sebastian Hösch.
Nach über zwei Stunden sind alle vom Klatschen und Singen erschöpft. Nur der Ideengeber für das Musikvideo Florian Gräf nicht. Der macht gerade Urlaub. Da kommt Rafael Thiermeyer aus dem Sudhaus und verkündet die frohe Botschaft: Brotzeit für alle. Spätestens jetzt stimmt der Refrain: "Das macht mich jung, das macht mich schön, gibt meinem Leben wieder einen Sinn."
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