Badum: "Nicht beim geringsten Gegenwind umknicken"
Mehr Windräder gefordert: Warum die Energiewende im Landkreis Forchheim noch nicht funktioniert
18.9.2021, 15:41 UhrAnfang August hat der Weltklimarat in seinem Bericht erneut dringlich gewarnt, dass die Klimakrise weiter vorangeschritten ist. Um die Pariser Klimaziele noch erreichen zu können, fordert der Rat, die Treibhausgasemissionen sofort zu senken, damit die globalen CO₂-Emissionen im Jahr 2050 bei Null sind. Eine große Rolle spielt dabei die Energiewende weg von fossilen Brennstoffen hin zur Nutzung erneuerbarer Energien. Auch im Landkreis ist sie ein Thema.
„Die Energiewende hat es im Landkreis Forchheim schwer. Überwiegend wird sie weiterhin nicht in der Dringlichkeit gesehen, die sie seit Jahren hat“, erklärt Barbara Cunningham, Vorsitzende der Energie- und Klimaallianz Forchheim. Zwar gebe es Projekte wie den Ausbau von Elektroladesäulen, trotzdem würde gerade der Ausbau der Erneuerbaren stocken.
"In Eggolsheim zeigt sich, was passiert, wenn Politiker beim geringsten Gegenwind umknicken"
Kontrovers diskutiert wurde in den letzten Monaten immer wieder der abgelehnte Windradausbau in Eggolsheim. „In Eggolsheim zeigt sich, was passiert, wenn Politikerinnen und Politiker schon beim geringsten Gegenwind umknicken“, sagt etwa Lisa Badum, Bundestagsabgeordnete für Bündnis 90/Die Grünen. Ein geplanter Windpark im Ortsteil Tiefenstürmig wurde nach Bürgerprotesten ad acta gelegt. Badum fordert eine Abkehr von der umstrittenen 10-H-Regel und ein früheres Kohleausstiegsdatum als 2038.
Gleichzeitig sieht Badum die Herausforderungen, die es beim Ausbau erneuerbarer Energien zu bewältigen gilt. Gerade die Bürgerakzeptanz sei wichtig, Betroffene müssten frühzeitig und umfassend informiert und in die Diskussion mit einbezogen werden. „Wir müssen die Chancen aufzeigen und die Menschen an der Wertschöpfung mit beteiligen“, erklärt auch der SPD-Abgeordnete Andreas Schwarz.
Mit lediglich einem Windrad in Kasberg und Ablehnung vieler Photovoltaikflächen werde die Energiewende laut ihm nicht gelingen. Schwarz ist im Bundestag Mitglied des Haushaltsausschusses, ist unter anderem zuständig für den Energie- und Klimafonds. „Derzeit arbeite ich unter anderem mit dem Bund der Selbstständigen am Aufbau der Wasserstoffregion Oberfranken“, meint Schwarz.
Wasserstoff als Energieträger der Zukunft?
Auch für Sven Bachmann, der für die FDP im Wahlkreis als Direktkandidat antritt, ist Wasserstoff ein wichtiges Thema. Er nennt als Pilotprojekte den Cleantech-Park in Hallstadt sowie die Wasserstoff-Erforschung bei Bosch in Bamberg. Er ist sich sicher, dass die Energiewende kommen wird. „Aktionismus ist aber der falsche Weg“, sagt Bachmann.
Der Liberale fordert Technologieoffenheit und einen sozialverträglichen und global anerkannten Ausbau. „Unsere Region hat gute Chancen“, meint er. Bachmann möchte an der 10-H-Regel festhalten und mehr Aufklärungsarbeit in punkto Windrädern betreiben. „Die Kommunen und die Bürger vor Ort müssen sich einig sein“, meint er.
„Wasserstoff wird die Zukunft sein“, meint AfD-Kandidat Michael Weiß. Der müsse jedoch auch sauber hergestellt werden. „Elektromobilität halte ich für eine Sackgasse“, erklärt er. In Sachen Energiewende sieht er den Landkreis schlecht aufgestellt: „Wir haben faktisch keine Energiewende.“ Von Windrädern hält der Kandidat nichts. „Windräder verschandeln die Natur“, sagt Weiß, der auch die Flächenversiegelung anspricht.
Luft nach oben, das zeigt auch Bamberg
Der Stand des Windradausbaus in Bayern wird immer wieder kritisiert. 2020 gab es in Bayern 1172 Windenergieanlagen. Während es zu Beginn der 2010er-Jahre einen starken Anstieg des Ausbaus gab, kamen seit 2017 nurmehr 19 Windräder im Freistaat hinzu. Der Energieatlas Bayern weist mit Stand von Ende 2019 für den Landkreis Forchheim neben dem Windrad in Kasberg zwei Kleinwindanlagen in Forchheim und Ebermannstadt aus. Insgesamt ist im Landkreis eine Leistung von 1,5 Megawatt installiert. Im Landkreis Bamberg ist eine Leistung von 84,7 Megawatt in 35 Windrädern installiert.
„Bei Windenergieanlagen ist mehr möglich, übrigens auch mit geringerem Abstand als die zehnfache Höhe zur Wohnbebauung“, erklärt der CSU-Bundestagsabgeordnete Thomas Silberhorn. Die 10-H-Regel schreibe laut ihm keinen allgemeingültigen Mindestabstand fest, sondern fordere, dass die Gemeinde bei geringerem Abstand Baurecht schaffe.
In der Energiewende setzt Silberhorn auf synthetische Kraftstoffe und grünen Wasserstoff. „Der Bund investiert mit seiner Wasserstoffstrategie neun Milliarden Euro in diese Technologie“, sagt Silberhorn. Der Landkreis sei für ihn in den letzten Jahren vor allem im Ausbau von Photovoltaikanlagen vorangekommen.
Ein Eindruck, den die Stadtwerke Forchheim bestätigen. „Wir bauen PV-Großanlagen und betreiben in Forchheim-Nord unsere PV-Freiflächenanlage“, teilt Stadtwerke-Pressesprecherin Nicole Dutschmann mit. Zudem bieten die Stadtwerke Balkon-PV-Anlagen an, mit denen Strom direkt ins Hausnetz eingespeist werden kann.
„Die Forchheimer Stadtwerke haben mit der Hochschule Amberg-Weiden gute Projekte angestoßen“, erklärt Jan Jaegers, Direktkandidat für Die Linke. Er fordert bessere Landesstrategien für den Ausbau der Erneuerbaren. „Einige Kommunen haben bisher gute Projekte angestoßen, allerdings sind wir noch weit davon entfernt, effektiven Klimaschutz in der Region zu verwirklichen“, ist sich Jaegers sicher.
15 Kommentare
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich vorher registrieren.
0/1000 Zeichen