Stadtpark-Konzerte

Ringlstetter: Mit Forchheimer Bier in Fahrt gekommen

12.7.2021, 10:00 Uhr
Ringlstetter: Mit Forchheimer Bier in Fahrt gekommen

© Udo Güldner

Wo der Johannes seinen ersten Rausch ins Johannisfeuer speibt; wo man „Tina, ich lieb Dich“ an jede Scheißhaustür schreibt; wo die Feuerwehrler streiten, wer löschen darf, wenn´s endlich mal brennt; wo´s Haxen und Händl und Ochsen und Würschtl grillen...So sieht also die „Heile Welt“ rund um Straubing aus. Sie ist es, der Ringlstetter ein wenig nachtrauert. Denn diese Idylle gibt es nicht mehr.

Ringlstetter: Mit Forchheimer Bier in Fahrt gekommen

© Udo Güldner

Das sieht man schon daran, dass ein gewisser Herr Gabalier das Heimatlied gekapert hat. Also heißt es: dagegenhalten. Von der langhaarigen Lockenpracht der 80-er Jahre ist bei Ringlstetter nicht mehr viel geblieben. Dafür haben sich die Töne seiner jungen Jahre in ihm gehalten.

Country und Blues

Wenn er vom Herumziehen mit seinen Musikern erzählt, muss es ein Blues sein. Wenn er Geschichten vom Lande bringt, greift der Country um sich. Wenn er ein sommerliches Liebeslied singt, schlägt sein Herz im Balkan-Beat.

Ringlstetter: Mit Forchheimer Bier in Fahrt gekommen

© Udo Güldner

Doch was wäre der Abend ohne die Band. Der Kärntner Jochen Goricnik an der Gitarre, Stefan Lang aus Mitterfels an Trompete und Flügelhorn, Michael Thomas aus Erbendorf am Schlagzeug und Lenz Retzer aus München am E-Bass machen aus kongenialen Arrangements packende Musik.

Die Hände schlagen aneinander

Ringlstetter: Mit Forchheimer Bier in Fahrt gekommen

© Udo Güldner

Die Klänge ergreifen die Zuhörer derart, dass alle, die nicht gerade einen gefüllten Plastikbecher oder ein Bratwurstbrötchen in Händen halten, selbige heftig gegeneinander schlagen. Es gibt sogar Szenen, in denen das Publikum auf der Stelle eskaliert, also auf dem Platz.

Soweit man das tun kann, ohne sich allzu weit vom Klappstuhl zu entfernen. Schließlich will beim Tanzen keiner seine Maske wieder aufsetzen. Mitunter wird es bei Ausflügen in den Funk der 70-er Jahre so wild, dass sich Ringlstetter sogar Sorgen um das historische Gemäuer in seinem Sichtfeld macht. Natürlich zu unrecht.

Die Band als Männerchor

Es gibt im Laufe des Konzertes aber auch die leisen, nachdenklichen Momente. Bei einem legen die Musiker all ihre Instrumente ab und zeigen als „Männerchor“ ihre sängerischen Qualitäten. Bei einem anderen steht Ringlstetter ganz alleine vor dem Mikrofon. Es sind dies die eindrücklichsten Augenblicke eines rundum gelungenen Abends.

Sodann liefert sich Ringlstetter mit seinem Keyboarder Christian Schmalz bei „Radl am See“ einen Wettstreit im rhythmischen Rückwärtsschwimmen. Von einer Welle der Gefühle übermannt erzählt Ringlstetter von erotischen Nächten am Baggersee. Dabei steht er auf sie, und zwar im Liegen.

Was dann folgt, darüber schweigt der Sänger, aber die Hardrock-Akkorde deuten es an. Derweil patrouillieren nicht nur rund um den Stadtpark die Sicherheitsleute. Auch ganz oben auf der Bastionsmauer, wie einst die Besatzung des Schar-Wachthäuschens, passt jemand auf, dass kein Heimlich-Hörer sich heranschleicht.

Konkurrenz im Freibad

Immerhin kostet das Ticket knapp 40 Euro. Da erliegt mancher vielleicht der Versuchung. Dabei sind sogar einige Sitzreihen leer geblieben. Immerhin bietet das „Kultur-Sommer-Quartier“ im Königsbad zeitgleich eine Fußball-Show mit den Lokalgrößen Markus Schmidt, Peter Lassner und Bernhard Lauger.

Erst als ihm ein Zuhörer eine Flasche Neder Classic reicht, die er kurzerhand in der Brauerei-Gaststätte besorgt hat, erreicht Ringlstetter auch ohne Sonnenbrille jenen Grad der Lässigkeit, der nötig ist, um sich ganz den Reggae-Rhythmen hinzugeben.

Auch die Reibeisenstimme à la Paolo Conte lässt etwas nach, was vielleicht daran liegt, dass Ringlstetter ab da auf jene oberbayerische Plörre verzichtet, die man ihm zuvor gereicht hat. Das schont die Stimmbänder. Zumal ihn die Songs über die Rettung des Stadtwaldes von Iserlohn und eine Howard Carpendale-Version eines fröhlichen Trennungsliedes an den Rand des musikalisch Erträglichen bringen. Nur seine Selbstironie rettet die Lage noch.

Als Ringlstetter nach zwei Stunden alle seine vier Gitarren beiseite gelegt hat, und die Scheinwerfer die Bühne nicht mehr in helles Licht tauchen, sieht man auf der grünen Wiese in erleichterte, entspannte, fröhliche Gesichter. Mit seiner authentischen, handgemachten, poetischen Musik hat Ringlstetter den Zuhörern Hoffnung gemacht. Die Kultur ist wieder da, und das an einem Traumplatz mitten in der Stadt. Nur hingekniet hat sich während des Konzertes niemand. Dabei wäre das durchaus angemessen gewesen.

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