So will sich Kersbach vor einem weiteren Hochwasser schützen

Patrick Schroll

stv. Redaktionsleiter Nordbayerische Nachrichten Forchheim

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21.7.2020, 06:00 Uhr
So will sich Kersbach vor einem weiteren Hochwasser schützen

Die Flut kam an diesem Annafestsamstag aus dem Graben hinter dem Kindergarten, der Hochwasser eigentlich zurückhalten sollte. Statt dessen war auch die Kita geflutet und die Brühe lief vor bis zur Baiersdorfer Straße. Aus Kanaldeckeln blubbert das Wasser hüfthoch. Keller stehen unter Wasser, Anwohner unter Schock. Der Tag vor 13 Jahren hat sich eingebrannt ins Gedächtnis der Kersbacher. Bang geht der Blick noch immer nach oben, sobald schwarze Wolken im Anmarsch sind. 

Die Kersbacher fühlen sich seit der Hochwasserkatastrophe, bei der eine 82-Jährige in Poxdorf in ihrer Kellerwohnung ertrunken ist, hilflos den Naturgewalten ausgesetzt. Auch weil seitdem zwar über ein Regenüberlaufbecken zum Schutz gesprochen wird, es aber längst nicht verwirklicht ist. Erst im März 2019 war es wieder zu viel Wasser, das von oben kam. Die Kanalisation aus den 50er Jahren ist zu schwach, um die Füße der Einwohner bei Starkregenereignissen trocken zu halten, sagt das Wasserwirtschaftsamt (WWA).

Zeitplan für Regenrückhaltebecken steht

Dabei sah es nach dem 21. Juli 2007 noch nach einer Lösung aus. Denn nur ein Jahr später, mit noch nassen Füßen und den frischen Erinnerungen an das Jahrhunderthochwasser, war ein "Integrales Hochwasserschutz- und Rückhaltekonzept" für den betroffenen Raum erarbeitet worden. Doch die Gründung eines Zweckverbandes mit den Nachbargemeinden scheiterte nach jahrelangen Verhandlungen endgültig 2012. Seitdem arbeitet Forchheim an einer eigenen Lösung. Im Juli 2019 hat sich der Stadtrat auf ein Konzept geeinigt.

Seitdem hat sich hinter den Kulissen einiges getan. Es ist kein Versprechen, sondern eine Feststellung, die Tiefbauamtsleiter Werner Schaup im Gespräch mit den Nordbayerischen Nachrichten Forchheim macht: "Wir werden nächstes Jahr mit den Bauarbeiten für das Regenrückhaltebecken starten." Kersbach scheint nach Jahren am Ziel, gleichwohl der Weg dorthin noch ein längerer ist.

So will sich Kersbach vor einem weiteren Hochwasser schützen

© Archivfoto: Ralf Rödel

Doch die Stadt befindet sich mit dem zuständigen WWA in Kronach auf der Zielgeraden. Im Moment läuft das so genannte Planfeststellungsverfahren. Das entspricht in etwa einer Baugenehmigung. In der Tasche haben will Schaup diese noch vor der politischen Sommerpause, um auf die Suche nach Firmen für die notwendigen Arbeiten gehen zu können. Im Frühjahr könnten dann die Bagger beginnen, 59.000 Kubikmeter Erde auszuheben. Rund zwei Jahre wird gebaut, so die Schätzung.

Strittig war, was mit dem Aushub passiert, während die Planungen ansonsten so umgesetzt werden, wie vom Stadtrat in der Juli-Sitzung 2019 gewünscht. Bei einer Bodenanalyse stellte sich heraus, dass die Erde mit dem giftigen Element Thallium belastet ist. "Die Werte sind nur geringfügig erhöht. Es handelt sich um eine natürliche Belastung des Bodens", sagt Günther Prem vom WWA. 

5900 mal von A nach B

Für den Transport der Muttererde müsste ein dreiachsiger Lkw mit einem Ladevolumen von zehn Kubikmetern gut 5900 mal von A nach B fahren. B befindet sich in diesem Fall direkt neben dem Becken. Am Ende wird ein neun Meter hoher Hügel in der Landschaft stehen. "Er wird so bepflanzt, dass er das Ortsbild nicht stören wird." Der kurze Transportweg spart Zeit und Kosten. "Nach ein paar Jahren wird das Becken eingewachsen und nicht mehr als technisches Bauwerk erkennbar sein", sagt Prem. Seine Funktion wird es trotzdem haben.

So wird Kersbach vor einer Flut geschützt:

  • Das Becken entsteht hinter der Kita, zwischen Poxdorfer und Kersbacher Straße. Durch dieses wird der Bach geleitet. Das Becken gibt so viel Wasser weiter, wie die Kanalisation vertragen kann. Der Rest staut sich auf. Platz ist für 59 Millionen Liter.
  • Regenrückhaltebecken sind tendenziell eine teure Schutzmaßnahme, weil sie nah am Ort stehen müssen. Dort sind die Grundstückspreise meist hoch. Die Maßnahme kostet rund fünf Millionen Euro. 65 Prozent trägt der Freistaat, den Rest die Stadt.
  • Geschützt werden die Kersbacher mit dem Bau vor einem Jahrhunderthochwasser (HQ 100), inklusive eines 15-prozentigen Aufschlags, der Auswirkungen des Klimawandels einkalkuliert. Das sei in Bayern üblich. Das Becken ist 120 mal 360 Meter groß.

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