Streitgespräch über das Kanufahren auf der Wiesent

04.08.2018, 08:00 Uhr
Streitgespräch über das Kanufahren auf der Wiesent

© Ralf Rödel

Forchheims Landrat Hermann Ulm bringt zum Gespräch seine Abteilungsleiterin Ramona Steblein und den Referatsleiter des Naturparks Fränkische Schweiz, Dieter Preu, mit zum Gespräch. Droht am Ende eine Klage? "Die Wiesent ist ein Naturschutzgebiet und kein Kajakschutzgebiet." So einfach kann das sein. Zumindest wirbt der Kreisvorsitzende des Bund Naturschutz (BN), Ulrich Buchholz, für einen besseren Schutz von Flora und Fauna in dem sensiblen Flusstal. Der aus BN-Sicht wohl wichtigste Schritt wäre eine deutliche Beschneidung der Nutzungszeiten. Erst ab 16. Juni sollten Kanus und Kajaks zu Wasser gelassen werden dürfen.

Streitgespräch über das Kanufahren auf der Wiesent

© Ralf Rödel

Daraus wird wohl nichts. Die zuständige Abteilungsleiterin des Landratsamtes, Ramona Steblein, verweist auf seit heuer gültige Genehmigung für die drei Kanuverleiher, die entlang der Wiesent tätig sind: Bis 2020 sind dort (Entleih-)Zeiten und Details genau geregelt.

Dann, so hofft Landrat Hermann Ulm, schafft ein neues bereits in Auftrag gegebenes Gutachten Klarheit: "Wir brauchen eine vernünftige und dauerhafte Lösung, die die verschiedenen Interessensgruppen berücksichtigt", sagt der CSU-Politiker.

BN-Chef Buchholz hat heute bereits Zweifel an der Aussagekraft dieses Gutachtens: Wo liegt der Maßstab für eine gute Wasserqualität? Was ist der Vergleich für einen sinnvollen Artenschutz?

Außerdem sei es schon fünf vor Zwölf: "Jedes weitere Jahr ist ein verlorenes Jahr für die Natur." Buchholz verweist darauf, dass bereits seit Jahren ökologische Schäden im Wiesenttal dokumentiert werden. "Zwei Paar Eisvögel sind nur mehr zur Brutzeit unterwegs", beklagt er einen Rückgang bedrohter Arten.

Neben einer deutlich kürzeren Kanusaison liegt für Buchholz der Schlüssel eines einigermaßen erfolgreichen Naturschutzes in regelmäßigen Kontrollen.

Streitgespräch über das Kanufahren auf der Wiesent

© Foto: B. Meyer

"Wir vom BN dokumentieren dort Verstöße, es passiert aber nichts", klagt er. Falsch, erwidert Abteilungsleiterin Steblein. Sie verweist auf die Naturschutzwacht, deren Mitarbeiter entlang der Wiesent unterwegs sind. Und sie zieht ein durchaus positives Fazit: Erst ein einziges Mal, zu Wochenbeginn, sei in dieser Saison die Polizei an die Wiesent gerufen worden — weil ein Kanufahrer die auf 17 Uhr beschränkte Befahrzeit um zwei Stunden überschritten hatte. Eine Anzeige ist die Folge.

Ein Einzelfall? BN-Sprecher Buchholz schüttelt den Kopf. Künftig, das schlägt Landrat Ulm vor, solle der BN die von ihm festgestellten Verstöße weitermelden. Ulm legt großen Wert auf den Interessensausgleich: "Wir möchten, dass die Natur sich erholen kann und dass der Mensch sich in vernünftigen Bahnen ebenfalls erholen kann."

Ob das momentan der Fall ist, daran scheiden sich die Geister: Dieter Preu vom Naturpark Fränkische Schweiz räumt ein, dass es zu den Stoßzeiten Engpässe aus dem Fluss gibt. "Durch weiter entzerrte Zeiten der Kanuverleiher wäre eine Verbesserung möglich." Rund 19 000 befahren Jahr für Jahr die Wiesent mit insgesamt 28 000 Paddlern. 70 Prozent, also die große Mehrheit, sind Mieter von Leihbooten, 30 Prozent sogenannte Allgemeingebräuchler, also private Wassersportler.

Dieser Gruppe ist schwer beizukommen, weshalb sich das Augenmerk auf die örtlichen Kanuverleiher richtet. Die Befahrbarkeit könnte übrigens bald ein zumindest vorübergehendes Ende haben: Wenn der Pegel unter 1,15 Meter Wasserhöhe fällt, ist das Befahren verboten. Noch ist das nicht passiert, angesichts der Hitzewelle aber nicht auszuschließen.

Ein dauerhafter Stopp könnte eine erfolgreiche Klage gegen das Gutachten nach sich ziehen. Auch hier gilt: Noch ist es nicht so weit — ein Kompromiss ist denkbar. Das sieht auch die Grünen-Bundestagsabgerdnete Lisa Badum so. Angesprochen auf die Wiesent erwidert sie: "Es gibt große Konflikte wie den Flächenfraß und kleine, dazu zählt das Kanufahren."

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