Wie sich Corona auf Schwangere und junge Eltern auswirkt
9.4.2021, 08:56 UhrJede Generation kämpft in dieser Corona-Pandemie mit individuellen Herausforderungen. Auch für Schwangere und Eltern von Neugeborenen ist in dieser Zeit alles anders. Weder Geburtsvorbereitung, noch Rückbildung oder Babymassage können in Präsenz stattfinden. Doch Hebammen beobachten auch Positives.
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Bei der Geburtsvorbereitung bekommen Schwangere nicht nur Tipps für die Geburt, sondern lernen auch Gleichgesinnte kennen. Doch in Corona-Zeiten finden diese Kurse online statt. Bereits im ersten Lockdown hat die Hebammenpraxis Ebermannstadt alle Kurse in den virtuellen Raum verlegt. Nur die Einzeltermine finden in Präsenz statt. Bei der Geburtsvorbereitung störe das nicht, da gehe es weniger um Körperübungen, mehr um Informationen, sagt Sabine Lindenberger. Bei Rückbildung und Beckenbodengymnastik müsse man als Hebamme aber besonders auf jede Einzelne achten, um gegebenenfalls zu korrigieren und Übungen an sich selbst zu zeigen.
"Wie isoliert"
Die Babyschwimmkurse pausieren seit Monaten. Auch die Babymassage sollte ruhen. Auf Kundinnenwunsch wurden auch diese Kurse online angeboten. "Die Mütter waren alleine zu Hause, teilweise wie isoliert", weiß Lindenberger, die nach vielen positiven Rückmeldungen mit ihren Kolleginnen überlegt, nach dem Lockdown immer einen Kurs virtuell anzubieten: "Es war für die Frauen teilweise einfacher. Sie mussten nicht fahren, brauchten keinen Babysitter für Geschwisterkinder."
Was neben den Kursinhalten für viele Mütter ebenso wichtig ist, ist der Kontakt untereinander. Da der bei Online-Kursen wegfällt, bieten die Hebammen aus Ebermannstadt den Kundinnen an, sich über WhatsApp-Gruppen auszutauschen. "Sie nutzen das Medium, um sich für einen gemeinsamen Spaziergang zu verabreden oder einfach ein wenig zu schnacken", so Lindenberger, die im ersten Lockdown beobachtet hat, dass einige Eltern eher unsicher waren, teilweise keine Präsenzbesuche der Hebammen wollten. "Jetzt sind sie entspannter geworden", so die Hebamme. "Wir kommen mit FFP2-Masken und sind schon erstgeimpft."
Babys betreut, die eine Corona-Erkrankung durchgemacht haben
Sie habe auch Babys betreut, die eine Corona-Erkrankung durchgemacht haben. "Sie hatten durchweg unkomplizierte Verläufe, aber die Babys können das Virus natürlich übertragen." Deshalb haben sich die Hebammen aus Ebermannstadt dazu entschieden, Frauen in Quarantäne nicht zu besuchen, sondern alternativ telefonische Beratungen und Videochats anzubieten. "Das verstehen leider nicht alle Frauen, aber wir müssten in Vollschutz kommen und wir tragen eine Verantwortung für uns, unsere Familien und alle unsere Patientinnen."
Einige Frauen mussten im ersten Lockdown die Geburt ohne die Unterstützung des Partners durchmachen, da die Männer kurzfristig aus den Kreißsälen verbannt worden sind. Mittlerweile handhaben die Kliniken es unterschiedlich: Meist dürfen die Väter mit in den Kreißsaal, in einigen Krankenhäusern dürfen sie anschließend – wie andere Besucher auch – nicht zu Besuch auf Station kommen. "Die Frauen brauchen ihre Männer über die gesamte Zeit der Geburt als mentale Stütze", begrüßt Sabine Lindenberger die Praxis wie im Klinikum Forchheim, wo die Väter immer bei der Geburt dabei sein konnten.
Weniger Kontakte
Neben den Besuchen in der Klinik haben die jungen Eltern auch in den ersten Wochen nach der Geburt weniger Besucher zu Hause. "Meine Wöchnerinnen sind dadurch alle entspannter", resümiert Lindenberger, die seit 2001 als Hebamme arbeitet. "Weniger Kontakte tun den Frauen gut, die Bindung zum Kind ist besser, das Stillen klappt besser, auch die Bindung als Paar ist häufig positiver."
Einige Väter seien im Homeoffice zudem greifbarer. Viele Familien hätten jetzt keine Bedenken, dem Besuch abzusagen, da man das auf die Pandemie schieben könne. "Ich würde mir wünschen, dass die Frauen das für die nächste Schwangerschaft mitnehmen."
Hebamme als einziger Kontakt nach außen: Gesprächsbedarf höher
Durch die reduzierten Kontakte sei zu beobachten, dass der Gesprächsbedarf bei Hausbesuchen teilweise höher sei, da die Hebamme teilweise der einzige Kontakt nach außen ist. Sabine Lindenberger beobachtet außerdem, dass die Kinder Mimik durch die Masken anders wahrnehmen. "Früher war es einfacher, ein Kind zum Lachen zu bringen. Da hat man ein Baby angelächelt und es strahlte wie ein Honigkuchenpferd zurück, weil es die Mimik nachahmt", sagt Lindenberger.
Nadine Hemme, die als Kinderkrankenschwester in Erlangen arbeitet, beobachtet, dass einige Babys auf Lautstärke anders reagieren. "Klassische menschliche Unterhaltungen mit mehreren Menschen überfordert einige schon", berichtet die 39-Jährige, die beobachtet, dass die Säuglinge häufig länger bräuchten, um den Krankenschwestern zu vertrauen. Auch weil durch die Masken viel Mimik verloren geht.
Eigenes Baby Spa statt Babyschwimmen im Königsbad
Nadine Hemme hat seit Jahren im Forchheimer Königsbad Babyschwimmen und Baby-Sauna angeboten. Als das wegen Corona nicht mehr möglich war, reifte im Sommer die Idee, im Schloss Pretzfeld, in dem sie 2018 einen Kursraum eingerichtet hat, ein eigenes "Baby Spa" zu bauen.
Im Dezember fing sie mit ihrem Mann an und renovierte ehemalige Kellerräume, die ebenerdig zugänglich sind. Neben Massage und Floatingtherapie (Baden in einer kleinen Badewanne mit einer Schwimmhilfe um den Hals) bietet sie seit wenigen Wochen Baby-Sauna an und betreut jeweils nur eine Familie intensiv und individuell.
Gut für die Haut, vor allem bei Neurodermitis
Mit der finnischen Sauna ist dieses Angebot deutschlandweit einzigartig. "Die Sauna tut der Haut Gutes, vor allem bei Krankheiten wie Neurodermitis", erklärt die examinierte Kinderkrankenschwester. "Zudem ist es ein sanftes Ganzkörpertraining, gut für die Lungen, regt Kreislauf und Durchblutung an und hilft vorbeugend bei Bronchialerkrankungen."
Für die Neugeborenen fühlt es sich in dem Sauna-Raum, der bewusst in dunklen Farben mit gedimmtem Licht gehalten ist, an wie in einer Höhle – ähnlich dem Bauch der Mama. Lediglich 10 bis 15 Minuten bei 65 Grad dauert der Sauna-Besuch. Begleitend dazu gibt es das Floating: In der Therapiewanne mit Glasscheibe könne sie die Motorik des Babys gut beobachten und fördern, erklärt die Entspannungstherapeutin und Baby-Schwimmtrainerin. Die Therapie helfe dabei, Muskulatur aufzubauen, Stress abzubauen und Ängste zu bewältigen.
Gleichgesinnte gefunden
Auch die neun Monate alte Amelie besucht den "Schlosstraum Pretzfeld", in dem sich Babys fühlen dürfen wie kleine König/innen. Bettina und Andreas Lindenberger aus Hausen sind seit Juni Eltern der kleinen Strahlemaus. Sie hatten Glück: Durch die Lockerungen im Sommer waren viele Angebote wie Babyschwimmen oder "Erste Hilfe am Kind" nach der Geburt möglich.
Dennoch fehlten anfangs die Kontakte zu anderen Eltern. "Ich habe über Facebook zum Glück zwei Frauen gefunden, mit den Familien treffen wir uns jetzt einzeln regelmäßig", so Bettina Lindenberger, die bedauert, dass Angebote wie eine Krabbelgruppe aktuell nicht möglich sind.
Auch im "Schlosstraum Pretzfeld" finden sonst diverse Kurse unterschiedlicher Trainerinnen statt – vom Schwangeren-Yoga über Musikgarten bis hin zu "Fitness mit Baby". Acht Monate habe sie 2020 keine Angebote machen können, sagt Nadine Hemme, die mit ihren Kolleginnen hofft, im Sommer wieder Kurse im Schlossgarten anbieten zu können. Bis dahin setzt sie auf kleine Auszeiten vom Alltag für Familien im "Baby-Spa".
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