Fall fürs Gericht 

Fränkische Portugal-Urlauber schockiert: Ministerium pocht auf Quarantäne

Elke Graßer-Reitzner

Lokalredaktion Nürnberg und Rechercheteam

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19.7.2021, 15:11 Uhr
Entspannt in der Sonne am Cais do Sodre, einem der meistbesuchten Touristenorte in Lissabon. Portugal-Urlauber kämpfen derzeit mit sich ändernden Vorgaben für Reiserückkehrer. In einem Fall müssen jetzt Gerichte entscheiden.

© Edson De Souza, dpa Entspannt in der Sonne am Cais do Sodre, einem der meistbesuchten Touristenorte in Lissabon. Portugal-Urlauber kämpfen derzeit mit sich ändernden Vorgaben für Reiserückkehrer. In einem Fall müssen jetzt Gerichte entscheiden.

Ein Ehepaar aus dem Landkreis Roth soll nach einem Portugal-Urlaub zwei Wochen in Quarantäne bleiben, obwohl die Bundesrepublik diese Pflicht nach Reisen dorthin bereits wieder abgeschafft hat. Mit der kuriosen Angelegenheit muss sich nun sogar der bayerische Verwaltungsgerichtshof in München befassen, denn das Gesundheitsministerium pocht auf die penible Einhaltung juristischer Vorgaben - die heute gar nicht mehr gelten.

Endlich Urlaub! Herbert und Marianne Meier aus dem Landkreis Roth flogen am 20. Juni nach einem harten Jahr Ende Juni für zwei Wochen nach Portugal, zu einer Zeit, in der die Bundesregierung keine Bedenken gegen Reisen in dieses Land geäußert hatte. Doch während sie sich bei Sonne, Sand und Meer erholten, änderte sich das.

Am 29. Juni stufte die Regierung Portugal als "Virusvariantengebiet" ein, mit der Folge, dass Reisende aus diesem Gebiet in Deutschland zur "Absonderung", also der zweiwöchigen Quarantäne, verpflichtet sind.

Als die Meiers, die eigentlich anders heißen, aber ihren Namen hier nicht lesen wollen, am 4. Juli wieder im heimischen Landkreis Roth eintrafen, galt die Maßgabe. Jedoch nicht mehr lange. Denn bereits am folgenden Tag kündigte die Bundesregierung an, Portugal in ein "Hochinzidenzgebiet" zurückzustufen.

Bundespolizisten kontrollieren an den Flughäfen die Dokumente der Passagiere aus den Urlaubsländern. Negative PCR-Tests und Impfausweise müssen vorliegen.

Bundespolizisten kontrollieren an den Flughäfen die Dokumente der Passagiere aus den Urlaubsländern. Negative PCR-Tests und Impfausweise müssen vorliegen. © Boris Roessler/dpa, NNZ

Herbert Meier wunderte sich ein wenig über diese Entwicklung, denn "während unseres Aufenthalts sind die Inzidenzwerte in Portugal deutlich angestiegen", wie er berichtet. Gleichzeitig freute er sich, dass ihm und seiner Frau nun die Quarantäne wohl erspart bleiben würde.

Beide sind doppelt gegen Corona geimpft und haben bei der Rückreise negative PCR-Tests vorgelegt, die die Polizei am Münchner Flughafen genauestens kontrollierte. Alles im Lot, dachten sich die Meiers. Bis sich am 6. Juli das Gesundheitsamt am Landratsamt Roth bei den Meiers telefonisch meldete und darauf hinwies, dass das Ehepaar nun 14 Tage lang ihre Wohnung nicht verlassen dürfe.

Schließlich habe am Tag ihrer Rückreise die Absonderungspflicht noch gegolten, die Aufhebung der Verordnung wurde erst am 7. Juli wirksam. Herbert Meier erboste sich sehr über diese "überzogene Maßnahme", und weil er die Vorgabe nicht einsehen wollte, wie er der Mitarbeiterin am Telefon sagte, bekam er auch gleich Besuch von der Polizei. Die Beamten überzeugten sich davon, dass das Ehepaar Meier auch wirklich ihre vier Wände nicht verlassen wollte.

"Es war ein freundlicher Besuch der Polizei", versichert Stefan Holzapfel, Leiter des Infektionsschutzes im Gesundheitsamt. Doch man müsse kontrollieren, ob die Vorgaben eingehalten würden. Wer sich bis zu zehn Tage vor der Rückreise in einem Virusvariantengebiet aufgehalten habe, sei verpflichtet, in Quarantäne zu gehen. Für die Meiers gelte dies, auch wenn drei Tage später die Pflicht entfallen sei.

Das Verwaltungsgericht in Ansbach, das das Ehepaar Meier in seiner Verzweiflung angerufen hatte, sieht die Sache allerdings anders. In einer einstweiligen Verfügung hat es die Meiers von der Absonderungspflicht freigestellt. Die Richter nennen in einer ausführlichen Begründung "Zweifel an der Verhältnismäßigkeit".

Eine Einzelfallentscheidung?

Zudem stellten sie die Frage, ob nicht "Raum für etwaige Einzelfallentscheidungen geschaffen werden müsste". Denn sowohl die Ausweisung Portugals als Virusvariantengebiet als auch die Rückstufung sei innerhalb einer Woche erfolgt, die Interessen der Meiers würden deshalb überwiegen.

Während das Rother Gesundheitsamt die Sache mit einer ausführlichen Stellungnahme auf sich beruhen lassen wollte, legte das bayerische Gesundheitsministerium als beklagte Behörde Beschwerde gegen den Ansbacher Beschluss ein.

Die Angelegenheit liegt nun beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in München. Maßgeblich für eine Quarantänepflicht sei "allein der Zeitpunkt der Einreise", argumentiert das Ministerium. Und die gelte nun mal für die Meiers.

"Wir sind schlicht zwei Tage zu früh heimgekommen", seufzt Herbert Meier. Wären er und seine Frau erst am 6. Juli in München gelandet, wäre ihnen der ganze Zirkus erspart geblieben. Der VGH in München hat zwar noch kein Urteil in ihrer Angelegenheit gefällt, doch die Meiers verlassen am Montag wieder das Haus. So oder so: Denn am Sonntag, 18. Juli, läuft ihre Quarantäne aus.

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