Ordnungsgeld von 250.000 Euro droht
Fränkischer Bauunternehmer bezeichnet Transsexuelle als "Lachnummern"
1.7.2021, 17:56 UhrSchockbilder auf Zigarettenschachteln sollen die Lust am Rauchen nehmen – Klaus-Peter Weber, Bauunternehmer aus Schwarzenbruck, benutzt die Warnhinweise, um zu beleidigen. "Hallo Meinung" nennt sich seine Internetseite, er will eine "Gesellschaft für freies Denken und politische Einflussnahme".
So äußert er sich über Migrationspolitik, Corona und die Bundesregierung und in einem Video widmet er sich der europäischen Wirtschaftspolitik.
In diesem Clip blendet er auch ein Foto ein, das mit dem Thema Wirtschaftspolitik nichts zu tun hat, doch belegt, an welcher Stelle sein freies Denken endet.
Die Aufnahme zeigt fünf Frauen, Weber bezeichnet sie als "absolute Lachnummern", ihr Aussehen passe "auf ne Kippenschachtel als Warnhinweis".
Schmähkritik ist keine Meinung
Das Amtsgericht Hersbruck hat Weber dafür Ende April wegen Beleidigung zu 3200 Euro Geldstrafe verurteilt, schließlich markiert Schmähkritik die Grenze der Meinungsfreiheit. Rechtskräftig ist das Urteil noch nicht, Weber kündigte damals an, falls nötig, bis zum Bundesgerichtshof zu ziehen.
Regenbogen-Aufschrei: Nur ein Lippenbekenntnis?
Nun glänzt er im Landgericht Nürnberg-Fürth mit Abwesenheit: Dort wird der Streit parallel als Zivilsache geführt, denn Jeanne Riedel und Tessa Ganserer, beide sind auf dem Foto zu sehen, lassen sich Webers Kränkungen nicht bieten.
Tatsächlich hatte er das Video nach der strafrechtlichen Verurteilung zunächst nicht von der Internetseite entfernt – und seine verbale Entgleisung als eine Art politisches Statement verteidigt. Er habe die Personen für Politikerinnen gehalten und diese müssten sich schließlich mehr gefallen lassen, als der Bürger, der nicht in der Öffentlichkeit steht.
Falsche Tatsachen behauptet
Tatsächlich wurden die fünf Personen im Februar 2019 nur im Landtag fotografiert, im Hintergrund ist ein Transparent von Bündnis 90/Die Grünen zu sehen, doch Abgeordnete ist nur eine von ihnen. Damals gaben vier Mitglieder der "Deutschen Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität e.V." gemeinsam mit Tessa Ganserer eine Pressekonferenz, der Verein stellte das Foto auf seine Homepage. Kurz vorher hatte sich Ganserer, die für die Grünen in den Landtag gewählt wurde, geoutet. Seither macht sie als erste Transfrau Politik und steht im Kleid statt im Anzug am Redepult.
250.000 Euro Ordnungsgeld
Ein offener Umgang. Sie habe sich all dies nicht ausgesucht, sagt Tessa Ganserer heute, nach Jahren des Haderns wagte sie sich in die Öffentlichkeit.
Diesen Schritt halten andere Menschen offenbar nur schwer aus. So kopierte ein bayerischer AfD-Abgeordneter das Foto, schickte es per Facebook weiter, versehen mit Beleidigungen und der Behauptung "das sind die Grünen im bayerischen Landtag. . . und nein: Das ist kein Scherz."
"Wie alle. Nur anders." Nürnbergerin schreibt über ihre Identitätsfindung
Weber, der auch immer wieder öffentlich-rechtliche Medien kritisiert, übernahm das Bild auf "Hallo Meinung" ungeprüft. Doch auch falsche Tatsachenbehauptungen begrenzen die Meinungsfreiheit.
So fällt das Urteil klar aus: Zeigt er Foto und Text erneut, muss er mit 250.000 Euro Ordnungsgeld oder mit bis zu sechs Monaten Ersatzfreiheitsstrafe rechnen. In Unterlassungsverfahren ist diese Drohung üblich. Für eine Stellungnahme war Weber von der Redaktion nicht erreichbar.
13 Kommentare
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich vorher registrieren.
0/1000 Zeichen