Balanceakt über dem Abgrund

13.11.2011, 10:00 Uhr
Balanceakt über dem Abgrund

© Joachim Sobczyk

Im authentischen Outfit mit Perlenkette und gewelltem Haar bot die Sängerin und Schauspielerin Alexandra Völkl zusammen mit dem Pianisten Sören Balendat einen Blick hinter die Kulissen einstiger Musikpraxis. Dabei stellte sie die Lieder und Lebenswege der Künstlerinnen und Künstler in einen zeitgeschichtlichen Kontext.

Wer kennt sie nicht, die heiter-beschwingten oder hoffnungslos romantischen Chansons der 30er und 40er Jahre? Lieder wie „Davon geht die Welt nicht unter“, „Haben Sie schon mal im Dunkeln geküsst“ oder „Lili Marlen“. Die Schicksale der Künstlerinnen und Künstler vor und während der Zeit des Nationalsozialismus zeigen jedoch, dass der fröhliche Klang ihrer Lieder trügt.

„Heitere Kunst in ernster Zeit“ lautete die Parole des Propagandaministers Goebbels: „Wettbewerbe für optimistische Schlager“ wurden im Rundfunk ausgeschrieben, zahlreiche Lieder zu Propagandazwecken vereinnahmt. Gleichzeitig wurden viele der bedeutendsten Sänger, Komponisten und Textdichter verfolgt, deportiert und umgebracht.

Manche Künstler versuchten, ihre Karriere in Nazideutschland fortzusetzen — andere gingen freiwillig ins Exil.

Im stilvollen Ambiente des gut besuchten Fürther Logenhauses führte Völkl als Sängerin wie als Schauspielerin das Publikum auf kleiner Bühne, nur begleitet vom Piano, durch die Musikgeschichte des „Dritten Reiches“. Große Namen wie Zarah Leander, Friedrich Hollaender, Marlene Dietrich, Bruno Balz, wurden aufgeführt. Abstammung und Veranlagung entschieden über ihren Erfolg oder Verfolgung und Diffamierung. Die Künstlerin zeigt dem Publikum die Ironie der Lieder, die mit ihrer Fröhlichkeit den krassen Gegensatz zum Alltag besangen, aber auch Hoffnung und Zuversicht verbreiteten.

Musik als Köder

Der Köder, den die Machthaber einer dunklen Epoche auslegten, war Musik, die auch heute noch in den Ohren klingt. Mit Alexandra Völkl, die mit ihren Chansonprogrammen seit sieben Jahren auf diversen Kleinkunstbühnen und bei Kulturevents gastiert, hat sich eine ausdrucksvolle Künstlerin gefunden, die dieses Thema kenntnisreich und mit Feingefühl auslotet.

Begleitet wurde Alexandra Völkl vom Jazzpianisten und Musikpädagogen Sören Balendat, der bei vielfältigen Musikprojekten im Raum Nürnberg tätig ist. Er tritt in Rundfunk und Fernsehen als Solopianist und Begleiter auf. Als gefragter Musikpädagoge und Dozent bei Workshops, unterrichtet er unter anderem an der Hochschule für Musik in Nürnberg.

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