Mensch und Insekt kooperieren

Bauer, Biene und Ölmühle: Eine perfekte Symbiose im Fürther Land

Sabine Dietz

Lokalredaktion Fürth

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30.5.2021, 13:00 Uhr
Bauer, Biene und Ölmühle: Eine perfekte Symbiose im Fürther Land

© Thomas Scherer

Bei der Frühsommertracht aus dem Nektar von Kirschblüte, Löwenzahn und vor allem Raps rechnet Bernd Usler, Imker aus Roßtal-Weitersdorf, heuer mit einer Honigernte, die gegen null geht. Das wenige, das die Bienen eintragen konnten, verbrauchen sie bei den aktuell kühlen Temperaturen selbst. Die Waben sind so leer, dass mancher Imker schon begonnen hat, seine Völker zu füttern. Anfang der 80er Jahre, erinnern sich alte Hasen der Imkerei, ist das zuletzt vorgekommen.

Effektive Bestäuber

Was aber nichts an der Bestäubungsleistung der fleißigen Insekten ändert. Passt das Wetter, können die Bienen zu Höchstform auflaufen. 30 seiner insgesamt 60 Völker hat Usler an dem zwölf Hektar großen Rapsacker bei Kastenreuth platziert. Angebaut hat die Ölfrucht der hier ansässige Landwirt Georg Lämmermann. Er profitiert von den Bienen: Im Schnitt 20 Prozent mehr Ertrag liefern Rapsfelder, wenn sie im Aktionsradius von Bienen liegen, sagt Nikolaus Ehnis, Fachberater für Pflanzenbau am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Fürth.

Lämmermann baut insgesamt 35 Hektar Raps an, unter anderem in Roth und Schwabach. Seine Ernte liefert er wie etliche andere Landwirte aus der Gegend an die Rangau Rapsöl GmbH (RRÖ) in Raitersaich, deren Vorstandsvorsitzender er ist. So schließt sich der Kreis: "Regionaler", sagt RRÖ-Geschäftsführer Rainer Tiefel, "geht ein Wirtschaftskreislauf gar nicht." Um auf die Symbiose von Bienen, Rapsanbauern und Ölmühle aufmerksam zu machen, hat er zum Vor-Ort-Termin nach Kastenreuth gebeten.

Von wegen Rapsöl statt Diesel

Die Rapsölmühle, auf halber Strecke an der Straße zwischen Raitersaich und Buchschwabach gelegen, ging vor 15 Jahren mit 91 Gesellschaftern – Bauern, Ökoaktivisten und Privatleuten auch über den Fürther Landkreis hinaus – an den Start, um der Landwirtschaft vor Ort den regenerativen Energiemarkt zu erschließen. Die Gesellschafter finanzierten die erforderliche Technik.

Das Projekt hätte sich zur Goldgrube entwickeln können, wäre die Rechnung mit "Rapsöl statt Diesel" aufgegangen. Doch dann verlangte der Gesetzgeber ab 2009 für Biodiesel, als das Rapsöl lukrativen Absatz für Verbrennungsmotoren versprach, Steuern. Etliche Ölmühlen haben das nicht überlebt. Auch um das ökologische Vorzeigeprojekt der Rapsölmühle in Raitersaich ist es still geworden.

Feldfrucht für Spezialisten

Zeitgleich ist der Rapsanbau massiv rückläufig: 2001 wurden noch etwa 1400 Hektar Raps im Landkreis Fürth angebaut, aktuell sind es nur noch 570 Hektar, sagt Pflanzenbauberater Ehnis. im Gegensatz zu allen anderen Feldfrüchten braucht er mit bis zu acht Bearbeitungsschritten, bis er Ende Juli gedroschen werden kann, weit mehr Pflege als andere Kulturen. "Das ist Arbeit für Spezialisten", so Ehnis. Allerdings ist Raps bei der Fruchtfolge ein geschätzter Partner, er wurzelt tief und bricht den Boden auf, davon profitiert die Folgekultur.

Doch die Zeiten, als die Raitersaicher Ölmühle einen Ölmüller in Vollzeit beschäftigte, sind längst vorbei. Die Auslastung ist auf 25 Prozent der vielversprechenden Anfangsjahre heruntergefahren. Etwa 600 Tonnen werden nun zu Speise- und Futteröl (zur Beimischung auf dem Futtertisch von Rindern) jedes Jahr verarbeitet, der Umsatz liegt bei zirka 300 000 Euro. Genug, um eine schwarze Null zu schreiben, "verdient aber ist mit der Ölmühle nichts", sagt Tiefel.

Lauter Idealisten

Die Menschen, die hinter der Ölmühle stehen, bezeichnet Tiefel als Idealisten. Abgefüllt wird das Öl ehrenamtlich und händisch, "eine Abfüllanlage könnten wir uns gar nicht leisten", so Tiefel. Und die Lieferung an Wiederverkäufer – Edeka Peipp in Roßtal beispielsweise oder zig Hofläden in der Region – übernehmen Gesellschafter so nebenbei. "Da schreibt keiner seine gefahrenen Kilometer auf."

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