Bestnoten und trotzdem ausgebremst
08.06.2011, 13:00 Uhr
Das gab es noch nie. 61 Spitzenschüler aus Mittelfranken wurden abgewiesen, darunter drei von 15 aus Stadt und Landkreis Fürth: Stefanie Welters Gefühle fahren zurzeit Achterbahn. Am Freitag war die Hardenberg-Absolventin überglücklich. Sie hatte ihren Notenschnitt erfahren: 1,2. Für die 18-Jährige war es damit nur noch eine Formsache, dass sie bald die nächste Hürde in Angriff nehmen würde: die „MB-Prüfung“.
Nach dem Bayerischen Eliteförderungsgesetz können sich Bayerns beste Abiturienten, wenn sie von ihrer Schule vorgeschlagen werden, Prüfungen für besonders Begabte unterziehen. Weil die beim Ministerialbeauftragten des Bezirks stattfinden, werden sie auch MB-Prüfungen genannt. Diese laufen noch bis Freitag. In fünf Unterrichtsfächern müssen die jungen Männer und Frauen Hervorragendes leisten. Wer besteht, wird als Student vom Staat ideell und finanziell gefördert. So erhalten die Stipendiaten 480 Euro pro Semester und auf Antrag, Zuschüsse zu einem Auslandsaufenthalt.
Ursprünglich habe es geheißen, sagt Welter, dass man mit einem Abischnitt zwischen 1,0 und 1,3 in die MB-Prüfung komme. Plötzlich aber sei die Rede von Zulassungsbeschränkungen gewesen. Herbert Räbel, Oberstufenkoordinator am Hardenberg, bestätigt das. Am Montag, sagt er, sei eine „neue, willkürliche Grenze aufgetaucht“. 812 von maximal erreichbaren 900 Leistungspunkten in zwei Jahren Unterricht plus Abiturprüfung sollten die Kandidaten auf einmal haben. Welter liegt knapp darunter. Am Montag erfuhr sie, dass sie keine Chance bekommt.
Ralph Frisch ist in Nürnberg Mitarbeiter des Ministerialbeauftragten für Mittelfranken, Joachim Leisgang, und er organisiert hier die MB-Prüfungen. Frisch bedauert, dass er Welter und 60 andere Spitzenschüler abweisen musste. Als Grund nennt er einen Passus im Gesetzestext, der bisher „noch nie“ zur Anwendung kam und den die Verantwortlichen an den Schulen deshalb wohl „nicht im Fokus hatten“. Die Stelle besage, dass es im Vorfeld der Prüfung eine Zulassungsbeschränkung geben könne, wenn es bayernweit mehr als dreimal so viele Bewerber wie Förderplätze gebe.
Laut Frisch stehen für G8-Absolventen heuer 190 Plätze zur Verfügung. Fast so viele Kandidaten aber habe es nach der ersten vorläufigen Anmeldung allein in Mittelfranken gegeben. Soll heißen: Das Ministerium wurde von Abiturienten mit 1a-Noten förmlich überrollt und hatte folglich ein Problem. Frisch: „Es wäre uns organisatorisch gar nicht möglich gewesen, so viele Kandidaten zu prüfen.“ Da erfahrungsgemäß die Hälfte aller Bewerber bestehe, hätte man hinterher sehr vielen jungen Leuten absagen müssen. „Das hätte den Frust nur nach hinten verschoben.“ Frisch betont in diesem Zusammenhang allerdings, dass es die Punktehürde, die bei den Vorab-Absagen zur Anwendung kam, „schon immer gegeben hat“. Nur habe sie in den vergangenen Jahrzehnten nie eine Rolle gespielt.
Stefanie Welter, die im Herbst ein Sprachstudium aufnehmen will, ist jetzt erst einmal enttäuscht. Wegen der verlockenden Aussicht auf das Stipendium, sagt sie, habe sie sich beim Lernen besonders angestrengt. Und selbst wenn sie die MB-Prüfung nicht bestanden hätte: Die Bestätigung, dass sie in der Auswahl der Eliteförderung war, hätte sie schon gern für ihren Lebenslauf gehabt.
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