«Da geht es doch nur ums Geld»

12.11.2009, 00:00 Uhr
«Da geht es doch nur ums Geld»

© Thomas Scherer

Wie war es am Samstagabend in der Arena?

Hopf: Ich besuche keine solchen Kämpfe, denn ich halte nicht viel vom Profiboxen. Zeit hätte ich ohnehin nicht gehabt, denn ich habe als Lehrwart im Bayerischen Amateur-Boxverband eine Trainerausbildung gehalten.

Retzer: Ich habe den Kampf gesehen und mich gefreut, dass der russische Tanzbär endlich weg ist. Aber das hat mit unserem Boxen eigentlich nicht viel zu tun.

Warum nicht?

Hopf: Das sind zwei Welten. Dort geht es um die Show und vor allen Dingen ums Geld. Beim Amateurboxen spielen die Ausbildung und der Schutz des Athleten eine wesentliche Rolle.

Kinder und Jugendliche brauchen aber doch Vorbilder im Sport. Taugen Profi-Boxer dafür nicht?

Hopf: Natürlich sollte man Vorbilder haben. Aber im Profiboxen? Da fällt mir spontan vielleicht Felix Sturm ein, ansonsten würde ich hier ein großes Fragezeichen setzen.

Retzer: Welche Mutter schickt ihren Sohn oder ihre Tochter in den Verein zum Boxen, wenn sie im Fernsehen sieht, wie Artur Abraham blutend, mit gebrochenem Kiefer neun Runden im Ring steht? Aber «The Show must go on», denn es geht wie gesagt ums Geld und nur ums Geld. Ganz abgesehen davon müssen wir den Jungs dann auch noch die Flausen austreiben, wenn sie glauben, sie könnten, wie so mancher Profi, ohne Deckung im Ring herumhampeln.

Trotzdem scheint Boxen «in» zu sein. Vergangenes Jahr mussten Sie in Stein sogar einen Aufnahmestopp verhängen. Wie sieht es aktuell aus?

Hopf: Den Aufnahmestopp gibt es nicht mehr, der Andrang ist aber immer noch groß. Wir haben die Trainingszeiten entzerrt. Denn wenn wir 40 bis 50 Sportler in der Halle an der Mühlstraße haben, ist die Kapazität erschöpft. Außerdem sollen sich unsere fünf Trainer vernünftig um die Athleten kümmern können, die Boxen als Wettkampfsport ausüben wollen.

Ist es richtig, dass viele nur trainieren, aber nicht kämpfen wollen?

Hopf: Wir sind ganz klar ein Boxverein und wollen Kämpfe bestreiten. Darauf liegt unser Schwerpunkt.

Retzer: Spätestens im Ring trennt sich die Spreu vom Weizen. Das ist eben nicht wie beim Fußball, wo noch zehn Mann mit im Team stehen, da bin ich alleine. Wer Fitness-Boxen will, kann das in Studios tun, wie ich beispielsweise auch welche betreibe.

Warum sollte ich mein Kind in den Verein zum Boxen schicken?

Retzer: Boxtraining vermittelt nicht nur körperliche Fitness, sondern auch koordinative Fähigkeiten. Das Problem mit Kindern, die keine Purzelbäume schlagen können, ist ja bekannt. Außerdem wird das Selbstbewusstsein gestärkt und das Durchsetzungsvermögen.

Das klingt nach Problemlösung mit den Fäusten.

Retzer: Auf keinen Fall. Man darf sich nicht mit Prügeleien durchsetzen. Wer aber selbstbewusst auftritt, hat so etwas in der Regel nicht nötig.

Dass in Vereinen wie Schwabach, dem 1. FCN oder in Stein gute Arbeit gemacht wird, zeigen Namen wie Artur Abraham, die Matern-Brüder oder Steven Maleika.

Hopf: Das stimmt. Artur Matern ist Profi geworden und hält immer noch Kontakt zu seinem Entdecker und langjährigen Trainer Alfred Hörauf, der auch in Stein unsere Athleten betreut.

Sportliche Vergleichskämpfe mit Mannschaften finden gern in Kärwa-Zelten statt, ist ein Liga-Betrieb mit einer Staffel nicht zu realisieren?

Hopf: Man bräuchte acht Athleten bei den Männern, das heißt über 18 Jahre alt. In Stein kämen wir mit sechs aus. Aber das zu bezahlen, ist illusionär, so etwas kann sich kein Verein leisten. Nach einer Saison wäre man total überschuldet und müsste die Türen zusperren.

Ihren Namen, Herr Hopf, verband man über lange Jahre mit dem 1. FC Nürnberg, wo Sie Ihre sportlichen Erfolge gefeiert haben und auch als Trainer tätig waren. Wie kommen Sie nach Stein?

Hopf: Vor rund neun Jahren gab es Differenzen beim Box-Club, aber das ist Schnee von gestern. Ich bin damals weg, habe mich auf meine Verbandstätigkeit als Landestrainer und Lehrwart konzentriert und war vereinslos. Vor einiger Zeit wurde ich von Stein angesprochen, und weil ein Abteilungsleiter gesucht wurde, habe ich das übernommen. Mit den Leuten vom FCN verstehe ich mich längst wieder gut. Wir helfen zusammen und leihen uns Kämpfer aus. Angesichts der im Vergleich zu früher gesunkenen Leistungsdichte in der Region können wir uns Rivalitäten auch gar nicht mehr erlauben. Interview: HARALD EHM