Dem Offbeat verfallen
12.07.2011, 14:00 Uhr
Als sich die letzten Sonnenstrahlen ihren Weg durch die Baumkronen bahnen, macht der nahezu menschenleere Kirchenplatz noch nicht den Eindruck, Teil jener Sause zu sein, die als Publikumsmagnet im Kalender der Kleeblattstadt anzusehen ist. Doch als am Freitagabend um kurz nach 19 Uhr der Fünfer von Peace Power ohne große Ankündigung auch hier das Fürth Festival einläutet, füllt sich zunehmend der idyllischste Bühnenplatz des Open-Air-Events.
Mit der frisch zusammengewürfelten Truppe hat sich Schlagzeuger Stefan Seegel zu seinem 20. Bühnenjubiläum selbst beschenkt. Die Band bedient sich bei Jazz- und Funkgrößen wie Fred Wesley (mit dem namensgebenden Song „Peace Power") aus Alabama und Earth, Wind & Fire („Runnin’'") aus Chicago und legt einen schnörkellosen Auftritt hin.
Ob sich die Funkateers mit der „Friedensmacht" in Sachen Liedauswahl absprechen mussten ? Immerhin findet sich der eine oder andere Künstler, denen auch die Funkateers mit gecoverten Stücken huldigen, im Repertoire beider Bands. Nach anfänglichen Soundschwierigkeiten entfaltet sich der Funk- und Soulmix von den Funkateers (plus Gastmusiker) bei Nummern wie Abbas „Gimme gimme gimme" oder „Streetlife" von The Crusaders zu einer tanzbaren Groovemaschine.
Drei Gesangsmikrofone waren auf der vollbesetzten Auftrittsfläche unter der rotierenden Discokugel zwar zwei zuviel, denn lediglich die charismatische Sängerin Stephanie Pop, die ebenso wie Daniela Kurz seit zwei Jahren konstant zur Besetzung gehört und mit ihrem farbenfroh schillernden Kleid auch optisch hervorsticht, versprüht mit ihrer soulig-weichen Stimme Ausstrahlung. Dennoch können die Nürnberger mit ihrer kraftvollen Umsetzung von Fremdkompositionen alle Anwesenden überzeugen, auch beim kurzzeitig einsetzenden Regen auf dem Kirchenplatz zu verbleiben und der gutklassigen Darbietung bis zum Schluss ihre Ohren zu leihen.
„Schuld war nur der Bossa Nova“, sang, sehr lang ist es her, Manuela. Keine Sorge, mit diesem Schlager hat die Musik von Yara Linss nichts gemein. Schuld ist der Bossa Nova höchstens daran, dass die in Sao Paulo geborene Jazzsängerin sich vom klassischen Gesang entfernt und zu den Wurzeln ihrer brasilianischen Heimat gefunden hat.
Ihre lyrisch durchwirkte, gleichzeitig temperamentvolle und mitreißende Musik ist inspiriert von den großen Bossa-Nova-Sängern ihrer Heimat, durchsetzt mit jazzigen Motiven. Zusammen mit ihren Bandmitgliedern Silke Fell (Gitarre), Maike Hilbig (Bass) und Lizzy Scharnofske an den Drums schmeichelt sie sich mit ihrer berührenden Stimme in die Herzen und Ohren der zahlreich verweilenden Zuschauer am Kirchenplatz. Linss singt zwar viele ihrer meist selbstgeschriebenen Songs auch in Englisch oder Spanisch, doch ihre eigentliche Heimat ist und bleiben das Portugiesische und die Lieder ihres Heimatlandes, auch wenn sie in Deutschland aufgewachsen und nach dem Studium in Nürnberg hier hängengeblieben ist.
Südamerikanisch geht es weiter auf der Bühne der Szene Fürth. So lyrisch wie Yara Linss ist die temperamentvolle Groove-Band von YAPIandFREY keineswegs. „Dem Offbeat verfallen“ ist die musikalisch-subtropische Truppe um Bandleader Gilley Yapi — und in der Tat, hier schlagen die Funken von der Bühne zum Publikum.
Dominik Frey (Percussions), Christopher Colaco (Keys), Titus Lesczynizky am Bass, Katja Heinrich am Saxofon und natürlich Sänger und Gitarrist Yapi beherrschen nicht nur hervorragend ihre Instrumente, sondern verstehen es mühelos, ihr Publikum zu begeistern. Ihre Musik ist mitreißend und zum Tanzen verführend, und so lassen sich die Festival-Zuschauer auch nicht lange bitten und tanzen in der Abenddämmerung zu karibischen Klängen, die in vielen wohl die Sehnsucht nach Ferne und paradiesischen Stränden weckt.
Ein Top-Abend, der Lust machte, mehr von den Akteuren zu hören.