Ein Kindergarten für die Spätschicht
23.08.2011, 09:00 Uhr
Ein paar Jahre sind die Pläne von Werner Umbrich schon alt, aber er findet sie immer noch gut und würde sie gern in Fürth verwirklichen. Sie stammen aus dem Jahr 2007, als Umbrich noch nicht Leiter des Seniorendomizils „Haus Maximilian“ in der Nürnberger Straße war, sondern ein Altenheim in Wiesbaden leitete. Wäre es so gekommen, wie er sich das vorgestellt hatte, würde heute neben dem Altenheim ein Kindergarten stehen: einer, der nicht wie die meisten anderen von 7 bis 17 Uhr geöffnet ist, sondern rund um die Uhr.
Ein Kindergarten, der Altenpflegerinnen das Leben leichter machen würde, wie Umbrich glaubt. Frauen, die um 6 Uhr mit der Frühschicht beginnen oder um 22 Uhr mit der Spätschicht aufhören, müssten dann nicht nach einer Tagesmutter suchen, die die Zeit überbrückt, in der der Kindergarten geschlossen hat. Die Kinder würden nicht von einem Ort zum anderen hin- und hergeschoben.
Umbrich wollte den Kindergarten auch für andere öffnen, deren Beruf sich nicht mit den starren Öffnungszeiten der Kindergärten verträgt: Für Eltern, die in der Gastronomie, in Call-Centern oder Einkaufszentren ihr Geld verdienen, für Frauen in Führungspositionen. Sein Konzept sah sogar vor, dass Kinder übernachten können, wenn die Mama Nachtschicht hat, und sich im Krankheitsfall eine Krankenschwester des Heims kümmern könnte. Die Kinder wiederum könnten den Alltag der Heimbewohner bereichern.
„Jedes Mal, wenn ich den Dienstplan gestalte, sehe ich, dass der Bedarf da ist“, sagt Umbrich. Er ist überzeugt: „Nur so können wir die Probleme, die wir in der Pflege haben, lösen.“ Angesichts von 150000 fehlenden Alten- und Krankenpflegern, mit denen laut Statistischem Bundesamt 2025 zu rechnen ist, müsse man etwas tun, um den Beruf attraktiver zu machen. Eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf gehöre dazu.
"Gesetze aus uralten Zeiten"
Mit 60 Kindern plante Umbrich, doch dann erteilte das Jugendamt Wiesbaden keine Genehmigung. „Das Jugendschutzgesetz macht es offenbar nicht so leicht, Kinder bis 22 Uhr zu betreuen“, sagt Umbrich. „Aber das sind doch Gesetze, die aus uralten Zeiten stammen, in denen nur der Mann gearbeitet hat.“ Umbrich hat die Pläne noch in der Schublade und möchte in Fürth einen neuen Versuch starten. Er weiß, dass es Städte gibt, in denen Rund-um-die-Uhr-Kitas genehmigt wurden. In Hamburg etwa gab es im Jahr 2007 schon vier derartige Einrichtungen, die Wartelisten waren lang. Auch Berlin hatte damals schon ein Kinderhotel.
Das „Kinderzeit“ in Berlin gehört Sabine Mayer — die sich in ein paar Wochen davon verabschieden wird. Trotz Werbung sei es nicht rentabel gewesen, sagt Mayer auf Nachfrage der FN. Ab 1. Oktober stellt sie wieder auf „ganz normale“ Öffnungszeiten um, von 6 bis 18 Uhr. Nur ab und an sei eine Übernachtung — für 35 Euro — gebucht worden, nur selten war ein Kind schon ab 5 Uhr oder bis 21 Uhr da. Beim Stundenpreis von 3 Euro war das zu wenig für Mayer und ihr Personal. „Viele Eltern haben wohl doch ein funktionierendes Netzwerk in der eigenen Familie“, vermutet sie.
Josef Lassner, Leiter des Fürther Jugendamts, fände so ein Kinderhotel in Fürth indes „gar nicht schön“ — selbst wenn der Bedarf da sein sollte: „Man muss sich auch überlegen, was zumutbar für die Kinder ist.“ Im Kindergarten gebe es einen festen Rhythmus: Programm am Vormittag, freie Spielzeit am Nachmittag. Ein Kind nur am Nachmittag hinzubringen, sei nicht sinnvoll. Außerdem sei es „nicht gut fürs Kind, wenn es nachts um elf irgendwo hingebracht wird“.
Im Jahr 2005 gab es schon einmal den Versuch, in Fürth ein „Kinderhaus mit ungewöhnlichen Zeiten“ (Kauz) einzurichten. Gedacht war es für Arbeitslose, die so dem Arbeitsmarkt besser zur Verfügung stehen sollten. Nach drei Monaten war Schluss — die Anmeldungen fehlten.
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