Endlich geht es Naron richtig gut
26.07.2013, 22:00 Uhr
Naron lacht glucksend. An den Händen seiner Mutter tappt er vorsichtig über das Gras und wundert sich, wie sehr die Halme seine nackten Fußsohlen kitzeln.
Bis vor wenigen Wochen sprach nicht viel dafür, dass der Kleine jemals so herumtollen wird. Der Junge, der am 30. August ein Jahr alt wird, kam mit einer Gallengangatresie zur Welt. Einer seltenen Erkrankung, die unbehandelt zu einer tödlichen Leberzirrhose führt und eine Transplantation unausweichlich macht. In Pristina erfuhr seine Mutter Fjolla Gjonbalaj (27), dass ihm in seiner Heimat im Kosovo nicht geholfen werden kann.
Ihr Cousin Alen Djonbalic, der in Nürnberg lebt, knüpfte in dieser ausweglos erscheinenden Situation den Kontakt zum Fürther Klinikum und zu Professor Jens Klinge, Chefarzt der Klinik für Kinder und Jugendliche. Heute sagt Djonbalic: „Es ist fantastisch, wie freundlich man uns entgegen gekommen ist und wie wunderbar sich alle um Naron kümmern.“
Große Anteilnahme
Über das Konto der Freunde und Förderer der Kinderklinik Fürth wurden Spenden für Narons Operation gesammelt. Alen Djonbalic: „Allen, die so selbstlos geholfen haben, sind wir unendlich dankbar. Das kann man gar nicht mit Worten ausdrücken.“
Die Familie hatte keine Chance, die Behandlungskosten aufzubringen. Allein für die Operation in Regensburg waren mindestens 125000 Euro veranschlagt worden. Der Jahresverdienst, erklärt Djonbalic, liegt im Kosovo im Schnitt bei 300 Euro.
Keine drei Wochen nach einem Spendenaufruf in den FN war sicher, dass Naron dank der großen Anteilnahme vieler Menschen operiert werden kann. Sein Vater, Shkumbin Kqiku (28), konnte als Spender eintreten. Doch dann kam die nächste Hiobsbotschaft. „Narons Blut stimmte nicht mit dem des Vaters überein, weil das zu viele Antikörper aufwies“, erklärt Djonbalic. Eine – wiederum kostenintensive – Blutwäsche wurde nötig. Und erneut gab es Komplikationen, während sich der Zustand des Kleinen bedrohlich verschlechterte: „Das Gerät ist ganz neu, Naron war das erste Baby weltweit, das daran angeschlossen wurde, doch zunächst gab es Probleme mit der Abstimmung.“ Techniker reisten an, endlich ging es weiter. „Dank dieses Einsatzes wurde die neue Leber von Narons Körper viel besser angenommen.“
Am 26. März kamen Sohn und Vater in der Uni-Klinik Regensburg, einem renommierten Fach-Zentrum, in zwei nebeneinander liegende OP-Säle. Rund viereinhalb Stunden dauerten insgesamt die beiden Eingriffe, bei denen Shkumbin Kqiku ein Stück seiner Leber entfernt und bei Naron eingesetzt wurde. Alles verlief genau nach Plan. Doch wie hat die junge Mutter die Stunden überstanden? Fjolla Gjonbalaj sagt leise: „Es war sehr, sehr schwer.“ Die Ärzte hatten ihr geraten, sich in der Stadt abzulenken. „Aber das war mir nicht möglich.“ Stattdessen sei sie vor dem OP auf und ab gelaufen und habe immer wieder gebetet.
Jetzt entdeckt er die Welt
Dem Vater ging es nach dem Eingriff schnell wieder gut. Die Ärzte hatten die Eltern darauf vorbereitet, dass ihr Sohn noch zwei bis drei Wochen auf der Intensivstation verbringen müsse. Üblicherweise wird die lange OP-Wunde erst nach Tagen vernäht, doch dann waren sich die Ärzte sicher, dass bei Naron auf diese Vorsichtsmaßnahme verzichtet werden kann. Sie behielten recht. Bereits am nächsten Tag konnten sie den Kleinen aus der Narkose holen, die künstliche Beatmung wurde bald eingestellt und nach sechs Tagen durfte er auf die normale Station. Das Krankenhaus verließ er bereits an dem Tag, an dem erfahrungsgemäß erst die Verlegung von der Intensivstation möglich ist.
Seither hat sich der Junge unglaublich entwickelt. Er ist zum Entdecker geworden, quicklebendig strahlt er ansteckende Unternehmungslust aus. Naron ist gewachsen, vor allem aber haben seine Haut und seine Augen nicht länger die erschreckend starke Gelbtönung. Seine Mutter staunt: „Das Gelb war schon kurz nach dem Eingriff fast verschwunden, ich habe meinen Sohn kaum erkannt, als ich zum ersten Mal zu ihm durfte.“
Noch rund ein Jahr muss Naron mit seiner Mutter hier bleiben, damit in den wichtigen Nachuntersuchungen in Regensburg und Fürth sicher über sein Gedeihen gewacht werden kann. Alen Djonbalic hat deshalb den beiden seine Wohnung überlassen. Shkumbin Kqiku ist zurück im Kosovo und arbeitet, um seine Familie weiter zu unterstützen.
Naron bekommt zurzeit sechs verschiedene Medikamente, damit es nicht zu Abstoßreaktionen kommt. Einige Wochen lang ist seine Mutter nicht mit ihm unter Menschen gegangen, um die Ansteckungsgefahr für den Kleinen zu senken. Jetzt haben die Ärzte grünes Licht gegeben. Naron soll leben wie jedes gesundes Kind.
Wer ihn sieht, weiß, was für eine Freude der Kleine dabei hat.
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