Feuchtgebiete für Fürths Störche
16.07.2010, 07:00 Uhr
Früher, als noch so vieles besser war, da hatten auch die Störche weniger Probleme – zumindest, was die Nahrungssuche betraf. „Da standen überall am Fluss noch Wasserräder“, sagt Herbert Schlicht, „mit deren Hilfe haben die Bauern die Wiesen bewässert.“ Jetzt gibt es keine Wasserräder mehr und die Wiesen sind laut Schlicht nach Wochen ohne Regen „brottrocken“.

Grund genug für ihn und seinen Kompagnon Karl Sulzer vom Landesbund für Vogelschutz – beide haben seit vielen Jahren ein Auge auf Fürths Störche – selbst Hand anzulegen. Seit gestern zapfen sie mit Hilfe des Landwirts Fritz Wüst einen Brunnen nahe der Vacher Straße an und wässern eine Wiese oberhalb des Käppnerwegs mit einer Fläche von etwa 100 mal 50 Metern. Mit der Aktion will das Duo den hungrigen Störchen gewissermaßen den Tisch decken, denn: Steht Wasser in den Wiesen, lassen sich nicht nur Regenwürmer blicken, auch die Mäuse verlassen fluchtartig ihre Behausungen – „und wer kommt dann?“, fragt Schlicht und gibt die Antwort selbst: „Der Storch.“
Einige Vogelarten – darunter auch Möwen und Krähen – werden nach seinen Worten geradezu „magisch“ angezogen, sehen sie das glitzernde Nass zwischen den Grashalmen. Neben der anhaltenden Trockenheit - die jüngsten Regenfälle seien viel zu schwach gewesen – nennt Schlicht noch einen weiteren Grund dafür, die Aktion genau jetzt zu starten: Er hat beobachtet, dass die drei Jungstörche im Nest auf dem Gustavstraßen-Schlot immer häufiger mit den Flügeln schlagen. „Anfang nächster Woche werden die wohl flügge sein“, schlussfolgert Schlicht. Dann nehmen die Alttiere ihren Nachwuchs mit auf Nahrungssuche in die nahen Wiesen – und werden am Käppnerweg hoffentlich fündig.
Wasser läuft bis morgen
Noch heute und morgen soll daher das Wasser aus einem Schlauch in die Wiese strömen. Schlicht bedankt sich bei der Stadt, die die Nutzung des Brunnens „unbürokratisch“ ermöglicht habe. Ihm zufolge ist der Brunnen vor sechs bis sieben Jahren gebohrt worden, um während der Kanalbauarbeiten an der nahen Vacher Straße den Grundwasserspiegel abzusenken. Anschließend sollte er verfüllt werden, doch Schlicht setzte sich in weiser Voraussicht für den Erhalt des Brunnens ein.
Dass von den fünf geschlüpften Jungtieren in der Gustavstraße zwei nicht überlebt haben, ficht ihn nicht. „Drei Junge, das ist eine tolle Sache“, sagt er. Die beiden Vacher Jungvögel, die in Sachen Wachstum noch nicht ganz so weit seien wie ihre Kollegen in der Alstadt, runden „ein gutes Storchenjahr“ ab. Nicht nur in Fürth, auch in anderen Teilen der Region sind in den vergangenen Jahren viele Störche groß geworden. 216 Paare gibt es inzwischen in Bayern – so viele wie noch nie seit Beginn der Aufzeichnungen vor 76 Jahren. Schlicht kann sich daher nicht erklären, dass die von Vogelschützern hergerichteten Nester in Wilhermsdorf, Langenzenn und Veitsbronn noch immer keine Nutzer gefunden haben. Keine Veranlassung sieht er, auf Fürther Stadtgebiet ein drittes Nest zu bauen. „Die Störche brauchen genügend Lebensraum, sonst kommen sie sich ins Gehege“, sagt er. So wie’s ist, sei’s gerade recht. Die Vacher und die Fürther Großvögel hätten jeweils ihr Revier, abgegrenzt durch die Bahnlinie.
Wenn die hiesigen Jungstörche in drei Jahren geschlechtsreif sind, müssen sie sich vermutlich nach einer neuen Heimat umsehen. Es sei nämlich gut möglich, dass ihre Eltern dann noch die Nester für sich beanspruchen. Da eines der beiden männlichen Alttiere beringt ist, weiß Schlicht, dass es schon seit rund drei Jahren immer wieder hierher kommt. Ein Eingeborener ist er allerdings nicht, sondern ein echter Badener. Schlicht: „Der hat seinen Ring in der Nähe von Karlsruhe bekommen.“