Fürths erste Fahrradstraße sorgt für Zündstoff
1.5.2021, 11:00 UhrDer örtliche Bund Naturschutz (BN) hat in einem offenen Brief an Oberbürgermeister Thomas Jung zwar die Ausweisung als Fahrradstraße begrüßt – gleichzeitig hat man aber mit Befremden festgestellt, dass sämtliche Parkplätze auf Höhe des Logenhauses von der Häuserseite auf den bisher bewachsenen und baumbestandenen Seitenstreifen gegenüber verlegt werden; dieser grenzt direkt an den Wiesengrund.
Weitere Aushubarbeiten sind im Abschnitt zwischen Amalien- und Fichtenstraße in vollem Gang. Dort wurde ein Baum bereits entfernt, bei weiteren Bäumen, moniert der BN, seien "Abgrabungen im Wurzelbereich vorgenommen worden, was mit hoher Wahrscheinlichkeit zu dauerhaften Schäden führt".
Der betroffene Seitenstreifen liege zudem innerhalb der engeren Schutzzone des Wasserschutzgebiets, in der die Entfernung der schützenden Oberbodenschicht sowie die Versiegelung und Errichtung von (Tief-)Bauwerken verboten ist. Er grenze auch unmittelbar ans Landschaftsschutzgebiet. Der BN fordert nun einen Baustopp und den Verzicht auf Eingriffe in den sensiblen Bereich. Außerdem wollen die Naturschützer an der weiteren Planung beteiligt werden.
"Ziemlich, ziemlich sauer" ist auch Anwohnerin Birgit Kreuzer: "Die Dambacher Straße ist eine tolle Straße. Aber die Lebensqualität sinkt, wenn das Straßenbild verschandelt wird, wofür die Stadt auch noch 250.000 Euro rauswirft." Oft, sagt sie, beobachten Spaziergänger von hier aus Rehe im Wiesengrund. Damit sei jedoch Schluss, wenn geparkte Fahrzeuge die Sicht versperren.
Auch ihre Nachbarin Angie Thamm fürchtet um den Charme der Straße, wenn man nicht mehr ungehindert ins Grüne schauen kann. "Die Fahrbahn wäre auch breit genug gewesen, wenn man die Parkplätze da gelassen hätte, wo sie waren", meint sie.
Dem widerspricht der Leiter des städtischen Tiefbauamts, Hans Pösl, auf FN-Nachfrage. Er verweist auf eine rechtlich vorgeschriebene Breite von vier Metern für Fahrradstraßen, in jede Richtung müssten zwei Radler nebeneinander fahren können. Das lasse sich nur durch die Parkplatzverlegung erreichen.
Oberbürgermeister sieht Verbesserung
Der vom BN angesprochene OB wiederum kann keine Verschlechterung erkennen – im Gegenteil: Vor allem in puncto Wasserschutz gebe es sogar Verbesserungen. "Bisher sind Fahrzeuge verbotenerweise auf dem geschotterten Seitenstreifen abgestellt worden. Motorenöl konnte in den Untergrund gelangen", sagt Jung. Das Versickern soll künftig nicht mehr möglich sein: Die neuen Stellplätze werden laut Infra, die für den Schutz des Grundwassers in Fürth zuständig ist, nach speziellen Richtlinien ausgebaut.
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Was den gerade gefällten Baum angeht, beteuert Jung, dieser sei schon schwach und krank gewesen. Deshalb habe das Grünflächenamt zugestimmt, ihn zu entfernen. Er werde durch ein junges, vitales und dem Klima angepasstes Exemplar ersetzt, das zudem eine ausreichend große Baumscheibe bekomme.
Dass manche unglücklich über den eingeschränkten Blick in den Wiesengrund sind – dafür äußert der Rathauschef zwar Verständnis, fügt aber hinzu: "Das Leben ist ein Kompromiss. Die meisten Menschen wohnen in Straßen, in denen Autos stehen."
Die Pläne seien monatelang diskutiert worden, niemand habe dabei die jetzt formulierten Einwände vorgebracht. Das Projekt habe der Stadtrat gegen nur fünf Stimmen beschlossen, so Jung. An diese breite Mehrheit sehe er sich gebunden – "und das gibt mir keine Möglichkeit, einen Baustopp zu verfügen."
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