Gar nicht auf den Hund gekommen
28.06.2011, 16:00 Uhr
Sie haben eine Stammbank. Angelika Dimitriates und Nilgün Dogan treffen sich oft, wenn sie in der Stadt unterwegs sind, und dann sitzen sie gerne für eine Weile auf dieser Bank in der Fußgängerzone, während ihre vierbeinigen Begleiter geduldig beäugen, was sich um sie herum abspielt.
Angelika Dimitriates ist besorgt: „Ich suche dringend eine Wohnung, in meinem Alter bin ich nämlich gezwungen, noch einmal umzuziehen“, seufzt die 66-Jährige, die nach einer Knie-Operation auf Räume im Erdgeschoss angewiesen ist. Vor kurzem, erzählt sie, sah es so aus, als hätte sie die perfekte Wohnung gefunden: „Aber dann meinte der Vermieter, er wolle niemanden mit Hunden haben.“
Ein Leben ohne ihre Tiere mag sich Angelika Dimitriates aber gar nicht vorstellen: „Ich habe immer Hunde gehabt, einmal musste ich einen Schäferhund weggeben – auch wegen einer Wohnung. Das geht mir nach.“ Heute gehören ihr Lady, ein zweijähriger Dackel-Mischling („Ganz brav, bellt nie“), und Anka, ein Pomeranian Kleinspitz mit einem Fell in kräftigem Orange, der schon zwölf Jahre alt ist.
Kein Hund? Geht nicht!
„Für mich sind die beiden alles“, bekräftigt Angelika Dimitriates. Ihre Banknachbarin Nilgün Dogan nickt zustimmend: „Kein Hund? Das geht gar nicht.“ Ihr Pudel-Mischling, die elfjährige Lady, hat es sich mittlerweile in ihrem Einkaufswagen bequem gemacht und blinzelt bloß von Zeit zu Zeit entspannt.

Neu und aufregend sieht die Welt für Murphy aus. Gerade einmal zwei Monate alt ist der American Bulldog, der mit großen Augen Fürth erkundet. Boris Remscheid wartet geduldig, bis der Welpe, der gerade beschlossen hat, eine kurze Ruhepause einzulegen, bereit ist, weiterzulaufen: „Wir haben ihn in Hannover von einem Züchter geholt“, erzählt der 36-Jährige, der als Gastwirt das „Our Place“ führt. Die Entscheidung für Murphy habe die Tochter getroffen: „In dem Wurf war einer schöner als der andere, aber sein Fell ist ganz besonders gemustert. Und außerdem ist er ganz ein Lieber.“
American Bulldogs zählen offiziell in die Kategorie der Kampfhunde. Später einmal wird Murphy rund 35 bis 40 Kilo wiegen und „ein ziemlich breites Kreuz bekommen“, erklärt Boris Remscheid. 330 Euro Hundesteuer sind für Murphy in Fürth fällig. Dackel, Pudel und Co. kommen mit 132 Euro im Jahr entschieden günstiger.
Hans-Peter Kürzdörfer, Amtsleiter im Ordnungsamt, in dessen Zuständigkeit Kampfhunde fallen, macht klar: „Es gibt zwei Kategorien von Kampfhunden, in die erste fallen zum Beispiel Pitt Bulls.“ 660 Euro würde die Hundesteuer für diese Tiere in Fürth betragen. Aber: Von den etwa 3900 Hunden, die derzeit in Fürth gemeldet sind, gehört, so Kürzdöfer, keiner in diese Kategorie. Anders sieht es in der zweiten Kategorie aus, zu der zum Beispiel Murphy zählt: „Bei Rassen, die in die zweite Kategorie fallen – dazu gehören auch Masstif oder Bullterrier – ist beim Ordnungsamt ein sogenanntes Negativ-Gutachten zu beantragen.“ Damit wird dann unter anderem nachgewiesen, dass von dem Tier keine erhöhte Aggressivität oder Gefahr ausgeht und dass es artgerecht gehalten wird. Kann ein Wesenstest vorgelegt werden, wird das entsprechende Tier zum „halben Kampfhund“ und kostet die entsprechend halbierte Steuer.
Boris Remscheid muss grinsen: „Ich habe mich mal erkundigt, warum das so ist und da habe ich bei der Behörde zur Antwort bekommen, die Stadt brauche halt das Geld...“ Murphy jedenfalls hat, solange er noch ein Welpe ist, ein vorläufiges „Negativ-Gutachten“, mit einem Jahr wird seine Familie das nächste Gutachten beantragen.
Beim Welpen-Basis-Workshop
Jetzt steht für den verspielten Kerl erst einmal Hundeschule auf dem Programm: „Gleich machen wir mit beim Welpen-Basis-Workshop“, verrät sein Herrchen. Da gehe es nicht zuletzt darum, „seinen Hund besser zu verstehen“. Außerdem muss Murphy natürlich lernen, nicht alles anzukauen, was er in der Wohnung findet. „Man muss halt schauen, dass man alles weglegt, was wichtig ist und zerlegt werden könnte“, sagt Remscheid lachend. Schuhe, zum Beispiel.

Paula schaut aus, als ob sie über solche Welpen-Späße nur noch den Kopf schütteln könnte. Ausgesprochen damenhaft ruht die siebenjährige Rauhaardackelin auf ihrem Sessel bei „Mona Lisa“. Jeden Tag begleitet sie Rita Erhardt in das Miederwarenfachgeschäft in der Gustavstraße. „Sie kennt den Rhythmus genau, ich muss nur die Garage öffnen, dann ist sie scho, wupps, im Auto.“ Paula war ein Weihnachtsgeschenk. Ein überaus willkommenes, sagt ihre Besitzerin. Seither ist die Dackeldame, wann immer es möglich ist, dabei. Auch Frauchen-Hund-Urlaube gehören dazu, sagt Rita Erhardt, die froh ist, dass „es in Fürth so viel Grün gibt“. Jeden Mittag geht es zum Beispiel in den Stadtpark.
Üble Hinterlassenschaften
Selbstverständlich gehört zur Spaziergang-Ausstattung eine Tüte: „Ich mache Paulas Hinterlassenschaften immer und überall weg, das ist mir gar nicht unangenehm, ich mache das automatisch.“ Wesentlich ekliger findet es Rita Erhardt nämlich, wenn „man irgendwo reintritt“. Ihre Beobachtung: „Mir fällt auf, dass geschätzt nur ein Drittel der Hundebesitzer genauso handeln, die übrigen machen sich leise aus dem Staub.“ Meist seien das ausgerechnet Zeitgenossen mit besonders großen Hunden.
Ein unschönes Beispiel ist Rita Erhardt in Erinnerung: „Beim Graffl-Markt lag so ein Malheur genau vor dem Geschäft der Nachbarin, wo alle herlaufen müssen.“ Da half nur der entschlossene Einsatz von Gießkanne und sehr viel Wasser. Doch Rita Erhardt ist optimistisch: „Ich sehe immer mehr Leute, die an der Hundeleine gleich ein paar Abfallbeutel festgemacht haben.“