Geschulte Retter: Auf Leben und Tod
22.9.2016, 21:00 UhrWas hat 2006 den Anstoß gegeben, der Notfallmedizin im Landkreis eine vollkommen neue Struktur der Fortbildung zu verpassen?
Klaus Meyer: Wir hatten im gesamten Großraum keine spezielle Möglichkeit, Mitarbeiter von Rettungsdiensten zu schulen. Dass etwas getan werden muss, zeichnete sich schon 1999 ab. Die Berufsfeuerwehr Fürth hatte Bedarf angemeldet. Zum einen brauchten neue Mitarbeiter grundsätzlich die Ausbildung zum Rettungssanitäter, zum anderen waren die jährlichen Fortbildungen ein Problem.
Welche Schulungsinhalte waren damals besonders gefragt?
Meyer: Es war schnell klar, dass wir mehr machen mussten als das ohnehin Nötige. Bei der Versorgung von Schwerstverletzten und dem richtigen Umgang mit Infarktpatienten tauchten viele Fragen auf. Etwa die, ein EKG interpretieren zu können.
Wer hat die AGNF als Verein auf die Beine gestellt?
Meyer: Die Gründer waren elf Personen aus dem Bereich Rettungswesen: Rettungsassistenten, Feuerwehrleute, Ärzte. Unmittelbar traten auch Stadt und Landkreis Fürth, Freiwillige und Berufsfeuerwehr und das BRK bei. Der Bedarf machte deutlich, dass man eine leistungsfähige Organisation braucht, die Fortbildungen durchführt, die Kosten und Einnahmen verwaltet. Von den bestehenden Organisationen wollte das keine machen.
Weil Sie gerade das Thema Geld ansprechen: Wie finanziert sich der Verein?
Meyer: Aus den Gebühren der eigenen Bildungsangebote und zu einem geringen Teil aus Spenden. Mittlerweile weist unser Haushalt eine Million Euro auf. Damit finanzieren wir nicht nur die Schulungs- und Verwaltungsräume. Die AGNF beschäftigt inzwischen 14 hauptamtliche Mitarbeiter und über 20 Honorardozenten. Da sind Ärzte darunter, aber auch Ingenieure, Pädagogen und natürlich erfahrene Rettungsassistenten und Notfallsanitäter.
Was macht die AGNF zu einem der größten und aktivsten Bildungseinrichtungen im Bereich Notfallmedizin und Rettungswesen?
Meyer: Unser Team schult jährlich über 1000 Fachkräfte aus dem Gesundheitswesen. Neben Rettungsdienstlern vor allem auch Pflegekräfte und Ärzte. 2011 integrierten wir eine Berufsfachschule für Rettungsassistenten. Seither haben wir knapp 500 Menschen ausgebildet. Neu ist die dreijährige Fachausbildung zum Notfallsanitäter. Die bieten wir seit dem vergangenen Jahr an. Unsere Schüler kommen nicht nur aus dem Raum Fürth, sondern aus ganz Deutschland und zum Teil auch aus dem deutschsprachigen Ausland. Manchmal sind 100 und mehr Mitarbeiter eines Rettungsdienstes bei uns im Haus
Erarbeitet die AGNF auch gezielt Schulungsangebote in der Region?
Meyer: Wir haben ein spezielles Training für die Mitarbeiter der Notfallambulanz am Klinikum Fürth konzipiert. Unter dem Begriff ESI-Triage wurden die einzelnen Behandlungswege definiert. Das Klinikum hat das Konzept übernommen und arbeitet danach.
Wie profitieren die Rettungsdienste im Landkreis von der Bildungseinrichtung?
Meyer: Werfen wir beispielsweise einmal einen Blick auf die ländlichen Feuerwehren. Sie sind meist eine viertel Stunde vor den eigentlichen Rettungskräften am Unglücksort. Wir bilden Aktive der Freiwilligenwehren als sogenannte First-Responder-Einheiten fort. Die haben beispielsweise gelernt, wie man die Wiederbelebung bei einem Herz-Kreislaufstillstand durchführt. Das schnelle Eingreifen vor Ort kann für den Patienten lebensrettend sein.
Welchen Nachweis muss die AGNF erbringen, um dieses anspruchsvolle Fortbildungsprogramm anbieten zu können.
Meyer: Wir haben alle relevanten Lizenzen, die es in der Notfallmedizin gibt. Die AGNF ist beispielsweise in Nordbayern zuständiges Kurszentrum der internationalen Fachgesellschaft für Reanimationsmedizin. Außerdem waren wir die ersten, die zertifizierte Kurse für den sogenannten International Trauma Life Support angeboten haben.
Hat das auch konkrete Auswirkung auf den einzelnen Rettungsdienstmitarbeiter?
Meyer: Ja, denn diese zertifizierten Kurse sind international anwendbar. Ein Arbeitgeber kann sich darauf verlassen, dass beispielsweise ein neuer Mitarbeiter mit Zeugnissen der AGNF eine standardisierte Ausbildung durchlaufen hat. Er weiß dann genau, was er oder sie kann.
Wo soll die AGNF in den nächsten Jahren stehen?
Meyer: Wir möchten den Verein noch weiter entwickeln. Aber wir setzen auf ein gesundes Wachstum. Das Ziel der AGNF ist auch, die Entwicklungen im Rettungswesen zu begleiten und zu gestalten. Zudem wollen wir unser Engagement bei Fort- und Ausbildung im Ausland in den nächsten Jahren weiter ausbauen. Dazu soll ein eigener Verein gegründet werden.
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