Hakenkreuze vorm Stadttheater: Fürth wird zum Filmschauplatz
31.10.2018, 20:38 UhrEs ist still in Fürth, der Wind weht Laub übers Straßenpflaster. Da biegt ein Mann um die Ecke – der Schritt energisch, der Blick gehetzt. An seiner Brust prangt ein gelber Davidstern. Er schaut sich um – da ruft jemand laut: "Cut!" Prompt wuselt die Filmcrew über die Alexanderstraße, der jüdische Passant wird gepudert, das Laub noch einmal aufgeschüttelt. Dann müssen die Komparsen zurück zum Ausgangspunkt und die Szene wird erneut gedreht.
Die Fürther verfolgen die Dreharbeiten gebannt. "Das ist total spannend!", findet eine Schaulustige. "Man sieht Fürths Fassaden mal ganz anders!" In der Alexanderstraße wurden für die Aufnahmen zum Beispiel alte Straßenlaternen aufgestellt und französische Inschriften angebracht. Das Stadttheater wiederum wurde in den französischen Bahnhof Limoges verwandelt. "Toll, dass auch Hollywood auf unsere schöne Architektur aufmerksam wird!", freuen sich zwei Anwohner. Sie sind stolz, dass ihr Zuhause bald auf der Leinwand zu sehen ist.
Die Aufnahmen, die die Einwohner am Mittwoch beobachten dürfen, wurden lange vorbereitet. "Die Sets mussten vorher aufgebaut werden, die Komparsen verkleidet, wir müssen die Straßen sperren und dann haben wir ja auch einen Zeitplan", erklärt der Mit-Produzent des Streifens, Simon Happ. Für den Dreh in Fürth hat das Filmteam nur einen Tag veranschlagt. Doch wenn alles glatt läuft, reicht der. "Natürlich könnte unerwartet ein Unwetter kommen, dann muss man halt flexibel sein und eine Innenaufnahme vorziehen." Bisher läuft aber alles super, sagt Happ am Vormittag. Er lobt vor allem die Franken: "Schon in Kronach und Nürnberg wurden wir sehr herzlich von den Einwohnern aufgenommen. Das ist nicht immer so, immerhin verursachen wir Straßensperren und greifen in den Lebensraum der Menschen ein".
Polizei ebenfalls vor Ort
Von der Alexanderstraße werden die Dreharbeiten nun weiter vor das Stadttheater verlegt. Gut 50 Leute haben sich inzwischen angesammelt, die das Geschehen staunend verfolgen. Viele von ihnen wollen die prominenten Schauspieler sehen. Und tatsächlich: Plötzlich steht Hauptdarsteller Jesse Eisenberg direkt vor dem Amtsgericht. In seinem Kostüm fällt er fast nicht auf, er unterhält sich entspannt mit anderen Darstellern. "Wir tun viel dafür, große Filmproduktionen nach Franken zu holen", erzählt Aufnahmeleiter Michael von Hohenberg. Er trägt am Set die Verantwortung. Sein Filmservice "Movie Office" ist damit beauftragt, die Drehorte abzusperren. Auch die Fürther Polizei ist vor Ort, unterstützt von der städtischen Verkehrsüberwachung. Mitarbeiter des Roten Kreuzes stehen ebenfalls bereit, falls sich jemand bei dem Dreh verletzt.
Von Hohenberg gibt schließlich das Go für die nächste Aufnahme. Die berühmte Filmklappe wird zugeschlagen, und Regisseur Jonathan Jakubowicz ruft "Action!" über die Hallstraße. Die Beifahrertür eines historischen Kastenwagens öffnet sich, und Jesse Eisenberg steigt aus. Er spielt den Pantomimen Marcel Marceau, der während des Naziregimes zahlreiche jüdische Kinder rettete. Eisenberg geht zur Ladefläche des Wagens und öffnet sie. Kinder klettern heraus, auch sie sind Komparsen. Auf sein Zeichen fängt die Gruppe an zu singen, während sie ins zum Bahnhof umfunktionierte Theater marschieren. Immer mehr Zuschauer finden sich derweil ein. Die Fürther sind im Hollywood-Fieber. So eine internationale Produktion schweißt auch irgendwie zusammen, weiß Happ. "Es ist einfach ein toller, abwechslungsreicher Job. Jeder Film erzählt eine andere Geschichte, es wird nie langweilig." In Fürth würde er gerne wieder drehen
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