Jedermann muss ein Langenzenner sein

11.06.2018, 21:11 Uhr
Jedermann muss ein Langenzenner sein

© Foto: Markus Kohler

Am Ende ist es einen Augenblick lang ganz still, bevor der Applaus kommt. Ein intensiver Moment, der nicht zuletzt diesen neuen Spielort der Hans-Sachser noch einmal sehr bewusst ins Zentrum rückt. Der geschlossene Rathausinnenhof mit seiner Andeutung von Fachwerk ist auf beruhigende Weise unspektakulär. An diesem Abend spannt sich darüber ein Sommernachthimmel in allen Nuancen von Blau und macht die Kulisse perfekt für eine hervorragend durchdachte, konsequent entwickelte Aufführung.

Gabriele Küffner hat für ihre Inszenierung das "Spiel vom Sterben des reichen Mannes" mit großer Geste umarmt, liebkost und auseinander genommen. Es ist, ja doch, fast ein Akt der Barmherzigkeit, denn sie schenkt dem unfassbar erfolgreichen Hofmannsthal-Klassiker einen neuen Auftritt frei vom ätzend moralinsaurem Staub.

Auf ziemlich genau zwei Stunden eingekocht, gelingt es jetzt, die Aufmerksamkeit der 250 Zuschauer auf der Tribüne spürbar ohne Unterbrechung zu bannen. Die Konsequenz, auch Textbausteine zu verschieben – der Prolog wurde zum Beispiel vom Anfang verbannt – wird belohnt. Logisch und nachvollziehbar ist, was da passiert. Das große Ensemble der hochmotivierten Hans-Sachs-Spielgruppe lässt sich auf das zügige Tempo ein, hält die Spannung vom ersten Einsatz an und duldet kein Nachlassen in diesem Bogen, der das Publikum scheinbar mühelos mitnimmt.

Fast fühlt es sich an, als sei dieser Jedermann schon längst einer aus Langenzenn. Immerhin stand eine erste Inszenierung seit 2006 regelmäßig auf dem Programm der Hans-Sachser und wurde erfolgreich unter anderem auch in Fürth gezeigt. Viele der Mitwirkenden haben bei dieser vorhergehenden Version mitgemacht, auch Werner Dröge, der von Beginn an die Titelpartie meisterte. Als umso fabelhafter ist es also zu werten, dass es Dröge in der Neuauflage gelingt, seiner Rolle einen transformierten Ausdruck abzuringen.

Sein "Jedermoo" ist ohne Wenn und Aber im Jahr 2018 angekommen. Das ist einer, der den unsäglichen Begriff von der Ich-AG zum Mantra gemacht hat. Einer, der seinen Egoismus lebt und feiert. Die Verzweiflung, wenn der Tod nach ihm ruft, setzt mit Verzögerung ein. Zu tief sitzt sein Glaube, sein gewohntes Gebaren sei auch in dieser Situation das Mittel der Wahl. Seine Bekehrung — von jeher eine Crux dieses Stücks, weil die Umkehr doch stets arg kurzfristig kommt – ist ein stilles Ringen. Untheatralisch im besten Sinn.

Rudolf Kelchner hat seine fränkische Textfassung, die er auch bereits vor zwölf Jahren schrieb, in einigen Punkten überarbeitet. Sein Sprachgefühl vertreibt die unhandliche Manieriertheit des Originals. Statt einer Anmutung mittelalterlicher Knittelverse ist eine Lockerheit in den Ton gekommen, die allen hervorragend bekommt.

Im großen Team der Hans-Sachser findet sich für jede Partie der passende Spieler. Klaus Roscher ist ein ganz wunderbarer "Schbeezi", ein Freund in guten Tagen, der Witz und Hintersinn auf die Bühne zaubert. Lena Goos (im Wechsel mit Anja Els) ist ihrem Jedermann die Partnerin, die er verdient. Ein hinreißendes Paar sind zum Beispiel auch Klaus Brunner und Hans-Peter Hoffmann ("Der Wamberde und Di Bohnaschdanga"). Rudolf Kelchner ist als "Deifl" teuflisch zeitgeistig.

Eine großartige Rolle spielt auch Johanna Deffners Bühne. Dieser schlicht-schöne Spielplatz vermittelt Leichtigkeit, fügt sich mit bewundernswerter Zurückhaltung passgenau ein und wird damit zum perfekten Rahmen für eine Aufführung, die rundherum begeistert.

Z"Jedermann": Rathausinnenhof Langenzenn (Friedrich-Ebert-Straße 7), Speisen und Getränken jeweils ab 18 Uhr. Weitere Termine: 16., 22., 24., 28., 30. Juni und 6., 7., 13., 14., 20., 21., 27., 28. Juli, jeweils 20.30 Uhr. Karten in der FN-Geschäftsstelle (Schwabacher Straße 106, Tel. 2 16 27 77) und an der Abendkasse.

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