Jüdisches Museum: Was macht ein Zuhause aus?

7.2.2020, 21:00 Uhr
Jüdisches Museum: Was macht ein Zuhause aus?

© Armin Leberzammer

Freunde, Familie, Essen: Zum Begriff "Heimat" findet jeder seine eigene, positiv besetzte Assoziation. Heimat kann aber auch schlechte Gefühle hervorrufen.

Das haben Schülerinnen und Schüler des Nürnberger Dürer-Gymnasiums beim Besuch ihrer Partnerschule in Israel von ihren Gastgebern erzählt bekommen. Ein Ergebnis ihrer Reise kann in den nächsten Monaten in Form einer Fotoausstellung im Jüdischen Museum Franken besichtigt werden.

Gefragt nach negativen Verknüpfungen zu Heimat fielen den jungen Israelis spontan Begriffe wie Streit, Intoleranz – und immer wieder Raketen, Raketen, Raketen ein. Schließlich befindet sich ihr Internat nicht weit von der Stadt Aschkelon entfernt. Und diese wiederum grenzt fast an den Gaza-Streifen, aus dem mitunter Raketen in Richtung Israel abgefeuert werden.

"Deutschland und Israel sind so verschieden und doch kann es Überschneidungen beim Heimatbegriff geben", erklärt einer der Gymnasiasten bei der Eröffnung der Sonderausstellung. Diesen Überschneidungen wollten die Jugendlichen beider Länder bei ihren gegenseitigen Besuchen auf den Grund gehen. Fotografiert von ihren jeweiligen Austauschschülern erzählen die Bilder viel über das jeweilige Lebensgefühl, die Natur und die Menschen.

Für den einen ist es der Ziegenstall, dem ihm "das Gefühl der Ruhe und Vertrautheit" vermittelt. Für eine andere junge Israelin ist es die Notfallstation, die ihr ein "zweites Zuhause" geworden ist. Nicht aus Furcht oder Sicherheitsdenken: "Ich liebe es, meine Zeit dort zu verbringen und viele lustige Sachen mit Freunden zu erleben", erklärt die ehrenamtliche Helferin. Ihre deutsche Altersgenossin beschreibt Heimat als etwas, das "ein Ort, eine Person oder Musik sein kann". Oder das Stammlokal oder der Geruch nach nassem Holz im Lorenzer Reichswald.

Wie leben Beduinen?

Heimat als Konstrukt ist oft viel komplexer als es zunächst den Anschein hatte. Das ist eine zentrale Erkenntnis der Ausstellungsmacher. Deshalb beließen sie es nicht bei dem Fotoprojekt. Während des Besuchs in Nürnberg im November 2018 organisierten sie eine Gesprächsrunde, ein halbes Jahr später beim Gegenbesuch in Israel erkundeten sie die Lebensweise von muslimischen Beduinen, die erst vor wenigen Jahrzehnten sesshaft geworden sind. Immer wieder stellten sie dabei die Frage: Wann fühle ich mich daheim, welche Gefühle verbinde ich mit Heimat?

"Ja, ich fühle mich heimisch", sagt die 1930 in der Tschechoslowakei geborene Holocaust-Überlebende Eva Erben, die seit 1949 in Israel lebt, und mit der sich die deutsche Schülergruppe ebenfalls getroffen hat, "aber trotzdem bin ich tief in mir tschechisch, etwa wie ich auf die Menschen sehe." In Israel hat sich die Familie ein Haus gebaut, das sie nun nach dem Tod ihres Mannes nicht mehr verlassen will. "Das Zuhause ist dein Leben. Ich kann Menschen gar nicht verstehen, die ständig umziehen." Bis heute könne sie sich erinnern, "wie es sich angefühlt hat, unser Zuhause zurückzulassen und nach Theresienstadt zu gehen – mein Bett, meine Spielsachen".

Letztlich werde Heimat also von jeden etwas anders definiert. "Unsere Bilder sollen eine Anregung sein, sich über den Begriff Gedanken zu machen, sich auszutauschen und zu diskutieren", schreiben die Schülerinnen und Schüler in ihrem Ausstellungskatalog. So gebe es zwar die eine Heimat nicht. "Aber wir können dieselben Heimatgefühle entwickeln, egal ob wir in Deutschland oder in Israel leben."

"Eine Welt – eine Heimat?": Jüdisches Museum Franken (Königstraße 89). Bis 15. November.

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