Junge Italiener werden fit für den Job gemacht
24.12.2013, 07:53 UhrGiovanni ist 17, lernt seit einigen Jahren Deutsch — und wird nun von Vier- und Fünfjährigen unterrichtet. Sie bringen ihm jede Menge neue Vokabeln bei: einen Turm bauen, ruhig sein, aufräumen. Denn der junge Italiener absolviert ein zweiwöchiges Praktikum in einem Nürnberger Kindergarten. „Es ist ein bisschen schwierig, weil mein Deutsch noch nicht so gut ist. Aber die Kinder helfen mir gern, wenn ich Wörter nicht kenne“, erzählt der 17-Jährige.
Nach Franken gekommen ist er dank Stefan Lederer und Siegfried Kärle, den Geschäftsführern von CCCE Euroservices. Sie haben sich darauf spezialisiert, Italiener — vorrangig aus Berufsschulen und Gymnasien, inzwischen aber auch erwachsene Arbeitslose — nach Deutschland zu holen, sie hier in Berufe ihrer Wahl schnuppern zu lassen und damit ihre Sprachfähigkeit zu verbessern.
Als sie vor 20 Jahren damit begannen, kamen ihre Kunden aus der zweisprachigen Zone rund um Bozen und Meran. Nun erhalten sie auch Anfragen aus Mailand oder Turin. „Das Interesse ist durch die Krise gestiegen“, sagt Kärle. „Wir werden nun auch öfter gefragt, ob man hier Arbeit finden kann.“ Vorbildlich hat das etwa bei Matteo geklappt: Nach seinem Praktikum blieb er in Franken und verdiente sich seine Sporen als Grafiker. Heute hat er sich in Bozen als Webdesigner etabliert.
Für zwei bis vier Wochen kommen die Italiener in die Metropolregion. CCCE organisiert für sie einen Praktikumsplatz, eine Gastfamilie und auf Wunsch einen Sprachkurs oder Freizeitaktivitäten. Dabei gilt für Kärle und Lederer: Geht nicht, gibt’s nicht. Sie haben schon Einblicke in ein Tattoo-Studie, bei einem Hundetrainer oder als Restaurator ermöglicht. „Am beliebtesten sind allerdings Kindergärten“, erzählt Stefan Lederer. „Da können die Schüler angstfrei sprechen, denn Kinder verzeihen falsche Sprache.“
Papa verlangt Deutschkenntnis
So geht es auch Giovanni, der sichtlich bemüht ist, die vielen neuen Wörter, die er beim Spielen lernt, zu behalten. Und das aus gutem Grund: Sein Vater betreibt in Italien eine Firma für Tiefkühlprodukte, die auch mit deutschen Händlern kooperiert. „Wenn ich dort später arbeiten will, muss ich Deutsch beherrschen“, sagt Giovanni.
Diesen Aspekt betont auch Hansjörg Thaler, Giovannis Lehrer an der Wirtschaftsfachoberschule. „Die Wirtschaft in Südtirol verlangt Zweisprachigkeit.“ Auf dem Weg dahin gebe das Praktikum in Franken den Schülern einen mächtigen Schub: „Die Barriere im Kopf fällt. Sie schämen sich nicht mehr, in der Fremdsprache zu sprechen“, hat Thaler beobachtet.
Gleichzeitig sei die Zeit in Deutschland eine „Lebensschule“. „Für viele Jugendliche ist das der erste Ausflug ins freie Leben“, weiß Siegfried Kärle. Und dann erzählt er von den italienischen Mamas, die regelmäßig bei CCCE anrufen und jedes Detail der Reise wissen wollen — bis hin zu den Telefonnummern aller Betreuer. „Ein Jugendlicher kam hier sogar mal mit einem Rucksack voller vorbereiteter Pastasoßen an — damit er auch ja nicht verhungert.“
Seit der Gründung von CCCE im September 1993 haben Kärle und Lederer etwa 4000 italienische Schüler nach Franken geholt, zehn bis 15 Klassen sind es pro Jahr. Nicht zuletzt dank des Standortes, wie Lederer weiß: „Die Metropolregion ist wirtschaftlich interessant und bunt. Gleichzeitig sind Fürth und Nürnberg aber auch sichere Großstädte.“ Nur bis nach Erlangen konnte man sich noch nicht ausbreiten; das haben die Kunden verhindert. „Erlangen wäre zu weit weg für die Kinder“, sagt Kärle und schmunzelt.
CCCE sucht laufend Gastfamilien im Stadtgebiet. Bei Interesse kann man sich an Stefan Lederer unter lederer@ccce.de wenden.
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