«Man will uns bloß aus der Statistik raushaben»
03.03.2010, 00:00 Uhr
Für Walter Fuchs wurde das Surfen am Ende zur Qual. Zwei Mal die Woche besuchte der 56-Jährige für jeweils über fünf Stunden das Bewerber-Center, das die Nürnberger Arbeiterwohlfahrt in Fürth betreibt. Dorthin hatte ihn die Agentur für Arbeit verwiesen. Doch für Fuchs, der seit einem Jahr auf Jobsuche ist, sei schnell klar gewesen, dass er hier nichts mehr lernen kann.
«Den Großteil der Zeit haben wir mit der Recherche nach Stellen im Internet verbracht», sagt Fuchs. Doch das, was er dort in fünf Stunden tun musste, hätte er zu Hause in einer halben Stunde erledigt. «Die 30, 40 offenen Stellen, die für mich in Frage kommen, kenne ich alle schon, meine Bewerbungen sind längst raus.» Der Rest der Zeit bei der Awo sei Däumchendrehen gewesen.
Fuchs will den Kurs nicht völlig schlechtmachen. Etliche Teilnehmer wüssten nicht einmal, wie man einen PC anschaltet, geschweige denn, wie man im Internet recherchiert. «Um diese Leute haben sich die Awo-Mitarbeiter auch gut gekümmert», sagt der Oberasbacher. Er selbst sei jedoch – und einigen anderen sei es ebenso ergangen – völlig unterfordert gewesen. Der Fehler liege ihm zufolge nicht bei der Awo, sondern bei der Agentur für Arbeit. «Die müssten auswählen, wer braucht so was, wer nicht», betont er. So habe er lediglich den Eindruck gewonnen, die Agentur stecke Arbeitslose nur deshalb in die Kurse, um sie aus der Statistik herauszuhaben.
Bei der Awo Nürnberg, die das Bewerber-Center als Dienstleister für die Agentur betreibt, bestätigt man, dass hin und wieder Teilnehmer eines Kurses unterfordert sind. Das seien aber Einzelfälle, beteuert Herbert Jugel-Kosmalla, der bei der Awo für das Referat Berufliche Bildung zuständig ist. Und: Wen die Agentur schicke, dürfe die Awo nicht ablehnen. «Das ist vertraglich so geregelt.» Obwohl es in den großen und «sehr heterogenen Teilnehmer-Gruppen» nicht leicht sei, achte man darauf, dass jeder etwas von den Kurs hat.
Gute Vermittlungsquote
Neben der Job-Recherche gehören unter anderem das Erstellen von zeitgemäßen Bewerbungsunterlagen und das richtige Verhalten bei Vorstellungsgesprächen zum Programm. 20 bis 25 Prozent der Teilnehmer könnten laut Jugel-Kosmalla während der viermonatigen Maßnahme in ein Arbeitsverhältnis vermittelt werden. «Das ist eine sehr gute Quote.»
Entsprechend zufrieden ist man bei der Agentur für Arbeit. Nach den Worten des Fürther Agentur-Chefs Günther Meth nehmen zurzeit vor allem ehemalige Quelle-Mitarbeiter an der Maßnahme teil. Meth beteuert, dass nur Menschen dort hingeschickt werden, die auch etwas davon haben. Es sei nicht in seinem Interesse, die Leute zu unterfordern.
Um das zu vermeiden, erstellen die Agentur-Mitarbeiter Profile der Arbeitslosen, um ihre Stärken, aber auch mögliche Defizite zu erkennen. Angesichts dessen, dass nach der Quelle-Insolvenz in den vergangenen Monaten Hunderte in derartige Kurse eingewiesen wurden, könne Meth jedoch nicht ausschließen, dass «der eine oder andere hineingerutscht» ist, der dort nichts zu suchen hat. Wem das passiert, der sollte ihm zufolge das Gespräch mit dem Lehrgangsleiter suchen, um die Maßnahme notfalls abzubrechen.
Walter Fuchs hat das längst getan. Dass es sich um Einzelfälle handeln soll, die aus Versehen in den Kurs «gerutscht» sind, will er nicht recht glauben. Er sei weder ein Nörgler noch ein Querulant. «Es geht mir darum, dass sich was verbessert», sagt er und fügt hinzu: «Diese Maßnahmen – das kostet doch auch alles Geld.»