Regalweise Begeisterung für gute Geschichten
23.10.2011, 16:00 Uhr
Schwungvoll verstaut Emre (7) ein Bilderbuch auf dem Kinderwagen seiner kleinen Schwester Aylin: „Hier, das ist toll für dich“, sagt er und liest den Titel vor: „Sei fair, gib her“. Derya Irnak (30), die Mutter von Emre, Aylin (1) und Selina (9), kommt meist zweimal im Monat in die Bücherei. Ein Ausflug, der ihr wichtig ist: „Die Kinder sollen die Sprache perfekt lernen“, sagt die junge Frau, die aus der Türkei stammt, „die Bücher helfen ihnen dabei.“ Heute hat sie gemeinsam mit ihrer Nachbarin Mine Aral (28) und deren Kindern Emre (9) und Ece-Naz (6) die Fronmüllerstraße angesteuert.

„Sie lieben es zu lesen, zu gucken und zu lernen“, kommentiert Mine Aral die Begeisterung, mit der die Jungen und Mädchen neue Bücher aussuchen. Sie selbst liest auch sehr gerne: „Ich habe mir gerade im Internet ein Buch über Erziehung in türkischer Sprache bestellt“, sagt sie. Eine Auswahl an türkischen Werken gibt es auch in der Fronmüllerstraße. Emre (7) hat mittlerweile seine sorgfältig abgewogene Entscheidung getroffen: „Ein Buch über Dinosaurier, ein Buch übers Rechnen in der zweiten Klasse und eines über Vulkane“, zählt er stolz auf. Für Christine Keinrath-Schlicht (53), Bibliotheks-Assistentin und Leiterin der Zweigstelle Stadeln, ist Emres Leidenschaft fürs Lesen ein Grund, warum sie ihren Beruf so schätzt: „Wenn Kindergartengruppen oder Schulklassen hier sind, dann kocht manchmal die Luft vor Begeisterung“, sagt sie.

Seit fünf Jahren gehört Uwe Lendl zu den regelmäßigen Besuchern: „Ich wohne in Langenzenn und arbeite in Nürnberg“, sagt der Berufsschullehrer, für den die Lage der Fürther Volksbücherei perfekt ist. Aber nicht nur das. „Mir gefällt es hier einfach sehr gut“, lobt der 50-Jährige. „Ich kenne die meisten Mitarbeiter, die Atmosphäre ist toll und man bekommt sogar aktuelle Bestseller sofort.“

Komplimente, denen sich Hannelore Kraetsch anschließt. Die 71-Jährige ist eine hingebungsvolle Leserin („mein Hobby“) und hat sich gerade Hölderlin und Solschenizyn ausgeliehen, dazu zwei Werke über Ernährung und eine Hör-CD „Sehnsucht nach Engeln“. Mit dem Angebot und der Auswahl in der Fronmüllerstraßen-Bücherei ist sie sehr zufrieden: „Ich wohne erst knapp drei Wochen in dieser Gegend und war schon dreimal hier, ich bin wirklich ganz angetan“, versichert sie.
Und wie sieht für Herbert Neef (57), den Leiter der Volksbücherei, der ideale Leser aus? „Der sollte zwischen 3 und 80 Jahren alt sein und viel lesen.“ Mit der Mehrzahl der über 12000 registrierten Büchereibenutzern ist er sehr zufrieden. Nur ein verschwindend kleiner Teil lässt sich um die Rückgabe der entliehenen Titel bitten. Oder bringt Bücher zurück, die deutliche Spuren von Kaffee oder Ähnlichem zeigen. Hat Neef einen Wunsch? „Es können sehr gerne noch mehr Leser zu uns kommen.“
Ein besonderer Renner, der für leergefegte Regale sorgt, ist derzeit übrigens die Gattung der Regional-Krimis: „Pro Titel haben wir da fünf bis sechs Exemplare und die sind oft alle ausgeliehen.“ Christine Keinrath-Schlicht stimmt ihm zu: „Ich lese die auch gerne, mein Tipp ist ,Winterkartoffelknödel‘ von Rita Falk, das gibt es auch als Hör-CD — da wälzt man sich am Boden, so lustig ist das.“
Mit einem spannenden Bücherpack macht sich inzwischen Kerstin Schuster auf den Nachhauseweg. Die 38-jährige Rechtspflegerin hat drei Söhne zwischen sechs und zehn: „Manchmal kommen sie mit und suchen selbst aus, heute habe ich etwas für sie mitgenommen.“ „Magyk“ von Septimus Heap balanciert sie auf ihren Armen, darüber liegt eine CD, auf der Rufus Beck die Geschichte „Das magische Messer“ vorliest.
Die Bücherei, sagt Kerstin Schuster, ist unersetzlich: „Sonst müsste ich die Titel ja alle kaufen.“ Dass ihre Jungs lesen, liegt ihr am Herzen. Und sie hat Erfolg: „Die beiden Großen haben mittlerweile eigentlich immer und überall ein Buch dabei, der Jüngste lernt jetzt lesen.“ Auch sie lobt den Einsatz der Volksbücherei-Mitarbeiter: „Die haben immer ausgezeichnete Empfehlungen und sind furchtbar nett.“ Eines weiß sie genau: „Gute Geschichten sind einfach toll.“ Und deshalb, verrät Kerstin Schuster, liest sie die Bücher ihrer Söhne oft einfach auch selbst.
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