sarah Dudley lässt die Steine flüstern
1.9.2014, 18:00 Uhr„Whispering stones“ nennt sich die delikate, kleine Schau. Und vielleicht muss man so perfekt wie Sarah Dudley die Kunst der Lithografie beherrschen, damit man auf Anhieb versteht, was die Steine flüstern. Die Betrachter ihrer Arbeiten haben es da schon wesentlich leichter. Sie können schauen und erkennen, was die Steindruckerin vernommen hat.
Vier Serien hat die 42-Jährige mitgebracht. „Forbidden Fruit“ — Verbotene Früchte — nennt sie eine Folge von Arbeiten, zu denen sie im Lauf der Jahre immer wieder einmal inspiriert wird. Die ersten, die sie in Fürth zeigt, sind 2001 entstanden, die jüngsten erst vor kurzem. Als Anregung diente stets eine Geschichte.
Für die siebenfarbige Lithografie vom Kürbis, die sie mit „Nightlight“ betitelte, steht die Verbindung der Frucht zu Halloween im Fokus und der alte Brauch, in die ausgehöhlte Hülle ein Licht zu stellen, auf dass herumspukende Geister sich erschrecken mögen. Schon allein diese Arbeit zeigt, wie meisterlich die junge Frau, die aus Kanada stammt und seit fast sieben Jahren in Berlin lebt, mit dem Steindruck umgeht.
Faszinierende Texturen und fein definierte Farbverläufe üben einen Reiz aus, der den Blick gefangen hält. Sarah Dudleys Arbeiten erscheinen in sehr überschaubaren Auflagen. Nicht mehr als zehn Blätter gibt es üblicherweise. Ein weises Konzept, das Exklusivität wahrt und das Besondere deutlich macht. „Es ist ja auch nicht mehr wie in den 80ern, als sich manche Drucke wie warme Semmeln verkauften“, sagt die Künstlerin.
Kategorische Individualität dominiert auch in den Sujets. Die vier knapp über postkartengroßen Arbeiten mit dem verheißungsvollen Titel „Saucerful of secrets“ sind Unikate. Und sie denken gar nicht daran zu enthüllen, welche „Geheimnisse in der Untertasse“ sie bergen. Dudley hat die jeweils zweifarbigen Drucke dieser Serie abschließend mit Handzeichnungen versehen. Wörter sind zwischen den strahlenden Rot- und Orangetönen zu erkennen. Was da steht? Verrät die Künstlerin selbstredend nicht. „Wäre ja sonst kein Geheimnis mehr.“
Spurensuche fordert auch ihre „Schultafel“-Serie heraus. Auf zweifarbige Lithografien, die ein monochromes Schiefergrau vorweisen, hat sie Tagebucheinträge hinterlassen. Wie eine Strafarbeit mutet allerdings ihr exakt 14-mal wiederholtes Mantra an, das verlangt „I must be absolutely perfect in every little thing I do“. Absolut perfekt sein, in jedem Detail – was für eine Zumutung. Es ist eine sehr private Folge von gute Zeiten, schlechte Zeiten, an der die Künstlerin hier teilhaben lässt. Ein intimer Blick auf ein Innenleben, der schamhaftes Abwenden unmöglich werden lässt. Mit ihrem Partner Ulrich Kühle führt sie in Berlin „Keystone Editions“, Verlag und Werkstatt für Lithografie. Nach Fürth hat Sarah Dudley deshalb auch Aktuelles von Künstlern mitgebracht, die bei ihr gedruckt wurden. Zu sehen sind Blätter von Peter Linde Busk und Monika Goetz.
Die weitgereiste Sarah, die sich vorgenommen hat, wenn möglich an jedem Ort dieser Erde ihre Arbeiten auszustellen, bespielt auch das klassische Selbstporträt. Was naheliegend erscheinen muss. Die drei Werke aus dieser Gruppe, die sie im ARTroom präsentiert, sind jeweils zweigeteilt. Die beiden Partien der Doppel-Ansichten fügen sich bei exaktem Ansehen nicht haargenau zusammen. „Es sind Selbstporträts von Innen, von Träumen inspiriert“, gibt die Künstlerin zu Fragen über Zerrissenheit und auseinander strebende Linien preis. Vor dem Entstehen ihrer Frau in „Saffron Robes“, in safranroten Gewändern, habe ihr geträumt, sie sei eine buddhistische Nonne mit kahl geschorenem Schädel und meditiere. Eine rückenlange Haarpracht habe sie damals — der Druck entstand im Jahr 2000 — gehabt, gesteht sie noch ein.
Heute sind Sarah Dudleys Haare streichholzkurz. Mehr von ihren Träumen und Geheimnissen gibt es in der Galerie Art-Room (Gebhardtstraße 2) bis 4. Oktober.
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