Stadttheater: Jean Renshaw insziniert "König Ubu"

8.10.2019, 17:31 Uhr
Stadttheater: Jean Renshaw insziniert

© Hans-Joachim Winckler

Das erste Wort genügte, um die Uraufführung im Dezember 1896 in Paris zum handfesten Skandal zu machen. "Merdre", sprach Ubu. Und ein Tumult brach aus. Der denkwürdige Begriff - auf Deutsch wird er gerne mit "Schreiße" übersetzt - findet sich bis heute in keinem Wörterbuch, bedurfte aber zu keiner Zeit einer Erklärung. Doch damit war vom Start weg der Ton vorgegeben, zu einem Stück, das Jean Renshaw liebevoll "eine Groteske in fünf Akten" nennt, mit eindeutigen Bezügen zu Shakespeares Macbeth: "Es zeigt ganz stringent die Mechanismen des Machtmissbrauchs."

Seit seinem aufregenden Bühnenstart ist dieser Ubu ein Dauergast in den Theatern. Für Alfred Peter ist die Auseinandersetzung damit eine Herausforderung. "Die Verrücktheit der Vorlage fordert einen auf, nach den Wurzeln der Theatermöglichkeiten zu graben und alle Routine zu vergessen." Wie sieht denn die Gestaltung der Stadttheaterbühne nun konkret aus? "Es wird ein realistischer Raum sein", verrät Peter, und Jean Renshaw untermauert: "Ich glaube, durch diese realistische Umgebung entsteht ein Subtext, der es für den Betrachter schwer macht, das Stück einfach so von sich wegzuschieben."

Was genau darf man sich jetzt unter dieser Ausstattung vorstellen? Doppeltes Kopfschütteln. Wird noch nicht verraten. "Wir stellen uns vor, dass die Zuschauer zu Beginn auf die Bühne schauen und zunächst noch nicht erkennen können, zu welcher Veranstaltung sie gekommen sind." Es sei wichtig, dem Spiel ein Zentrum zu verordnen, einen Assoziationsraum. Die Regisseurin macht klar: "Jarry spielt mit dem Text, er hat sehr viel geschrieben, was erst einmal nach Blödsinn klingt, aber dann plötzlich in der Summe doch Sinn ergibt."

Überführung mit Worten

Für Jean Renshaw ist Fürth ein vertrauter Spielraum. Am Stadttheater inszenierte sie unter anderem bereits "Wish you were here", "Könige", "Die Lästigen" oder "Der Tunnel". Alfred Peter studierte Bühnen- und Filmgestaltung in Wien und arbeitete in jüngster Zeit zum Beispiel mit dem Berliner Ensemble oder am Theater Freiburg. Für ihn ist "Ubu"-Autor Jarry "ein Trickser und Spieler, dem es gelingt, den Zuhörer mit Worten zu überführen, weil man plötzlich etwas zu verstehen glaubt, was aber gar nicht gesagt wurde".

Und, ja, dieser "König Ubu", Luis Lüps spielt ihn in Fürth, kann ein unterhaltsamer Abend werden, sofern man schwarzen Humor mag. "Es ist ein lustiges Stück, aber zugleich auch ein sehr ernstes, man tanzt zwischen bitterer Ernsthaftigkeit und Komödie." Wichtig ist der Regisseurin nicht zuletzt die unbequeme Erkenntnis, dass wahrscheinlich "jeder etwas von Ubu in sich hat". Keine schönen Züge sind das, aber nicht zuletzt liegt darin wohl die erstaunliche Zeitlosigkeit dieses Stoffes begründet.

Etwas Besonderes ist die musikalische Begleitung des Fürther "Ubu". Norbert Nagel, Andreas Blüml, Werner Treiber und Frieder Nagel spielen live mit direktem Kontakt zum Bühnengeschehen. "Das ist exzellent", schwärmt Renshaw, "sie werden teilweise improvisieren, das ist eine große Freiheit, die ich wunderbar finde." Mitwirken wird auch der Tänzer Martin Dvorák, der in Fürth schon in "Könige" dabei war. Spiel und Tanz werden ineinander verwoben sein. Renshaw: "Dvorák spricht eine Art von anderer Sprache, das macht es sehr reizvoll."

Für sie habe sich die Vorbereitung dieser Aufführung wie ein Puzzle angefühlt, "und ich liebe Puzzle". Schritt für Schritt sei sie in Welten vorgedrungen, die sie noch nie betreten habe. Eine Vorgehensweise, für die die Regisseurin das perfekte Wort hat: "Für mich ist das Genussarbeiten."

Info"König Ubu": Premiere am 11. Oktober, 19.30 Uhr, Stadttheater. Weitere Termine: 12.-19. Oktober, jeweils 19.30 Uhr. Karten in der FN-Geschäftsstelle (Schwabacher Straße 106, Tel. 2 16 27 77) und an der Theaterkasse.

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