Uschi Glas sorgt fürs Frühstück an Fürther Schulen
24.4.2016, 06:00 UhrKlar, die Frau, die ihren Mitschülern gerade Brot, Gurkenscheiben oder Müsli anbietet, kennen sie, sagen Marco und seine Freunde: "Aus ,Fack ju Göhte‘!" In dem Film, der 2013 die Massen ins Kino zog, spielte Uschi Glas eine Lehrerin.
Die Frau, die 1968 - ein halbes Jahrhundert vor "Fack ju Göhte" - mit dem Film "Zur Sache, Schätzchen" bekannt wurde, könnte ihre Oma sein, 72 Jahre alt ist Uschi Glas. Aber die Jungs sind angetan: "Es hat sich gelohnt, früh aufzustehen!", sagt Jannick, der die zweite Klasse besucht.
Das findet auch Uschi Glas, die mit ihrem Mann Dieter Hermann am Morgen nach Fürth gefahren ist, um hier den offiziellen Startschuss für ihr Projekt "Brotzeit" zu geben. Die "Pesta" hat vor drei Wochen als erste Fürther Schule damit losgelegt, die Hans-Sachs-Mittelschule kam in dieser Woche hinzu. Die Grund- und Mittelschule Kiderlinstraße folgt bald.
Erst seit einem Jahr sind Schulen in Mittelfranken überhaupt dabei. Dabei hat Glas mit ihrem Mann den Verein "brotZeit" schon 2009 gegründet. Damals hatte sie davon gehört, wie viele Kinder - es sollen bis zu 30 Prozent der Grundschüler sein - ohne Frühstück und ohne Pausenbrot losgeschickt werden, und war aufgewühlt, wie sie erzählt. Sie habe sich dann erkundigt, wie sie helfen könnte. "Bringen Sie Zwieback vorbei", wurde ihr gesagt.
Sie brachte Zwieback, doch das war nur der Anfang. Inzwischen wird ein einfaches, ausgewogenes Frühstück an mehr als 150 Schulen in Deutschland angeboten. Gedacht ist das Angebot für Brennpunktschulen, in denen mindestens zehn Prozent der Schüler zuhause kein Frühstück bekommen. Weil das Geld fehlt. Oder sich die Familien die Zeit nicht mehr nehmen. Die Gründe, sagt Glas, sind vielfältig.
Vor Ort werden Senioren gesucht, die sich ehrenamtlich engagieren wollen und ab 7 Uhr die Mahlzeit vorbereiten. Um 7.30 Uhr kommen in der Pesta dann die ersten Schüler in den Frühstücksraum, jedes Kind ist willkommen, rund 40 schauen täglich vor Unterrichtsbeginn hier vorbei.
Sie sollen sich hier nicht schnell mal ein Stück Brot in den Mund schieben, sondern sich hinsetzen. Erfahren, wie schön gemeinsame Mahlzeiten sein können. Wichtig ist Glas, dass möglichst immer dieselben Helferinnen und Helfer - sie nennt sie "Brotzeitengel" - da sind, dass sie zu festen Bezugspersonen werden, die auch mal trösten, wenn es Kummer gibt.
Dem Verein geht es um mehr als Essen: "Wir schenken Brot und Zeit", steht auf dem Kittel der Helferinnen. Wer hungrig ist, kann sich schlecht konzentrieren. Wer am Morgen kaum Ansprache zuhause hat, hinkt anderen Kindern beim Wortschatz hinterher. Das Projekt verbessere Schulnoten und Sozialkompetenzen, sagt Glas.
Rektoren von Schwabacher Schulen, die gestern - zum Austausch mit Uschi Glas und mit Pestalozzi-Schulleiter Thomas Bauer - nach Fürth kamen, berichten von großen Veränderungen, die sie bemerken. Fast ein Jahr läuft das Projekt bei ihnen schon, "die Kinder arbeiten anders und reagieren anders", sagt Ulrike Ringlein. Seine Schule habe das Projekt wirklich "gebraucht", sagt Bauer. Und auch Wolfgang Brunner, Rektor der Mittelschule Kiderlinstraße, kann es nicht erwarten, bis es dort losgeht. Zu oft erlebe er, dass Schüler ohne Essen in den Tag starten.
Neben dem Discounter Lidl, der das Essen an allen teilnehmenden Schulen kostenlos zur Verfügung stellt, unterstützt das bayerische Sozialministerium das Projekt mit Fördermitteln. Das Geld fließt teils in Aufwandsentschädigungen für die Helfer, teils in die hauptamtlichen Kräfte, die das Projekt koordinieren. Nach drei Jahren will der Freistaat die Erfahrungen auswerten.
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