Verzaubert von Aschenputtel, Schneewittchen & Co.

03.03.2013, 10:00 Uhr
Verzaubert von Aschenputtel, Schneewittchen & Co.

© Hans-Joachim Winckler

Sie werden geliebt. Und wurden verteufelt. Ihr Personal – von der Kinder fressenden Hexe bis zum unersättlichen Wolf – bekam immer mal wieder Kinderzimmerverbot und schlich sich trotzdem stets zurück. Nicht zuletzt, weil Hollywood die Märchenstoffe regelmäßig verfilmt. Doch die erste Begegnung mit Hänsel, Gretel und Co. sieht meist so aus: „Meine Oma hat mir vorgelesen“, erinnert sich Mark Spath. Der 18-Jährige griff so bald wie möglich selbst zum Buch: „Ich fand die Märchen eigentlich alle schön“, sagt Mark, der als Auszubildender in der Buchhandlung Jungkunz dabei ist, seine Leidenschaft zum Beruf zu machen. Gab es eine Figur, die er besonders mochte? „Es ist nicht so, dass ich mich mit einem identifiziert habe, aber besonders spannend sind natürlich die Bösen. Die Stiefmutter von Aschenputtel, die mag ich zwar nicht, aber sie hat etwas Faszinierendes.“

Verzaubert von Aschenputtel, Schneewittchen & Co.

© Hans-Joachim Winckler

Matthias Sörgel liest im Moment schon fleißig vor, aber Märchen sind noch nicht angesagt: „Dafür ist meine Tochter mit anderthalb etwas zu klein.“ Der 33-jährige Atmosphären-Chemiker findet die Grimm’schen Geschichten spannend, und zwar „vor allem die Grundmuster menschlicher Konflikte, die darin aufgezeigt werden“. Er selbst hatte als Junge eine andere Vorliebe: „Ich wollte Sachbücher vorgelesen bekommen.“ Mit vier Jahren entdeckte er seinen Favoriten, ein Vogelbestimmungsbuch. Ein Märchen, das er besonders schätzt, gibt es aber auch. Es stammt zwar nicht von den Brüdern, ist aber ein beliebter Klassiker: „Peter und der Wolf“.

Verzaubert von Aschenputtel, Schneewittchen & Co.

© Hans-Joachim Winckler

Ungezählte Male wurden König Drosselbart und alle seine Kollegen bereits dargestellt. Auch Andrea Jungkunz hat Spaß an schönen Illustrationen: „Mir gefällt das entsprechende Buch mit den Zeichnungen des tschechischen Künstlers Adolf Born sehr“, sagt die Buchhändlerin. „Das Beste ist, dass er nicht die gruselige Seite der Geschichten zeigt, sondern alles freundlich und sogar mit Witz zeichnet.“ Sie beschäftigt sich gerne mit Märchen, weiß aber genau, wie gruselig so manche Szene wirkt: „,Das kalte Herz‘ gehört zu dieser Sorte, das lässt einen nicht mehr los.“

Verzaubert von Aschenputtel, Schneewittchen & Co.

© Hans-Joachim Winckler

Eine Erfahrung, die auch Tatjana Schuh gemacht hat: „Als Kind fand ich im Grunde alles von den Grimms ein bisschen erschreckend, das gehörte nicht zu meiner Lieblingslektüre.“ Inzwischen hat sich das geändert. „Je älter ich werde, desto wichtiger werden Märchen für mich, ich habe mir vorgenommen, mehr davon zu lesen“, erklärt die 27-Jährige, die ihren Master in Literatur macht. Spaß, sagt sie, hat sie schon auch mal an den Disney-Märchenfiguren: „Ich fand zum Beispiel ,Rapunzel – Neu verföhnt‘ ganz lustig, nicht zuletzt, weil die Heldin eine starke junge Frau ist, die ihr Leben hinterfragt und handelt.“

Verzaubert von Aschenputtel, Schneewittchen & Co.

© Hans-Joachim Winckler

Als kleines Mädchen, erinnert sich Sibylle Brunner, hat sie es sehr genossen, wenn die Eltern ihr aus dem Märchenbuch vorlasen. Die 57-Jährige, die als Buchhändlerin bei „Edelmann“ arbeitet, ist sich sicher: „Wie Kinder mit den Grausamkeiten in manchen Geschichten zurechtkommen, hängt nicht zuletzt von den Eltern ab.“ Wird das Gehörte entsprechend erklärt, kann es besser verarbeitet werden. „Wobei das Thema heute ja ohnehin in einem besonderen Licht erscheint, wenn man sieht, was Kinder im Fernsehen oder in Videospielen mitbekommen“, überlegt Sibylle Brunner. Ihr selbst gefällt die Sprache der Brüder Grimm sehr: „Solche Sprüche wie ,Knusper, knusper, knäuschen‘ oder ,Spieglein, Spieglein an der Wand‘, die begleiten einen ein ganzes Leben lang.“ Obwohl eine ganze Reihe von Begriffen aus dem Grimm’schen Vokabular inzwischen nicht mehr geläufig ist, plädiert sie für die Originaltexte: „Ein unbekanntes Wort wie zum Beispiel ,gesotten‘ kann man doch gut erklären.“

Vanessa Bendler ist acht Jahre alt, geht in die zweite Klasse und weiß genau, warum sie Märchen liebt: „Manchmal sind die fantastisch und manchmal nicht so.“ Sie ist mit Oma Hannelore und Opa Jörg Bendler aus Veitsbronn in die Stadt gefahren und verrät: „Der Opa hat mir ein Märchenbuch geschenkt, das lese ich immer.“ Jeden Sonntag schaut sie sich außerdem, wenn möglich, im Kinderkanal eine Verfilmung an. „Am schönsten ist ,Drei Haselnüsse für Aschenbrödel‘.“ Überhaupt ist Aschenputtel für Vanessa die Tollste im Reigen der Grimm’schen Prinzessinnen: „Die finde ich am allerbesten, weil sie immer was erlebt, so schöne Sachen macht und es am Ende den bösen Schwestern zeigt.“

Das sind doch drei ganz hervorragende Gründe, ab und zu ein Märchenbuch aufzuschlagen. Zu schade nur, dass die Sache mit dem Wünschen heutzutage nicht mehr klappt...

Keine Kommentare