Von Zebras, die zu viel wissen

03.01.2009, 00:00 Uhr
Von Zebras, die zu viel wissen

© mvo

Immanuel Reinschlüssel ist der Tiefsinnige der beiden, der mit «Briefe aus Styx» geheime Seelenschichten bloßlegt und erstaunlich viel an Selbsterkenntnis wagt. Robert Wolfgang Segel wiederum hat seinen Part «Das Zebra, das zu viel wusste» genannt. Er gibt sich kritischer, politischer, in einigen Passagen auch witziger. Erich Kästner ist nach wie vor das Vorbild des Studenten, darum hat er jeweils passende Zitate des Meisters unter seine Gedichte gesetzt.

Was die beiden Fürther Freunde verbindet, ist ein hellwacher Blick und ein unverbrauchter Zugang zum Leben. Die Jungs sind aber auch persönlicher und, ja tatsächlich, romantischer geworden als beim 2006 erschienenen Erstling «Träume»/«Nimmerland».

Ihre Gedichte werfen zwingende Fragen auf, die schon beim Zuhören im sehr gut besuchten ökumenischen Gemeindezentrum in der Gerhart-Hauptmann-Straße nachhaltig beschäftigen. Darum nehmen auch viele der 80 Gäste das kleine Buch mit, das man wenden muss, um zu den Werken des jeweils anderen Poeten zu gelangen - eine hübsche und geldsparende Idee.

Hat man sich hineinbegeben, wird man konfrontiert mit ungewöhnlichen Gedanken und Sichtweisen, darf leibhaftig Zeuge von zerbrochenen und glücklichen Lieben werden und im Vollen schwelgen.

Energie aus Wut

Reinschlüssels Markenzeichen ist ein kraftvoller Surrealismus, der Gegenständen und Worten eine poetische Aura gibt, Segel tuscht seine Texte mit energischen Strichen aufs Papier und holt seine Energie auch aus der Wut über manche gesellschaftlichen Zustände.

Viele Junglyriker tummeln sich derzeit auf dem Markt, darunter sind manche, die, um von allen Zweifeln ungeplagt schreiben zu können, erst gar nicht angefangen haben, zu lesen und sich gründlich zu bilden. Segel und Reinschlüssel dagegen bearbeiten ihre Sujets mit spürbar solidem Hintergrundwissen und klassischem Humanismus im Gepäck.

Andere Poeten pappen über das Nichts eine schillernde Glasur, verpassen der Sentimentalität einen Lack von Coolness. Die Fürther Schaffenskrise dagegen scheut auch vor schwergewichtigen Inhalten und der Spiegelung wahrer Gefühle nicht zurück.

«Briefe aus Styx»/«Das Zebra, das zu viel wusste», 57 Gedichte aus Styx und vom Zebra, für 6 Euro zu beziehen unter www.schaffenskrise.eu