Wettbewerb: Ansturm auf den Fürther Ethik-Preis

9.7.2019, 21:00 Uhr
Wettbewerb: Ansturm auf den Fürther Ethik-Preis

© Simon Schübel

Peter Dabrock weiß, wie die Welt ein bisschen besser werden kann. Den Gewinnern des Schülerwettbewerbs rät der in Fürth lebende Professor und Vorsitzende des Deutschen Ethikrats: „Denken Sie zweimal nach und engagieren Sie sich, dann arbeiten wir gemeinsam an diesem Ziel.“

Bereits zum fünften Mal hatte die Fürther Wilhelm-Löhe-Hochschule (WLH) ihren Ethik-Wettbewerb ausgerufen, zum zweiten Mal konnten Schulen nicht nur aus Bayern, sondern aus ganz Deutschland teilnehmen. "Früher wurden sechs oder sieben Beiträge eingereicht, und die kamen alle aus der Region", erinnert sich Professor Elmar Nass, Leiter des Ethikinstituts der WLH. "Dieses Jahr hatten wir 25 Teilnehmer, unter anderem aus Berlin, Mannheim und Braunschweig."

Die Aufgabe stellt die Hochschule absichtlich sehr offen. Beteiligen können sich Jugendliche unterschiedlicher Schulformen ab der neunten Klasse aufwärts. "Sie sollen ein Problem von verschiedenen Seiten beleuchten und am Schluss Position beziehen", erklärt Nass. In welcher Form – ob als Podcast, Film, als Plastik oder aber als Theaterstück – das bleibt den einzelnen Gruppen überlassen.

Neben drei Hauptpreisen vergibt die Jury Preise für besonders kreative Arbeiten. In diesem Jahr gingen diese an Elftklässler des Annette-von-Droste-Hülshoff-Gymnasiums in Münster und den Ethikkurs der neunten Klasse des Olympia-Morata-Gymnasiums in Schweinfurt.

Die Schweinfurter hatten gleich vier Beiträge eingereicht. Eine Gruppe erstellte ein Plakat zum Thema Freiheit. "Wir haben erst in der Gruppe über Freiheit an sich geredet und das Thema dann aus dem Unterricht nach draußen gebracht", sagt die 15-jährige Ezgisila Akdemir.

Die Schülerinnen befragten dazu gut tausend Privatleute im Alter zwischen zehn und 92 Jahren. Das Ergebnis überrascht: "Es gibt keine Definition von Freiheit, weil jeder anders darüber denkt", fasst Ezgisila Akdemir zusammen.

Der erste Platz ging dieses Jahr an zwei Abiturientinnen des Albert-Schweitzer-Gymnasiums in Erlangen: Valerie Heyne und Chenlin Ruan befassten sich mit dem Thema "Rettungsgeschwister". So bezeichnet man Kinder, die nur deshalb gezeugt wurden, um für ein krankes Kind als Organ- oder Gewebespender zu dienen.

"Wer betroffen ist, denkt anders"

"Bei dem Thema spielen unterschiedlichste Aspekte mit hinein", erläutert Valerie Heyne. "Oft werden Rettungskinder mit Designerbabys verwechselt." Zwar werden beide durch künstliche Befruchtung erzeugt, aber bei Designerbabys wird genau der Embryo ausgewählt, der die Merkmale – etwa Haarfarbe und Augenfarbe – in sich trägt, die die Eltern haben wollen. Bei einem Rettungskind hingegen wird der Embryo ausgetragen, der die beste genetische Übereinstimmung mit dem kranken Kind hat.

Ihren Wettbewerbsbeitrag haben Valerie Heyne und Chenlin Ruan dreigeteilt. Zum einen beleuchteten sie das Thema aus verschiedenen philosophischen Richtungen. Zum anderen entwarfen sie ein Internetforum, in dem sie selbst Beiträge zur medizinischen Vorgehensweise, der juristischen Situation in Deutschland und aus Sicht von Betroffenen schrieben.

Zum Abschluss verfassten beide Abiturientinnen je einen persönlichen Brief, in dem sie sich ethisch mit dem Thema auseinandersetzten. "Es ist schwer, darüber zu urteilen, wenn man nicht selbst betroffen ist", resümiert Chenlin. "Für Außenstehende ist es einfacher, darüber zu reden. Wer selbst in der Situation ist, denkt ganz anders darüber."

Bleibt noch die Frage: Was ist Ethik eigentlich? Professor Dabrock sieht das so: "Ethik ist keine Moralverstärkung, sondern der Versuch, gegenüber allem Moralisierenden Abstand zu gewinnen", sagte er an die Preisträger gewandt. "Machen Sie weiter so. Nehmen Sie Abstand von Situationen, denken Sie zweimal nach und agieren dann mit Hirn und Herz."

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