Zwischen Spieltrieb und Sinnlichkeit

21.01.2018, 12:00 Uhr
Zwischen Spieltrieb und Sinnlichkeit

© Foto: André De Geare

In den großzügigen Räumen der Akademie stehen sie bereit: Sechs Werke, mit denen die Absolventinnen des Aufbaustudiums Bildende Kunst an die Öffentlichkeit gehen. Jede von ihnen hat zuvor das berufsbegleitenden Grundstudium absolviert, die vergangenen zwei Jahre dienten nun vor allem "dem Finden einer eigenen Sprache und eines ganz persönlichen Themas", sagt Markus Kronberger, Kurator der Schau.

"Die Arbeit muss jetzt absolut authentisch sein und mit der eigenen Person verbunden." Eine Forderung, der etwa Silvia Hahn mit großer Offenheit nachgekommen ist. "sinnlichT" hat sie ihre Installation aus neun Lichtsäulen genannt, die sich mit einem Thema auseinandersetzen, das oft tabuisiert oder verlegen ins Lachhafte gezogen wird: "Es geht hier um Alterssexualität", sagt die 64-Jährige, "da hat ein bissl Mut dazu gehört." Erfahrbar wird das nun in Wachs und Ölfarben auf Papier, das sie mit Ritzungen bearbeitet hat. Fäden, geführt mit exakten Nadelstichen, deuten verheilende Einschnitte an.

Leuchtende Kästen

Aus dem sie umgebenden Schwarz lässt Steffi-Babett Wartenberg zwei Kästen aufleuchten, die auf den ersten Blick an magnetische Feldlinien erinnern, die beim Experimentieren mit winzigen Eisenteilchen entstehen können. Hier sind jetzt allerdings kleine Stempelabdrücke im Spiel, die Wartenberg als Mini-Totenköpfe beziehungsweise als Daumen im typischen Gestus der Zu- oder Abneigung entworfen hat. Damit gewinnen die Flucht- und Ballungslinien der Arbeiten plötzlich an Bedeutung. Sie beginnen von Gruppen zu berichten, von Dynamik, Mitläufertum.

Mit ungewöhnlich großformatigen Aquarellen erzählt Angelica Nothas vom Zyklus der Jahreszeiten. Kombiniert hat sie die Bildwerke mit hermetisch verschlossenen Flaschen, die Wasser und Filtrate von den Ufern der Pegnitz und der ostfranzösischen Saône enthalten. Für die 61-Jährige stellen beide Flüsse Ankerstellen in ihrem Leben dar, der Aufbau ihrer Arbeit schafft nun Verbindung und Abgrenzung in einem.

Der spielende Mensch

Mit einer Performance ist Elisabeth Stromer vertreten. Die 53-jährige Naturwissenschaftlerin hat eine Art Schrägbühne gebaut, auf der sie nun variable, aber stets gleichbleibende Elemente zu immer neuen Anordnungen zusammenfügen kann. Dabei geht es um die fragile Kraft des Gleichgewichts, genau wie um die Unendlichkeit der Variationen. Der Titel ihrer Arbeit, "Homo ludens", fügt eine weitere Komponente hinzu, die Fähigkeiten nämlich, die der spielende Mensch unwillkürlich entfalten kann.

Wie von selbst verführt Dagmar Laffert die Betrachter ihres Beitrags dazu, Assoziationen mit einem Nest zu entwickeln. Komponiert hat sie ihr raumgreifendes Werk aus so ziemlich allem, was denkbar ist – vom Hirschgeweih bis zum Champagnerflaschenverschluss. "Jedes Teil stammt aus der Familie, vom Großvater bis heute", sagt die 69-Jährige. Das generationenumspannende Ur-Model einer Behausung wird so zur Keimzelle und zum Ursprung.

Auch Christa Mesch (62) ist Naturwissenschaftlerin, hinter ihrer Arbeit steckt eine Systematik, die an einen Versuchsaufbau erinnert. Das Ergebnis ist pure Sinnlichkeit. Die Grundlage ihres Werkes ist in Stein zuhause: "Es gibt bei Faber-Castell einen Farbkasten mit 120 Stiften", erklärt sie. "Ich habe eine ganze Reihe von Zielpersonen gebeten, daraus jeweils drei Farben auszuwählen." Auf glattem Steinpapier hat sie die jeweiligen Töne aufgebracht und folgte dabei einer von ihr zuvor festgelegten Systematik. Das Ergebnis verblüfft: Entstanden sind völlig unterschiedliche Tafeln, so individuell wie ein Porträt.

Z"kunstzone 2018": Akademie Faber-Castell, Mühlstraße 2, Stein. Samstag 11-17 Uhr (Führung um 13 Uhr), Sonntag 11-15 Uhr. Eintritt frei.

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