Fürther OB Jung: Über den ungeliebten Job des Bürgermeisters

Georg Körfgen

Leiter Redaktion Metropolregion & Bayern

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28.11.2019, 06:00 Uhr

Herr Jung, kleine Orte haben Mühe, Kandidaten für den Bürgermeisterposten zu finden. Ist das neu?

Thomas Jung: In der Breite ist das etwas Neues. Früher gab es mal einen Einzelfall, wo sich niemand fand. Aber jetzt wird es zum richtigen Phänomen.

Woran liegt das?
Jung: Ein Stück weit hängt das zusammen mit den neuen Medien. Sie bringen ein ganz anderes Anforderungsprofil an Kommunalpolitiker mit sich: Früher hat man einen Beschwerdebrief bekommen. Der kam mit der Post, dann lag er auf dem Schreibtisch, dann hat ihn jemand bearbeitet und zwei, drei Wochen später kam vielleicht ein Antwortbrief. Da waren dann viele Emotionen schon weg. Jetzt bekomme ich von jemandem, der im Stau steht, eine Mail voller Wut, weil er im Stau steht. Und es wird eine sofortige Lösung des Problems erwartet. Früher war der Aufwand für den Bürger höher. Man musste ja erst einen Brief schreiben, eine Briefmarke kaufen und zum Briefkasten gehen. Damit zurechtzukommen, schreckt manche, die sich gerne für das Gemeinwohl einsetzen würden.

Wie geht man damit um?
Jung: Natürlich kommt mit einer langen Amtszeit eine gewisse Gelassenheit. Eine gewisse Unaufgeregtheit ist in jedem Fall angemessen. Selbstbewusstsein ist nicht schlecht, auch eine Offenheit, ja vielleicht Liebe zu den Menschen. Man muss nicht selbst Briefmarken sammeln, aber man muss Verständnis haben, dass jemand gerne Briefmarken sammelt.


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Müssen die Parteien für Aufgaben wie eine Bürgermeisterin oder einen Gemeinderat werben?

Jung: Es ist weniger eine Aufgabe allein der Parteien, sondern der gesamten Gesellschaft. Es ist ein Arbeitsplatz, der durch seine Vielfältigkeit besticht. Ein Bürgermeister hat im wahrsten Sinne von der Wiege bis zur Bahre, von der Geburtsabteilung des Klinikums bis zur ökologischen Umgestaltung des Friedhofs eine Bandbreite von Aufgaben, die kaum ein anderer Beruf bietet. Für alle, die Lust haben, sich mit unterschiedlichsten Menschen zu befassen, ist Bürgermeister ein schöner Beruf.

Wenig attraktiv ist im kommunalen Bereich die Arbeitsbelastung. Bürgermeister selbst kleinerer Gemeinden haben oft eine 70- oder 80-Stunden-Woche.

Jung: Da darf man sich nichts vormachen. Man kann sich darüber streiten, ob es harte Arbeit ist, wenn man bei einem Vereinsfest sitzt. Aber es ist Zeit, die ich nicht anders verbringen kann. Da kann ich dann am Sonntagabend keinen Tatort anschauen. Für manche ist abschreckend: Du bist als kommunaler Politiker sehr greifbar und zu jeder Zeit und jeder Gelegenheit gefordert. Ich fahre am Wochenende deswegen gerne mal raus aus Fürth.

Nach Nürnberg.
Jung:Eher selten, denn da werde ich auch oft erkannt und gefragt: Was macht jetzt der Jung in Nürnberg?

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