Grausamer Tod im Baumhaus: Wenn Kinder zu Mördern werden
23.4.2021, 07:38 UhrBaumhäuser sind für Kinder Rückzugsorte. Hier lesen sie, spielen, schmücken ihre Fantasiewelten aus. Es ist ein Platz, an dem Erwachsene eher nicht erwünscht sind. Kinder sind unter sich. Doch von solcher Romantik wird die Geschichte, die wir in unserem Podcast abgründe. erzählen, nicht getragen. Aber vom kompletten Gegenteil. Denn das Baumhaus, das es Anfang der 80er Jahre im Norden von Nürnberg stand, wurde zum Alptraum und zum Tatort kaltblütiger Morde.
Im Mittelpunkt der schrecklichen Ereignisse steht S. Dem 15-jährigen Jugendlichen gehörte das Baumhaus im Schrebergarten seiner Eltern. Hier setzte er seine kaltblütigen Pläne um und brachte zwei Buben im Alter von sieben und acht Jahren um. Der Fall hatte im Sommer 1983 bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Niemand konnte sich einen Reim darauf machen, was einen Jugendlichen dazu treibt, zwei Grundschüler sexuell brutal zu missbrauchen und sie dann auf grausame Art und Weise zu töten.
Polizeihauptkommissar Bert Rauenbusch hat den Fall in seinem Buch "100 Jahre Kriminalgeschichte in Mittelfranken" 2018 wieder aufgegriffen. In einer weiteren Recherche hat Polizeireporter Alexander Brock, der zusammen mit Moderatorin Lena Wölki im Podcast über den Fall spricht, sich mit dem Fall befasst und darüber geschrieben. Es gibt wohl kaum ein Verbrechen, das unserem Podcast-Titel abgründe. so gerecht wird.
S. war damals in der 8. Klasse der Ludwig-Uhland-Schule. Als er den ersten Mord plante und am 30. Juni 1983 umsetzte, kam ihm die Kriminalpolizei Nürnberg schnell auf die Spur und kam in U-Haft. Das, was dann geschah, ist für Außenstehende kaum nachzuvollziehen: Im November 1983 setzte das Gericht den Haftbefehl außer Vollzug - bis zur Hauptverhandlung sollte S. auf freien Fuß kommen. Kaum nachzuvollziehen ist diese Entscheidung aber nur in der Rückschau, im Wissen, dass der Jugendliche im März 1984 noch vor der Hauptverhandlung einen weiteren Buben aus seiner Schule tötete. Ein Erklärungsversuch ist in der Podcast-Folge zu hören. Zu Wort kommt darin auch ein Spezialist für Jugendkriminalität: Werner Gloss, Sprecher der Bundesarbeitsgemeinschaft Polizei in der Deutschen Vereinigung für Jugendgerichte und Jugendgerichtshilfe, ordnet den Fall S. ein.
Die damaligen Ereignisse warfen viele Fragen auf. Eine brannte der Öffentlichkeit gewaltig auf den Nägeln: Wie konnte es sein, dass der Haftbefehl außer Vollzug gesetzt wurde. Ein Baustein der zur Entscheidung des Gerichts geführt hatte, war das Gutachten einer Kinder- und Jugendpsychologin. In ihrer Expertise nach dem ersten Mord im Sommer 1983 kommt sie zu dem Schluss, dass eine Wiederholungsgefahr bei dem 15-Jährigen "nicht wahrscheinlich" sei. Es war eine Fehleinschätzung.
Zu hören gibt es den neuen Podcast "Abgründe" jeden zweiten Freitag.
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