Ein zufriedenes Leben mit der neuen Leber

4.12.2013, 16:01 Uhr
Ein zufriedenes Leben mit der neuen Leber

© Werner Falk

Gekommen waren auch Männer. Alle hörten im Gasthaus Oberhauser gespannt den Bericht aus erster Hand. Die Moderation übernahm Ortsbäuerin Elfriede Münderlein.


1989 war bei Reule die Diagnose Leberzirrhose festgestellt worden. Die Bedrohlichkeit der Erkrankung trotz konsequenter Umsetzung der ärztlichen Empfehlungen wurde ihm 1996 bewusst, als es zu lebensbedrohlichen Blutungen aus Krampfadern in der Speiseröhre kam und die Ärzte zu kämpfen hatten, um sein Leben zu erhalten. Von da an waren immer wieder Krankenhausaufenthalte notwendig, einige auch auf der Intensivstation.


2006 kam er auf Initiative seiner Hausärztin auf die Warteliste für eine Lebertransplantation, er wurde in Erlangen „gelistet“. Ein umfangreiches Bündel an Voruntersuchungen war vorher zu absolvieren. Organe sind rar, und es muss gesichert sein, dass sie „effektiv“ eingesetzt werden: Verschiedene Fachärzte prüften „auf Herz und Niere“, ob nicht irgendwo ein versteckter Krebs oder eine Entzündung im Körper steckten, die eventuell den Erfolg der Operation zunichte machen würden.


Eindrücklich schilderte der Referent, wie er sich 14 Zähne ziehen lassen musste, um auch den kleinsten Entzündungsherd im Körper zu beseitigen. Auch wurde geprüft, ob er die notwendige Zuverlässigkeit mitbrachte (absoluter Alkoholverzicht, verlässliche Tabletteneinnahme, regelmäßiges Erscheinen zu den notwendigen Untersuchungen). Er musste jetzt immer telefonisch erreichbar sein und trug hierfür ein Handy bei sich. Der Koffer stand gepackt zu Hause...
Was er heute weiß: Er war damals noch viel zu gesund, um ernsthaft eine Chance zu haben, ein Organ zu erhalten.


Es musste erst noch viel schlimmer kommen: Ab 2009 hatte er, jetzt schon schwer von der Krankheit geschwächt, nicht mehr die Kraft, seiner geliebten Arbeit im Obi-Baumarkt weiter nachzugehen. Ein weiterer Tiefschlag erfolgte Anfang 2010: Es kam zu einer Thrombose der Pfortader, Erlangen hielt jetzt eine Transplantation für technisch nicht mehr möglich. Reule fühlte sich aufgegeben.


Eine Vorstellung am Transplantationszentrum in Regensburg gab ihm wieder Hoffnung. Professor Dr. Hans Schlitt traute sich den Eingriff zu trotz der Schwierigkeiten, die sich durch die Thrombose ergeben hatten. Ein Spenderorgan war aber weiterhin nicht in Sicht.
Eindrücklich schilderte Markus Reule, wie immer öfter immer größere Mengen Bauchwasser abpunktiert werden mussten, zuletzt Anfang 2012 bis zu sieben Liter, teils mehrfach die Woche. In immer kürzeren Abständen waren Krankenhausaufenthalte notwendig. Der Patient war nicht mehr in der Lage zu laufen, konnte nur noch schwer sprechen, Bauchschmerzen und Atemnot quälten ihn.


Im März war klar: Ohne neue Leber würde er in Kürze sterben. Er kam vorübergehend auf die Palliativstation in Ansbach, von dort wieder nach Regensburg.


Mucksmäuschenstill waren die Zuhörer, als er erzählte, wie seine Tochter Evi sich zur Leberlebendspende bereit erklärte und im Hintergrund schon alle Vorbereitungen hierfür liefen. Der Vater wollte das eigentlich nicht, weil er Angst hatte, es könnte etwas schiefgehen und seine Tochter gefährden.


Wenn er konnte, betete er, dass alles gut werde. Am 13. April kam abends um 21 Uhr der Professor an sein Bett, um ihm mitzuteilen, dass er nun doch eine andere Spenderleber bekommen werde. Dabei handelte es sich um eine Leber mit Mängeln, die nicht über Eurotransplant, die europäische Vermittlungsstelle für Organtransplantationen mit Sitz in Leiden/Niederlande vermittelt wurde, sondern innerhalb des Transplantationszentrums selbst.


Noch in der gleichen Nacht begann die sechseinhalbstündige Operation. An die Zeit danach fehlt im die Erinnerung. Für die Familie war es ein Wechselbad der Gefühle: OP überstanden, Intensivstation, wird er es packen? Das Organ wurde zunächst vom Körper angenommen, dann gab es Komplikationen. Vom 19. auf den 20. stand es wieder Spitz auf Knopf, es musste erneut transplantiert werden. Wie durch ein Wunder gab es jetzt ein passendes Organ für ihn, von Eurotrans vermittelt.


Untermalt von Bildern zeigte Reule, wie es danach langsam aufwärts ging: Erste Wahrnehmung der Umwelt am 1. Mai, Verlegung von Intensiv auf Normalstation, erster Gang nach draußen, wieder laufen lernen am Rollator, Entlassung im August, Geburtstagsfest im doppelten Sinn nach einem Jahr, als er wieder so weit stabilisiert war, dass er sich unter größere Menschenmengen mischen konnte.


Wichtig war es Markus Reule, seine tiefe Dankbarkeit gegenüber beiden Spendern und ihren Angehörigen auszudrücken. Es ist ihm sehr wohl bewusst, dass seine Freude am Leben verbunden ist mit der Trauer über verlorenes Leben des Spenders auf der anderen Seite. Er sagte in Ostheim abschließend: „Mit meiner neuen Leber sorgfältig umzugehen und alles zu vermeiden, was sie schädigen könnte, gebietet schon der Respekt vor dem Spender.“

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