"Erst Kraft, dann Ausdauer - dann tut es nicht so weh"

8.10.2020, 18:09 Uhr

© Foto: Oliver Gold/Zink

Ein Martin Schano ist für seine 42 Jahre relativ sportlich. Sagt auch seine Frau. Nachdem er sein halbes Leben Fußball gespielt hat, fährt er im anderen bisherigen halben Leben viel Fahrrad. Erst seit er vom Hausdach gefallen ist, weiß er, was ein Theraband ist und in der Reha war er erstmals in einem Fitnessstudio.

Diese Discopumper, Personaltrainer-Schüler und Crossfit-Jünger habe ich immer ein wenig belächelt. So viel Lebenszeit, in der man viele gute Bücher lesen und Freunde treffen kann. Neugierig aber hat mich das Wort "Fitness Bootcamp" von "Fresh Air Fit Fürth" gemacht, eine Art Open-Air-Fitnessstudio im Stadtpark. Erst recht der Kurs "Run & Gun", das klingt nach paramilitärischem Drill. Trifft sich hier etwa eine Wehrsportgruppe?

Diese Fitness-Hipster lieben englische Begriffe und Abkürzungen. Am Montag steht auf dem Wochenplan: HIIT – High Intensity Interval Training. Ich entscheide mich aber für "Run & Gun" am Dienstag – und werde enttäuscht. Statt eines brüllenden Ex-GIs erwartet mich ein drahtiger Typ, der mir mit einem Lächeln erklärt, dass "Gun" in seiner Sprache die Muskulatur meint.

Marathon unter drei Stunden

Er heißt Zacharias Wedel, sein Bruder Konstantin stand öfter bei mir im Sportteil als erfolgreicher Leichtathlet des LAC Quelle Fürth. Er selbst hat Sportmanagement studiert, betreibt jetzt ein Rehastudio und trainiert Menschen, die einen Marathon unter drei Stunden laufen wollen. Einer seiner Schüler hat sein Ziel erreicht und steht drei Tage später ohne Muskelkater vor uns. Weil er das oberste Gebot von Zacharias Wedel beachtet hat: "Erst Kraft aufbauen, dann Ausdauer – dann tut es nicht so weh."

Es ist einer der vielen Sprüche an diesem Abend, die als Überschrift über diesen Text taugen würden. Ein anderer stammt von Christian. Er ist 35, Buchhalter einer Pizzeria und wird mir als Übungspartner zugeteilt. Als der Coach sagt, wir sollen Körperspannung aufbauen, antwortet er: "Die habe ich schon eingelagert wie meine Sommerreifen." Von wegen. In den jeweils 45 Sekunden pro Station gibt er Vollgas.

"Die Krabbe" und der "Mountainclimber"

Wir werfen den "Slamball" auf den Boden, wir schwingen die "Kettlebell", dahinter geht es treppauf zur Station "Mountainclimber". Medizinbälle und ein Berg? In meiner Welt sagt man dazu "Zirkeltraining à la Felix Magath". Als ich bei der einzig deutschen Übung "die Krabbe" etwas langsamer werde mit der Begründung, ich sei sieben Jahre älter als er, kommt von Christian nur: "Na und?"

Und so geht das eine Stunde lang, zum Abschluss läuft ein Fitness-Rap-Lied, in dem man beim Refrain "Bring Sally up, bring Sally down" seine Oberschenkel zum Brennen bringt. "Du wirst morgen an uns denken", rufen sie mir zum Abschied hinterher. Sie sollen Recht behalten.

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