"Helden" sägen und schrauben in Gunzenhausen

27.5.2019, 17:11 Uhr

© Reinhard Krüger

Samstag, 7 Uhr morgens. Der Wecker klingelte unerbittlich in vielen Häusern von Haundorf. Nein, nicht bei den Eltern, die vielleicht zur Arbeit mussten, sondern bei Hannah, Silas, Theresa, Simon, Hannes, Annemarie, Eva, Lisa, Paul, Niklas, Christian und Oliver. Sie sind Jugendliche im Alter von 12 bis 19 Jahren. Mühsam schälen sie sich aus den Federn. Samstag, Tag des Ausschlafens. Endlich, nach einer langen fünf-Tage-Woche bis in die Puppen zu pennen. Nicht heute. Heute werden sie zu Helden, so zumindest hat es der KJR angekündigt. Katzenwäsche, schnelles Frühstück.

Um Punkt acht Uhr Abfahrt im Konvoi. Ziel: Bühringerstraße 13 in Gunzenhausen, Sitz der Großtagespflege "Die kleinen Strolche". Noch ahnen die Haundorfer Jugendfeuerwehrler nicht, was sie erwartet, sie wissen nur eines: Eine Sozialeinrichtung braucht ihre Hilfe. "Und anderen Menschen zu helfen, macht Spaß", sagt die 18-jährige Hannah. Die begeisterte Baseballspielerin absolviert in wenigen Wochen ihre Gesellenprüfung als Schreinerin und mischt außerdem wie alle ihre Freundinnen und Freunde bei der örtlichen Jugendfeuerwehr mit.

Hannah ballt innerlich ihre Faust und grinst übers ganze Gesicht, als Simon Egerer, zuständiger Jugendausbilder bei der FFW, zusammen mit seiner Kollegin Lisa Rüger die Aufgaben erläutert und benennt. Handwerkliches Geschick ist gefragt, namentlich Schreinerarbeiten haben sich Rebekka Oechslein, Erzieherin und gfi-Koordinatorin Kerstin Böckler von der Großtagespflege gewünscht. "Um besser Ordnung schaffen zu können, wünschen wir uns für den Gruppenraum und Essbereich jeweils ein Konsolenregal", schreiben sie in ihrem "Wunschzettel".

© Reinhard Krüger

Außerdem freuen sich die Tagesmütter über eine bequeme Sitzgelegenheit im Garten, die Kleinen sollen ihren Gleichgewichtssinn auf einem zu konstruierenden Balancierbalken im Garten schärfen, und zu guter Letzt sollen für die Leseecken Bücherregale geschaffen werden. Viel Holz im wahrsten Sinn des Wortes für die jungen Leute. Das Zeitfenster hat es zusätzlich in sich. Bis spätestens 17.30 Uhr sollen alle Objekte fertig gestellt sein.

Damit nicht alles auf den Schultern von Hannah lastet, hat sich Holz-Industriemeister Macus Bauer bereit erklärt, mit seinem Fachwissen den Jugendlichen zur Seite zu stehen. Er arbeitet ansonsten im beruflichen Fortbildungszentrum mit Jugendlichen, um diese auf dem zweiten Arbeitsweg fit zu machen. "Ich bin total überrascht, mit welchem Eifer, diese jungen Leute bei der Sache sind", sagt er.

"Unglaubliches Engagement"

Diesen Eindruck bekam auch Gerhard Wägemann, Landrat und Schirmherr der Aktion, hautnah vermittelt. Auf seiner Rundreise durch den Landkreis bei den einzelnen "Helden-Stationen" schaute er in der Bühringerstraße vorbei. Er lobte das "unglaubliche Engagement der KJR-Vorstandschaft, die Bürgermeister des Landkreises und nicht zuletzt die beiden Sponsoren, die Sparkasse Gunzenhausen und die Sparkasse Mittelfranken-Süd. "Der KJR hat mich gebeten, nach Sponsoren Ausschau zu halten, die beiden Bankhäuser brauchte ich nicht groß überzeugen", sagt er. "Sie waren von der Idee total begeistert".

Weitere "Helden-Orte" waren der Erlebnispfad im Hahnenkamm, die Kindergärten Neudorf und Oberhochstatt, die Lebenshilfe Weißenburg und die Kapellenruine in Pfofeld. Der Landrat zeigte sich überzeugt, dass solche sozial-handwerklichen Aktionen das Gemeinschaftsgefühl stärken. "Es macht einfach mehr Spaß, gemeinsam loszuziehen und etwas Gutes zu tun." Diese Wertschätzung verdient deshalb besondere Beachtung, weil die Jugendlichen der einzelnen Jugendverbände sich bereits in ihrer Freizeit sozial engagieren.

Den Haundorfer Jungen und Mädchen in ihren schicken dunkelblauen "Helden-T-Shirts" scheint der Tag in der Tat Spaß zu machen. Es wird geschraubt, gehämmert, mit Geschick die Kreissäge bedient und die wenigen Regenschauer völlig klaglos weggesteckt. Die 19-jährige Lisa Rüger, eine angehende Verkaufsfrau im Gesundheitswesen und aktive Ausbilderin in der Jugendfeuerwehr in ihrer Heimatgemeinde, war nicht besonders überrascht, als sich so viele für den Helden-Tag meldeten. "Die sind einfach gut drauf und gemeinsam macht’s noch einmal so viel Spaß."

Dem Landrat wird diese Antwort gefallen haben. Silas ist zwölf und er findet den Tag "einfach nur cool", als er mit der 15-jährigen Theresa zum ersten Mal eine Wachslasur beim neu erbauten Wandregal aufträgt. Obwohl – Theresa ist sich da noch nicht ganz sicher. "Mei Mama", sagt sie "hat zu mir gesagt, ich soll nur gscheit Obacht geb’n, damit ich zu Hause dann auch so was machen kann." Aber da sind dann die Freunde nicht dabei, und ob dann der Spaß der gleiche ist, soll hier nicht näher erörtert werden.

Trotz Regen zwischendurch, aber mit viel Pizza im Magen, wurden die Aufträge überpünktlich übergeben. Bereits um kurz vor halb drei Uhr nachmittags hieß es für die Haundorfer "Schicht im Schacht". Aufräumen, sauber machen, Werkzeuge einsammeln und stolz die Objekte anschauen. Die Gesichter strahlen. Auf geht’s zur Abschlussparty ins Schwimmbad nach Pleinfeld.

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