Tief ins Glas geschaut: Kulturgut Hopfen erleben
26.08.2011, 11:18 Uhr
In Enderndorf konnten Interessierte nun bei einer Hopfenwanderung beobachten, wie die Ernte vonstattengeht. Los geht der Marsch am Harsdorfer Schlösschen in Enderndorf. Viele Urlauber, aber auch Einheimische sind gekommen, um vom Vorsitzenden des örtlichen Fremdenverkehrsvereins Helmut Gruber mehr über den Hopfen und das Anbaugebiet Spalt zu erfahren. Der Verein veranstaltet die Hopfenwanderungen seit über 20 Jahren, und jedes Jahr aufs Neue erfreut sich diese Veranstaltung großer Beliebtheit. Gruber hat die Hopfenwanderung ins Leben gerufen, die mittlerweile schon zu einer guten Tradition und zu einem echten Touristenmagnet geworden ist.
Bier trinken Menschen in ganz Deutschland gerne, doch kaum jemand weiß etwas über eine der wichtigsten Zutaten, den Hopfen. So ergeht es auch Rainer Schmelzle aus dem Schwarzwald, der mit seiner Familie nun schon zum neunten Mal im Fränkischen Seenland Urlaub macht. Wie er erzählt, trinkt er leidenschaftlich gerne Bier und ist von der großen Zahl an kleinen Brauereien hier in Franken beeindruckt. Bei Schmelzles zu Hause gibt es keinen Hopfenanbau, folglich ist die Hopfenwanderung für ihn und seine Familie eine ganz neue Erfahrung.
Kindheit im Hopfenland
In der Spalter Umgebung kann sich dies kaum jemand vorstellen, denn hier wächst man mit dem Hopfenanbau auf. Für viele ist er ein nicht wegzudenkender Teil ihres Lebens. Der Spalter Hopfenkönigin Veronika Fichtner geht es auch so. Sie kommt selbst aus einem Hopfenbetrieb und hat von klein auf mitbekommen, wie wichtig der Hopfen für die Region ist. Für sie war es schon immer ganz normal, auf dem Hof ihrer Eltern mitzuhelfen. Als einziges Kind hatte sie dabei auch viele mädchenuntypische Pflichten. Maschinen reparieren und Bulldog fahren gehörten da wie selbstverständlich dazu. Doch, wie Veronika von sich selbst sagt, macht es ihr nichts aus, sich mal die Hände schmutzig zu machen.
Dass sie 2008 zur Hopfenkönigin gewählt wurde, hat Veronika sehr gefreut: „Als kleines Mädchen habe ich die Hopfenköniginnen mächtig bewundert und wollte das auch immer machen. Für mich ist es eine Ehre, den Spalter Hopfen zu vertreten“, erklärt sie. Obwohl die amtierende Hopfenkönigin in Bamberg Lehramt studiert, kommt sie jedes Wochenende heim, um an den vielen Veranstaltungen rund um den Hopfen teilzunehmen: „Meine Aufgabe ist es, die Region zu repräsentieren und den Menschen die Pflanze näherzubringen. Ich gehe auf zirka 80 Termine im Jahr, bei denen ich mein Amt als Hopfenkönigin erfülle.“
Bier nach Wein - das schmeckt fein
Doch wie Helmut Gruber mitteilt, war rund um Spalt der Hopfen nicht immer von so großer Bedeutung: „Lange Zeit wurde hier Wein angebaut. Doch zwischen dem 11. und 13. Jahrhundert vollzog sich ein Wechsel. Dann hat der Hopfen den Wein quasi überholt.“ Im 15. Jahrhundert hatte der Hopfen seine Blütezeit. Mit 4000 Hektar war die Anbaufläche in der Region damals weit größer als jetzt. Heute beträgt sie nur noch 368 Hektar. Doch auch wenn die Fläche und die Zahl der Hopfenbauern zurückgegangen sind , ist der Hopfen für Spalt immer noch sehr wichtig. Nicht zuletzt, da der Spalter bei den Experten und Abnehmern Weltruf genießt. Der Vorsitzende des Fremdenverkehrsvereins führt die Wanderer zu einem prächtig dastehenden Hopfenfeld. Sein Besitzer Bernd Gruber zeigt, wie die Ernte abläuft. Alle Teilnehmer können beobachten, wie die Hopfenreben mit dem am Schlepper montierten Rebenreißgerät auf den angehängten Wagen geladen werden. Die Gäste verfolgen alles mit großem Interesse.
Eine unter ihnen ist Sieglinde Hausmann. Sie kommt aus der Schwäbischen Alb und macht derzeit Urlaub in der Gegend. Mit der Bierkultur verbindet Sieglinde Hausmann viel, da ihr Großvater eine eigene Brauerei hatte und selbst Hopfen anbaute. Sieglinde Hausmann erläutert: „Ich habe von der Arbeit meines Opas zwar noch nicht viel mitbekommen, weil ich noch sehr jung war. Trotzdem hat mich deshalb der Hopfen immer besonders interessiert.“ Für sie ist es die erste Hopfenwanderung, und sie äußert sich begeistert, so viele Informationen zu bekommen. Außerdem habe sie gar nicht gewusst, dass es hier ein solches Hopfenanbaugebiet gibt. Das hat sie erst erfahren, als sie schon da war.
Wie ihr geht es aber nicht jedem Teilnehmer der Wanderung. Rüdiger Plewe aus Stuttgart wusste schon vorher, dass Spalt ein namhaftes Hopfengebiet ist. Er kommt aus einer Weinregion und ist ein echter Kenner. Jetzt möchte er aber etwas Neues erforschen und hat begonnen, das Bier und seine Herstellung genauer zu studieren. Dafür ist er in Spalt am richtigen Ort. Zwar ist es eines der kleinsten Hopfengebiete in Deutschland, doch der Hopfen ist einer der hochwertigsten. Dies bestätigt auch Helmut Gruber: „Um die hohe Qualität des Spalter Hopfen zu schützen, hat 1538 sogar der Fürstbischof von Eichstätt als Landesherr das erste Hopfensiegel der Welt zum Schutz des Spalter Hopfens erlassen.“
Maschinen- statt Handarbeit
Im Gegensatz zu früher gibt es heute viele Maschinen, welche die Arbeit der Hopfenzupfer erleichtern. Wenn die Hopfenreben abgeerntet sind, werden sie zu einer stationären Pflückmaschine gefahren. Diese Maschine kämmt die Dolden aus den Reben. Mitabgerissene Blätter und Stängel werden in der Reinigung aussortiert. Auch das erleben die Teilnehmer hautnah mit. Die 84-jährige Walburga Bock hilft auf dem Hof ihrer Tochter immer noch fleißig mit. Sie steht meist an der Maschine und klaubt kleine Äste und Blätter heraus. Wie sie erzählt, hat sich die Hopfenernte stark verändert: „Früher war alles geruhsamer und gemütlicher. Bei der Arbeit wurde gesungen. Heute steht man den ganzen Tag nur vor einer trockenen Maschine.“ Leicht war die Arbeit für Walburga damals sicherlich nicht. Oft wurde bis halb 11 in der Nacht gezupft, und am nächsten Morgen ging es früh um 5 wieder weiter.
Schon mit zehn Jahren hat sie eifrig ihrer Tante beim Hopfenzupfen geholfen. Schon in diesen Zeiten war es Brauch, dass zum Abschluss der Hopfenernte alle Helfer zum sogenannten Niederfallfest eingeladen wurden. Dieses Fest darf bei der Hopfenwanderung nicht fehlen. Nach der Wanderung und nachdem alle Fragen rund um den Hopfen geklärt sind, werden den Wanderern vom Fremdenverkehrsverein Steaks, Bratwürste und Kuchen bei Musik angeboten. Die neunjährige Silvia Burkhard aus Heilbronn möchte jetzt auch gerne einmal Hopfenkönigin werden. Auch Sandra Horvath aus Filderstadt ist begeistert, obwohl sie selbst gar kein Bier trinkt. Sie findet, dass der Hopfenanbau ein Kulturgut ist, das bewahrt werden muss. Außerdem meint die Mutter von drei Kindern: „Es ist der Wahnsinn, dass so ein kleines Dorf so etwas auf die Beine stellen kann, und das, obwohl alle beruflich eingespannt sind. Ich kann Touristen nur empfehlen, bei einer solchen Wanderung teilzunehmen.“
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