Radtour für die Rezertifizierung
Jetzt ist es amtlich: Herzogenaurach ist und bleibt fahrradfreundlich
1.10.2021, 14:24 Uhr„Was habt ihr denn vor?“, „Demonstriert ihr?“, „Nehmt ihr an einer Stadtführung teil?“ - das sind die Fragen, die wir von einer Gruppe Schulkindern gestellt bekommen. Alles falsch, die Radfahrer machen sich ein Bild von dem Fahrradverkehrssystem Herzogenaurachs. Denn die Stadt ist eines der Gründungsmitglieder der Arbeitsgemeinschaft für fahrradfreundliche Kommunen (AGFK) und wurde 2014 als solche ausgezeichnet. Ob dieser Titel immer noch zutrifft, das hat am Montag eine Bewertungskommission geprüft - und ist deshalb eben durch Herzogenaurach geradelt.
Einstündiger Theorieteil
Bevor sich die Gruppe draußen in Bewegung setzt, wird überprüft, ob die Stadt auch ihre Hausaufgaben gemacht hat. In einem einstündigen Theorieteil zeigt Anja Wettstein, Leiterin des Amts für Planung, Natur und Umwelt, auf, was sich seit der letzten Hauptuntersuchung der AGFK vor sieben Jahren getan hat. Und das ist so einiges. Der ungeschulte Zuhörer wird regelrecht erschlagen von der Menge an Beschlüssen und Anträgen, die in den letzten Jahren gestellt wurden, um das Radverkehrsnetz der Umgebung zu verbessern.
Besonders viel erreicht hat die Stadt im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit. Neben Events wie dem Stadtradeln oder der jährlichen Fahrradmesse werden dem Fahrradfahrer inzwischen auch eine Fahrradkarte und ein digitaler Winterdienstplan geboten. Die gute Arbeit wurde Anfang dieses Jahres im Fahrradklimatest bestätigt, einer alle zwei Jahre stattfindenden Umfrage des ADFC zur Zufriedenheit der Radfahrenden. Dabei belegte Herzogenaurach bayernweit den zweiten Platz unter den Städten zwischen 20.000 und 50.000 Einwohnern.
Weiterentwicklung wichtig
Ob sich der Eindruck der Bürger auch in der Meinung des Bewertungskomitees widerspiegelt, sollte sich in den folgenden zwei Stunden Stadtbefahrung zeigen. Angeführt unter den kritischen Blicken von Klaus Helgert, stellvertretender Vorsitzende des ADFC, rollen wir über die Radwege Herzogenaurachs - jedoch nicht zu schnell, sodass auch kein Detail verpasst wird. Ampelbilder, Straßenschilder, Fahrbahnbelag, Beleuchtungen - alles wird genauestens unter die Lupe genommen und auf Fahrradfreundlichkeit hin begutachtet. „Mir ist besonders wichtig, dass man eine Weiterentwicklung zum letzten Besuch erkennt“, sagt Helgert.
Nach dem Start am Rathaus führt unser Weg über den Marktplatz, am Wiwaweiher und den Kleingärten vorbei, über die Nordumgehung zur Herzobase. Hier hat sich in den letzten Jahren, getrieben von den sportaffinen Arbeitgebern Puma und Adidas, viel in Sachen Fahrradinfrastruktur getan. Geräuschlos rollen die Reifen über den neuen Asphalt. Von der Herzobase aus geht es durch die Ortsteile Niederndorf und Lohhof zurück zum Rathaus. Die Routengebung wurde von dem hauptverantwortlichen Team rund um Anja Wettstein so gewählt, dass sowohl das kleinmaschige Radnetz innerorts, das die Radfahrenden gut von dem Hauptverkehr fernhält, als auch die überörtliche Radanbindung gezeigt zur Geltung kommen.
Weitere sieben Jahre
Am Rathaus angekommen, zieht sich das Bewertungskomitee zurück, um eine Entscheidung zu treffen. Neben Klaus Helgert vom ADFC sind auch Martin Singer vom bayerischen Staatsministerium Wohnen, Bau und Verkehr sowie Sarah Guttenberger, Geschäftsführerin der AGFK Bayern, in den Entscheidungsprozess mit einbezogen. Nach 40-minütiger Beratung fällt die Entscheidung: Herzogenaurach darf sich für die nächsten sieben Jahre erneut mit dem Titel "fahrradfreundliche Kommune" schmücken. Die Auszeichnung wird voraussichtlich im Januar in München von der Staatsministerin für Wohnen, Bau und Verkehr, Kerstin Schreyer, verliehen.
Positiv bewertet wurde die bereits angesprochenen gute Öffentlichkeitsarbeit zur Förderung eines fahrradfreundlichen Klimas. Zudem gefiel dem Komitee das eigenständige Netz für Radfahrer. Ein Ziel der AGFK ist es, über Radschnellwege die Mitgliedskommunen miteinander zu verbinden. Dazu trägt Herzogenaurach seinen Teil bei, indem 2020 eine Vereinbarung mit Erlangen über eine Radschnellwegeverbindung getroffen wurde.
"Eine Daueraufgabe"
„Radverkehrsförderung ist eine Daueraufgabe“, betont Sarah Guttenberger, sodass es auch in den nächsten Jahren noch Verbesserungspotenzial für Herzogenaurach gebe. Dazu gehören zum Beispiel eine bessere Verkehrszeichenwahl, die Anbringung von Bodenmarkierungen und die Überarbeitung der Radschilder bezogen auf die Distanzangaben. Bürgermeister German Hacker sagt: „Wir freuen uns über die erneute Auszeichnung. Es ist wichtig, eine Rückmeldung zu bekommen, nur so können wir uns verbessern.“
Und so wird man in sieben Jahren, bei der nächsten Hauptuntersuchung, vermutlich wieder eine große Truppe Radfahrer mit Leuchtwesten bekleidet durch die Straßen Herzogenaurachs fahren sehen - aber dann vielleicht auf ganz neuen Wegen.
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