Gastroulette und «originale Begegnung«

05.11.2008, 00:00 Uhr
Gastroulette und «originale Begegnung«

© Kern-Miereisz

Es hat einen Hauch von möbliertem Studentenzimmer in der fremden Stadt: Wer bei einer Gastfamilie einquartiert wird, den plagen unterschwellige Befürchtungen, alle fassbar mit einem Satz: «Wird man sich verstehen?«.

In vielen Abwägungen und Abstimmungen zwischen den Freundeskreisen der Partnerstädte hüben wie drüben und den Stadtverwaltungen kamen Gäste und Gastgeber zueinander. Frankreich-Fahrer aus Tradition kennen ihre Familien längst, beglücken sie mit fränkischem Kulturgut und Mitbringseln in der anfänglichen Hoffnung, diesmal zwei Taschen leer in den Koffer falten zu können.

Andere wurden oftmals kongenial zusammengeführt: Clara Gies und Cordula von Linden, Schülerinnen vom Herzogenauracher Gymnasium in Haushalte mit Kindern und jungen Leuten (die teils zum Papa zogen), die sie betreuende Lehrerin Saskia Veit zu einer Lehrerin am Collège, die Radfahrer zu ihresgleichen und so weiter.

Zur Bildhauerin Hélène Barron, die ihre Skulpturen Anfang Oktober im Herzogenauracher KunstRaum ausgestellt hatte, zog die Hemhofener Künstlerin Gerti Koch als Hausgast: Der Beginn einer Künstlerfreundschaft, ungeachtet der Sprachbarrieren.

Zusammen mit der Falkendorfer Künstlerin Irmgard Kreher und Carola Zech vom Freundeskreis formierten sie wiederum ein Netzwerk, das auch zu einem Atelier-Besuch beim Holzbildhauer Jean Michel Sorin führte, der den Frauenkopf schuf, den die Franzosen den Herzogenaurachern schenkten.

Glücksgriffe taten auch die Pressevertreter mit ihren charmanten Hausleuten. Madame Boyer, Gastmutter des jungen Zeitungskollegen, deren Söhne längst auszogen sind, deren Mann für die EU im Kongo arbeitet, präsentierte ihren Adoptivsohn für ein paar Tage stolz ihren Bekannten (mit einer Anspielung auf das Aussehen des Gastes): «Das ist mein Schumachèr...!«

Grenzübergreifend und als ob man sich schon immer kannte, konnten viele bis spät in den Abend mit ihren Gasteltern debattieren und sich amüsieren. Fast bedauert wurden die Stadträte, «die im Hotel wohnen mussten«, wie es hieß. So erwies sich die Hoffung auf weniger Gepäck bei der Heimfahrt als trügerisch: Man ging mit mehr Geschenken als man gekommen war.