Gegen giftige Stimmung in Vestenbersgreuth

28.05.2010, 00:00 Uhr
Gegen giftige Stimmung in Vestenbersgreuth

© Müller-Jentsch

Die Stimmung im Ort ist vergiftet. Das ist nicht neu. Aber die Aufspaltung in verschiedene Lager soll aufhören, finden Martin Berthold, Fritz Schmitt und Franz Neukam. Die drei Männer allerdings werden teils von Bekannten auf der Straße nicht mehr gegrüßt. Der Grund: Sie haben für Vestenbergsgreuth ein symbolisches Bürgerbegehren initiiert. Wie berichtet sammeln sie Unterschriften für eine vorzeitige Neuwahl des Gemeinderats – auch wenn die nach derzeitigem Stand eigentlich gar nicht möglich ist.

»70 bis 80 Bürger haben sich bereits beteiligt«, sagt Martin Berthold. Im Gasthof seiner Mutter in Frimmersdorf liegen die Listen täglich von 18 bis 21 Uhr aus. Zehn Prozent der Stimmberechtigten müssen bei einem Bürgerbegehren unterschreiben, damit es Erfolg hat. Bei der Kommunalwahl 2008 hatten 1214 Vestenbergsgreuther das Recht, sich an der Urne zu entscheiden - macht also eine Quote von rund 120 Bürgern für die Aktion von Berthold und Co.

Die Initiatoren allerdings sind selbst skeptisch, ob sie das Quorum erreichen. »Uns ist bewusst, dass viele Angst haben zu unterschreiben, da ein Verwandter oder Bekannter in Frage gestellt wird beziehungsweise einige die Gefahr sehen ihren privaten Nutzen aus der momentanen Situation zu verlieren«, schreiben sie in einer Presseerklärung.

Aus keinem »Lager«

Das Trio lastet – nach eigenen Angaben – dem Gemeinderat an, er habe »dem wegen Veruntreuung verurteilten Bürgermeister nicht frühzeitig entgegengewirkt«. Dabei betonen die drei: »Wir kommen weder aus dem Lottes- noch aus dem Kilian-Lager, sondern sind ,nur‘ Bürger aus der Gemeinde, die eine eigene Meinung vertreten«. Schließlich müsse man sich fragen, wie es so weit kommen konnte, dass der Bürgermeister erst nach so vielen Jahren wegen Untreue verurteilt wird (Hintergrundinformationen im nebenstehendem Zur-Sache-Kasten). »Den Ruf ,Bayerns blindeste Gemeinde‘ zu sein müssen wir uns wohl gefallen lassen«, meinen Berthold, Schmitt und Neukam. »Doch wir sollten der Außenwelt zeigen, dass nicht alle in dieser Gemeinde so blind sind.«

Deshalb, so Berthold, will das Bürgerbegehren vor allem eins: ein Zeichen setzen. Der Neuanfang in Vestenbergsgreuth »muss unbefleckt sein«.

Allerdings ist bereits im Vorhinein klar: Selbst wenn zehn Prozent der Bürger unterschreiben, muss der Gemeinderat das Anliegen als unzulässig ablehnen. Denn in Bayern kann das Gremium nicht selbst beschließen sich aufzulösen.

Da ein Bürgerentscheid aber einen Gemeinderatsbeschluss ersetzen soll, ist die Aktion formal zum Scheitern verurteilt. Das bestätigt auch der Leiter der Verwaltungsgemeinschaft Höchstadt, Otto Tröppner. Die Initiatoren sind sich dessen bewusst. Es geht ihnen aber um eine Aussprache. Sie wollen das Schweigen durchbrechen, einen Neuanfang wagen und die Bürger für die Gemeindepolitik wieder interessieren. Ihrer Meinung nach »sollte jeder damalige Gemeindevertreter mal Stellung dazu nehmen, wie er die Situation (unter Rudi Müller, Anmerkung der Redaktion) sah und was er dagegen unternahm. Bisher wurde nur darüber geschwiegen beziehungsweise nach billigen Ausreden gesucht.« Es gebe auch Gemeinderatsmitglieder, die »bewusst wegschauen.«

Rechtliche Schritte

Je nachdem, wie die Bürger auf die Aktion nun reagieren, wollen Berthold und Co. eventuell auch rechtliche Schritte prüfen, um möglicherweise doch noch eine Auflösung des Gemeinderates zu erzwingen. Jeder aktuelle Bürgervertreter könnte sich dann ja wieder zur Wahl stellen.

Ein neues Mitglied bekommt das Gremium auf jeden Fall schon am 4. Juli. Je nachdem ob Karsten Kilian (CSU) oder Helmut Lottes (Unabhängige Wähler) die Wahl für sich entscheiden, rückt von der entsprechenden Liste ein Bürgervertreter nach (Näheres im Infokasten).