Hier wird die Natur so richtig gebeutelt
16.8.2020, 14:59 UhrEigentlich ist es eine einfache Idee. Statt minutenlang mit einem Schlauch junge Bäume zu wässern und dann zuzusehen, wie ein Großteil des Wassers auf dem trockenen Boden davonläuft und dort versickert, wo mit Sicherheit keine durstigen Wurzeln sind, wird an den Stamm ein poröser Kunststoffsack angebracht und mit Wasser befüllt. Das Wasser tröpfelt nach und nach in den Boden.
Erst mit Vorsicht
"Solche Säcke habe ich einmal bei einer Bundesgartenschau gesehen", erzählt Fritz Bayer. Vor drei Jahren hat der Gärtnermeister im Herzogenauracher Baubetriebshof diese Säcke erstmals in der Stadt ausprobiert. "Erst waren es nur wenige, weil ich Bedenken wegen Vandalismus hatte", erinnert er sich. "Aber dem war nicht so."
Rund 100 solcher Bewässerungsbeutel hat der Bauhof mittlerweile, doch weil an manchen Bäumen gleich zwei oder drei Säcke stehen, schätzt Bayer die Zahl der Bäume, die momentan davon profitieren, auf rund 50. "In einen Sack passen etwa 80 Liter, das reicht für etwa 10 bis 15 Stunden Tröpfchenbewässerung", so Bayer.
200 Beutel auf der Herzo Base
Nicht nur die Stadt verwendet die Bewässerungssäcke. In den Neubaugebieten Herzo Base 2 und 3 hat die Firma Staubitzer Landschaftsbau rund 200 Bewässerungsbeutel platziert. Auch bei dem Coburger Unternehmen, das für die Bepflanzung in dem großen Areal zuständig ist, sind die Wassersäcke erst seit ein paar Jahren im Einsatz. "Ja, es ist noch relativ neu", bestätigt Mitarbeiter Rüdiger Meyer.
Was man auf der Herzo Base aber nicht auf Anhieb sieht, ist die Tatsache, dass das Prinzip der verzögerten Bewässerung nicht nur am Fuß des Stammes angewendet wird. Sondern sogar an den Wurzeln selbst. Bei der Pflanzung der Bäume sind rund um das zarte Wurzelwerk Drainagerohre verlegt worden. Sie werden regelmäßig durch eine Öffnung nahe des Stamms mit Wasser gefüllt. "Nach und nach wird dann das Wasser direkt an die Wurzeln abgegeben", erklärt Rüdiger Meyer. "Die Bewässerungsbeutel ergänzen also die Bewässerung direkt an den Wurzeln."
Wasser für die Obstbäume
Auch der Bund Naturschutz nutzt mittlerweile die Wasserbeutel. Beim BN-Biotop südlich von Niederndorf ist jüngst eine kleine Streuobstwiese angelegt worden. Gerhard Häfner ist nicht nur BN-Vorsitzender, sondern quasi auch der Bewässerungsmeister für die Wiese. "Wir haben von der Stadt solche Bewässerungsbeutel bekommen", ist er dankbar.
Zwar ist rund um die Bäume ein Gießrand angehäuft worden (was nach wie vor die erste Wahl der Möglichkeiten ist, um einen Baum wassersparend zu gießen). Doch die Bewässerungsbeutel helfen eben, das Wasser noch gezielter zu den Wurzeln zu bringen.
"Es ist halt schade, dass die Beutel aus Kunststoff sind", meint Häfner. "Aber vielleicht gibt es ja irgendwann auch Säcke, die man kompostieren kann."
Sack-Info:
Eine Reihe von Firmen bietet mittlerweile Bewässerungsbeutel an. Sie haben sogar klangvolle Namen. "Baumbad" heißt etwa ein Produkt. Wer beim Bewässern ein kleines Gefühl des Abenteuers sucht, greift vielleicht besser zum "Treegator". Mit dem "Treebuddy" wird jeder Baum schnell zum Freund. Wichtig ist freilich nicht der Name, sondern das Ergebnis.
Und da fragt ein Hersteller ganz trocken seine potenziellen Kunden: "Wie viel könntest Du trinken, wenn man Dich mit 3 Liter Wasser bespritzt? So ähnlich geht es auch unseren Bäumen, die unüberlegt, zu schnell mit zu viel Wasser gegossen werden." Je nach Standort der Bäume könnten nur etwa 25 bis 30 Prozent des Wassers tatsächlich von unseren Bäumen aufgenommen werden, heißt es auf einer Hersteller-Homepage. Der Bewässerungsbeutel erhöht den Anteil deutlich, und wenn alles gut "läuft", ist der Boden am Baum so gut durchfeuchtet, dass nur einmal die Woche nachgefüllt werden muss.
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