Jazz und Zwetschgenkuchen: stets mit Sahnehäubchen
18.7.2018, 18:28 UhrGotthard Lohmaier zeigte sich schon vor Jahren vom Niederndorfer Jazz-Pianisten Thomas Fink so beeindruckt, dass er Ende der 90er Jahre seine damaligen Stadtratskollegen dazu bewegen konnte, Fink den ersten Kulturpreis zu verleihen. Da lag es dann auch nahe, dass Lohmaier den "Jazzer" für die Veranstaltungen des Arbeitskreises "kultur grenzenlos" der Volkshochschule gewann. Seit 20 Jahren schafft es Fink, auch Lohmaier immer wieder mit neuen namhaften Solisten zu erfreuen: "Wir haben ihm stets freie Hand gelassen und können rückblickend bestätigen, Thomas hatte stets das richtige Händchen."
Gerade auch den durchgängig ausverkauften Veranstaltungen des Jazz-Frühschoppens mit rund 100 Besuchern war es laut Lohmaier zu verdanken, dass die Veranstalter von "kultur grenzenlos" ihr stets anspruchsvolles Programm ohne jegliche finanzielle Unterstützung durch die Stadt selbst finanzieren konnte. "Eigentlich wollten wir anfangs jedes Jahr einen anderen Austragungsort in alten Gemäuern der Innenstadt, um die Mitbewohner in den Stadtkern zu locken. Rasch aber hatte uns das ganz spezielle Ambiente im Hof des Ehepaars Lang angetan, wo es zudem möglich war bei schlechtem Wetter in die Scheune auszuweichen", so Lohmaier.
Gastgeber Franz-Josef und Herta Lang, schon lange mit den Organisatoren bekannt, standen dem Ansinnen die Kulturveranstaltungen in ihrem Hof durchzuführen sehr aufgeschlossen gegenüber. "Mit einiger Wehmut gingen wir daher an die Vorbereitungen für den letzten Jazzfrühschoppen und werden nicht nur das auch uns lieb gewonnene Stammpublikum vermissen, sondern ebenso die kleinen Rituale drumherum".
Brezen gehören dazu
Zum Beispiel Brezen. À la Lang, rösch und ohne Schweinefett natürlich frisch aus der Backstube. Deren Erlös fließt aufs Konto der Cajamarca-Freunde. Und nach dem letzten Song, wenn die Besucher auf dem Heimweg waren, sorgten die Langs noch für ein ganz intensives, spezielles Miteinander. Wenn bei Veranstaltern und Musikern die Anspannung vorüber war, wurden Kaffee und der erste Zwetschgenkuchen der Saison als krönender Abschluss und besondere "Gage" zelebriert.
Wie zu erfahren war, spielte dabei auch eine von Langs dargebotene riesige Schüssel mit Schlagsahne eine wichtige Rolle: "Da möchtest du nach drei Stunden Power am liebsten drin baden", so Schlagzeuger Rainer Groh.
In besonderer Erinnerung haben Langs den vorletzten Frühschoppen, als man am Abend zuvor witterungsbedingt die Scheune vorbereitet hatte, am nächsten Morgen wegen einiger Sonnenstrahlen aber optimistisch alle Vorkehrungen retour im Hof traf, um dann kurz vor dem ersten Musiktitel wegen einsetzendem Regen doch wieder in die Scheune umzuziehen: "Die Besucher zeigten sich hier nicht nur wie stets hilfsbereit und quasi als einen Teil des Ganzen, sondern so führten wechselnde Sitznachbarn zu noch mehr Auflockerung, eine wunderbare Atmosphäre wie praktisch über die 20 Thomas Fink and Friends-Veranstaltungen hinweg".
Hans Meister, Mitverantwortlicher für "kultur grenzenlos", sprach bezogen auf den Jazz-Frühschoppen von einer "Konstanten von Beginn an", einem Highlight auch deswegen, weil es Fink immer wieder gelang, großartige Gastmusiker aufzubieten. "Ich favorisiere zwar von Haus aus nicht den Jazz, doch über die Jahre hinweg wirkten die musikalischen Beiträge, welche unser Publikum stets begeisterten, natürlich ansteckend. Und dass der Jazz-Frühschoppen in all den Jahren stets die meisten Besucher mobilisierte, dass wir sogar vereinzelt mal Personen wegen Platzmangels nicht mehr aufnehmen konnten, ist ein weiterer Beleg für die hohe Qualität und seine Akzeptanz in der Region".
Zu jenem Stammpublikum, welches den Frühschoppen quasi von Beginn an immer besuchten, gehörten auch Gerhard Haberzettl und Ehefrau Maria: "Wir versuchen kein Konzert von Thomas Fink auszulassen und begleiten ihn auch mal zu Auftritten in der Region. Uns liegt nicht der experimentelle Jazz, sondern wir erfreuen uns viel lieber am klassischen Jazz und bekannten Titeln, deren Melodien auch noch herauszuhören sind, so wie eben bei Thomas Fink. Am Sonntag nehmen wir wieder unsere Klappstühle mit in den Hof von Lang. Eines aber wird anders sein, denn es wird der letzte jener besonderen Sonntagvormittage sein, auf die man sich schon viele Wochen zuvor freuen konnte. Auch wir werden diesen musikalischen Hochgenuss vermissen".
Jährliches Highlight
Auch für Günter Ringer und Ehefrau Inge war der Besuch des Jazz- Frühschoppens ein jährliches Highlight. Selbst nach ihrem Umzug von Herzogenaurach nach Fürth sind beide Stammgäste im Hof der Familie Lang geblieben, und auch sie pflegen nach eigenem Bekunden wie zahlreiche andere Besucher längst eine Freundschaft zu Thomas und Ruth Fink über die Musik hinaus. Ringer hat sich besonders darüber gefreut, dass der Bandleader neben den vielen Spitzeninterpreten immer wieder auch Herzogenauracher Musiker aufbot, was über die drei Stunden hinweg eine zusätzliche Verbundenheit zwischen dem Publikum und den Protagonisten vermittelte.
"Sie glauben nicht wie sehr ich es bedaure ausgerechnet den letzten Jazz-Frühschoppen aus gesundheitlichen Gründen nicht besuchen zu können", so Norbert Lukaszcyk. Auch er nebst Ehefrau Brigitte waren von Anfang an dabei, begleiteten Thomas Fink auch immer wieder zu dessen Engagements in Erlangen, Fürth und bei anderen Anlässen wie den ebenfalls traditionellen Tafelkonzerten des Rotary Clubs. Jahrelang hatten die Lukaszcyks sogar ihre Urlaube auf den Frühschoppen-Termin ausgerichtet, doch diesmal macht ihm eine komplizierte Knieerkrankung einen Strich durch die Rechnung. "Uns hat seine besondere Art der Jazz-Darbietung ebenso begeistert wie sein herzhafter Humor. Thomas Fink ist halt ein wunderbarer Unterhalter".
Der Bandleader selbst wollte wenige Tage vorher von Wehmut noch nichts wissen, konnte es auch nicht: "Derzeit bin ich noch zu sehr voller Vorfreude mit den Vorbereitungen beschäftigt, für Wehmut ist später noch Zeit". Zum 20. Mal wird der Pianist mit seinen musikalischen Freunden und rund 100 Besuchern drei Stunden lang eine swingende Einheit bilden.
Wie ihm das über diesen langen Zeitraum immer wieder gelingt? Eins erscheint Fink besonders wichtig: "Es ist mir ein Herzensanliegen, in meiner Heimatstadt über die Musik mit einem wunderbaren Publikum zusammenzukommen, mich mit den Leuten auszutauschen. Gerade von dieser Nähe profitieren wir Interpreten ganz besonders und die Zuhörer letztlich auch".
Fink zeigt sich auch sehr davon angetan, dass immer wieder ehemalige Musikschüler erscheinen, eine Verbundenheit, die er nicht missen möchte. Dazu passt auch sein Grundsatz, wonach er stets bestrebt ist, mit seinem Klavier die Solisten zu unterstützen: "Ich habe meine wichtigsten Fortschritte in den 60er Jahren gemacht und diese Phase musikalisch zwar später über den Klang verbessert und verfeinert, aber die Grundlagen nie abgelegt. Der Free-Jazz liegt mir nicht so". Noch ein wesentliches Kriterium: "Ob ein Konzert gelungen ist, weiß ich erst, wenn meine Frau Ruth ihren Kommentar abgegeben hat".
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