Oberreichenbach wird bunt
22.9.2020, 12:43 UhrIn bunten, leuchtenden Farben ist das Haltestellen-Häuschen ein wahrer Hingucker. Für das Farbenspiel zeichnet Liliana Martinez verantwortlich.
Die 39-jährige Liliana Martinez sieht sich in erster Linie als Künstlerin. Obwohl sie "International Business" studiert hat und auch in diesem Bereich tätig war. Die Kunst allerdings wurde ihr quasi in die Wiege gelegt. Der Großvater der Kolumbianerin war der in Kolumbien sehr bekannte Künstler Efraim Martinez. "Ihm habe ich immer nachgeeifert", erzählt Liliana. Ihre Großmutter habe ebenfalls sehr erfolgreich Gedichte geschrieben. "Ich war also schon immer mit Kunst und Kreativität verbunden."
Arbeit im Verborgenen
Dennoch arbeitete Liliana Martinez in ihrer Kindheit und Jugend eher im Verborgenen, ihre Werke bekamen nur Familie und Freunde zu sehen. Wenngleich man in der Schule durchaus ihr Talent bemerkte und die junge Künstlerin auch Preise gewann. Trotzdem war es zunächst nicht Lilianas Bestreben, die Kunst professionell zu betreiben. Die junge Frau ging nach Chile und studierte dort "International Business". Zurück in Kolumbien arbeitete sie als Übersetzerin und lernte bei der Arbeit in einer Augenklinik einen deutschen Optiker kennen und lieben. Die beiden heirateten und zogen 2011 zunächst nach Fürth, dann ließen sie sich mit ihren beiden Kindern 2016 im eigenen Haus in Oberreichenbach nieder.
"Aber das Malen hat mich die ganze Zeit über begleitet", sagt Liliana Martinez. Und als sie 2018 eines ihrer Bilder auf Facebook präsentierte, "ist das explodiert", erinnert sie sich lachend. Sie habe so viel positives Feedback und so viele Anfragen bekommen, dass sie schließlich ihre erste Ausstellung in dem Erlanger Restaurant "La Empanaderia" ausrichtete. Auch heute, nach zahlreichen Ausstellungen, sagt sie: "Ich stelle normalerweise nicht in Galerien aus. Kunst ist für mich nicht nur etwas für zahlende Kunden, sondern soll für alle da sein. Und ich möchte eine Künstlerin zum Anfassen sein." Deshalb malt sie bei ihren Ausstellungen auch live.
"Was Schönes zum Anschauen"
Und noch etwas ist Liliana Martinez wichtig: Kunst soll nicht nur eine Leinwand zum Aufhängen und Anschauen sein – auch Alltagsgegenstände werden unter ihren Händen zu Kunst. So bemalt Liliana Martinez Geschirr, Tassen, Tabletts, auch mal Jacken oder Schuhe. Ihre eigene Jeansjacke zum Beispiel hat sie auf dem Rücken farbenfroh verziert. Denn: "Wenn ich bei meinen Ausstellungen live male, sehen die Leute ja nur meinen Rücken. Und da sollen sie doch auch etwas Schönes zum Anschauen haben."
Ein weiterer gewollter Nebeneffekt der kunstvollen Alltagsgegenstände: "Ich will auch die Menschen erreichen, die sich kein teures Kunstwerk leisten können."
Inspirieren lässt sich Liliana Martinez vor allem von der Natur. Ihre Werke sind bunt und zeigen überwiegend Pflanzen und Tiere. Im Sinne der Farbenfrohheit kam die Künstlerin auch auf die Idee, die vier öffentlichen Sitzbänke in ihrem Heimatdorf Oberreichenbach zu gestalten. Bürgermeister Klaus Hacker war davon so begeistert, dass er Liliana dann sogar den Auftrag gab, die triste Bushaltestelle "Siedlung" zu bemalen. Mit durchschlagendem Erfolg: Nun sind auch die Gemeinden Aurachtal und Weisendorf an die 39-Jährige herangetreten mit der Bitte, Bushaltestellen zu verschönern.
Alle ihre Arbeiten führt Liliana Martinez in Acryl aus. Sie arbeitet freihändig ohne Skizze, es fließt einfach aus ihr heraus. "Malen ist für mich wie Atmen", sagt Liliana. "Es ist ein Lebensgefühl. Alles, was ich sehe, birgt für mich eine Möglichkeit, kreativ zu sein."
Liliana Martinez findet man auf Facebook unter Tichoart, auf Instagram unter @tichoart1
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